2024-09-18T10:21:43+0000

„Ich hatte damals Kapital für drei Monate – entweder es klappt oder nicht“

Wenn sich Fahrzeuglackierer im K&L-Geschäft irgendwann selbstständig machen wollen, so ist dieser Weg nicht selten gezeichnet, von Hürden und Gegenwind aus dem Markt. Wie reagieren regionale Mitstreiter, was ist eine geeignete Immobilie und woher soll das notwendige Kapital zur Gründung des eigenen Unternehmens eigentlich kommen? Auch der Fahrzeuglackiermeister Vedat Ergün aus Herne musste sich vor rund zehn Jahren genau diese Fragen stellen, um seinen Traum von einer eigenen Werkstatt erfüllen zu können. schaden.news sprach mit dem 46-jährigen Firmeninhaber des Lack & Karosserie Fachbetriