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2016-11-30T08:26:51+0000
# Faire Löhne sind die Basis für alles Der Druck auf K&L-Betriebe wächst weiter: Sinkende Stundenverrechnungssätze und von Versicherern beauftragte Prüfdienstleister, die Rechnungen kürzen. Hinzu kommt, dass es „immer schwieriger wird, Auszubildende zu finden und langjährige Mitarbeiter im Unternehmen zu halten", betont Michael Wellnitz, Vertriebsleiter bei Spies Hecker. Vor diesem Hintergrund fand in Köln das Profi-Club Themenforum statt. Hier diskutierten Betriebsinhaber mit Vertretern von Verbänden und der Agentur für Arbeit über Strategien, wie sich freie Karosserie- und Lackierbetriebe für die Zukunft strategisch erfolgreich positionieren. ## Regionale Unterschiede Betriebe in Regionen mit Automobilproduktion oder Industrie haben es besonders schwer, Auszubildende zu finden und Mitarbeiter zu halten. Dennoch können die freien Werkstätten auch hier gegensteuern. So weist Anette Gundlach vom ZKF darauf hin, dass es für Inhaber eine ganze Reihe von Möglichkeiten gibt, Mitarbeiter stärker an den Betrieb zu binden und Auszubildende zu gewinnen. Hilfreich seien „Anreize wie Fahrtkostenzuschüsse, Beratung und Steuererstattung im Bereich Pflege und Kinderbetreuung, betriebliche Freizeitangebote, zusätzlicher bezahlter Urlaub bei besonderen Anlässen sowie Waren- oder Benzingutscheine", unterstreicht Anette Gundlach. Einen anderen Weg schlug Rantje Jans, Lacktechnik 2000 GmbH, ein. Als geschäftsführende Gesellschafterin hat sie ihrem jetzigen Lackierermeister Malte Bergmann die Meisterausbildung finanziert und ihm Gesellschafteranteile übertragen.
Die Frage, ob es Spannungen zwischen den älteren Mitarbeitern und dem noch jungen Meister gegeben habe, verneint Rantje Jans. Vielmehr hätte diese Entscheidung zu mehr Sicherheit geführt. Denn auf der einen Seite wüssten die älteren Mitarbeiter, dass der Betrieb sich so strategisch und langfristig aufstellt, zum anderen bekommen die jüngeren Mitarbeiter eine Perspektive und könnten so ihr Leben besser planen. ## Das Handwerk und den eigenen Betrieb in Schulen vorstellen Dr. Albert Bill, Geschäftsführer der Bundesfachgruppe der Fahrzeuglackierer, hob hervor, dass die [Zahl der Auszubildenden](http://colornews.de/wp-content/uploads/2016/11/1116_ausbildungszahlen_1.jpg) seit 2007 (Ausnahmen: 2006/07, 2013/14) rückläufig ist. „Inhaber können diesem Trend mit positivem Empfehlungsmarketing entgegenwirken, indem etwa frühzeitig der Kontakt zu Schulen hergestellt wird", ist sich Dr. Albert Bill sicher. Genau an dieser Stelle setzt die gemeinsam von der Karosseriebauer-Innung Köln und der Kfz-Innung Köln entwickelte Kampagne „Und Du?“ an. „Die Aktion soll Jugendlichen schnellen Zugriff auf freie Ausbildungsstellen in Kfz-Berufen und eine einfache Möglichkeit zur Bewerbung bieten“, beschreibt Norbert Werner von der Karosseriebauer-Innung Köln das Projekt. Im Rahmen der Kampagne wurden an 90 Kölner Schulen Plakate aufgestellt und Karten ausgelegt, die auf eine Webseite hinweisen. Zudem konnten die Schülerinnen und Schüler eine App herunterladen, mit der sie einen Film anschauen konnten, der Kfz-Berufe vorstellt und sich an einem Gewinnspiel beteiligen. Mit der zweiwöchigen Kampagne wurden etwa 900 Schülerinnen und Schüler erreicht, von denen sich wiederum rund zehn Prozent auf der Webseite registrierten, rechnet Norbert Werner vor. ## Alternative mit Erfolgsgarantie [„Eine weitere Möglichkeit, der zunehmenden Personalknappheit im Betrieb zu begegnen, ist die Beschäftigung von Flüchtlingen“](http://colornews.de/markt/nachrichten/junge-fluechtlinge-eine-chance-fuer-kl-betriebe/), betont Spies Hecker Marketingleiterin Bianca Leffelsend und bittet Isabell Weissenfels von der Weissenfels GmbH Karosserie- und Lackiertechnik, ihre Erfahrungen zu schildern.
Sie berichtete von einem Flüchtling, der im Januar dieses Jahres in den Asbacher Betrieb kam und fragte, ob er dort arbeiten könne. „Aufgrund eines großen Auftrages kam die Verstärkung genau richtig“, erinnert sich Isabell Weissenfels. Nach kurzer Probearbeit folgte die Kontaktaufnahme mit der Agentur für Arbeit und der Ausländerbehörde. Denn bevor in einem Betrieb ein Arbeitsplatz mit einem Flüchtling besetzt werden darf, muss die Stelle neu ausgeschrieben werden. Erst wenn sich kein deutsches Fachpersonal meldet, kann die Stelle vergeben werden. Ähnliche Erfahrungen sammelte Ulrike Zurga von IDENTICA Zurga in Bodnegg-Rotheidlen. In ihren Betrieb kam eine junge Frau, die einen Flüchtling aus Gambia mitbrachte. Er wollte dort arbeiten. Auch diese Einstellung verlief für beide Seiten erfolgreich. ## Unterstützung bei der Suche nach einem passenden Bewerber K&L-Betriebe, die Flüchtlinge beschäftigen und ihnen eine Ausbildung ermöglichen wollen, finden Unterstützung im [Kompetenzzentrum für Fachkräftesicherung Kofa](http://www.kofa.de/). Hilfe bei der Schulung bietet das [Institut für berufliche Fortbildung IbF](http://www.ibf-halle.de/) in Halle. Der Geschäftsführer Angelo Jusic verwies darauf, dass Betriebe, die fachfremde Bewerber auf Stellen in den Bereichen Smart- und Spot-Repair einstellen wollen, frühzeitig von der praxisnahen Aus- und Weiterbildung des Instituts profitieren. Denn schon nach kurzer Schulungsdauer sind die neuen Mitarbeiter fachlich in der Lage, entsprechende Aufgaben im Betrieb zu übernehmen. ## "Keine Zeit" ist Dauerzustand Dirk Vögeli von IDENTICA Vögeli in Bonn sorgt in seinen Betrieben mit Videoprojekten dafür, dass sich die Auszubildenden schon frühzeitig zugehörig fühlen. Die Jugendlichen drehen pro Woche zwei Filme, in denen sie ihren Beruf vorstellen und zeigen, was im Betrieb geleistet wird.
Die Beiträge werden vor der Veröffentlichung im Internet von allen begutachtet. Auch bei der Gestaltung der Redaktionspläne arbeiten alle mit. „Auf diesem Weg lernen die Auszubildenden, eigenverantwortlich zu arbeiten, Projekte zu entwickeln und zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen“, unterstreicht Dirk Vögeli. „Und ganz nebenbei kommen ihre Videos bei allen im Betrieb fantastisch an“, ergänzt der Inhaber. Zusätzlich veranstaltet IDENTICA Vögeli regelmäßig Events, an denen sich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligen können, es werden Provisionen gezahlt, sobald jemand aufgrund der Krankheit eines Kollegen Zusätzliches leistet. Und das Wichtigste: Der Inhaber nimmt sich täglich die Zeit für individuelle Gespräche, denn wo "keine Zeit" als Dauerzustand angesagt ist, müsse man umso offener und aufmerksamer mit seinem Team umgehen. ## Lackiererin aus Leidenschaft Dominik Ackermann von der Autowerkstatt Ackermann war gemeinsam mit seiner Gesellin und [World Skills Kandidaten Johanna Kaiser nach Köln](https://www.facebook.com/colornews.de/videos/1176220172462398/) gekommen. Die hochmotivierte Lackiererin hat ihre Ausbildung im Betrieb von Dominik Ackermann absolviert und bereitet sich derzeit auf die Berufsweltmeisterschaft in Abu Dhabi vor.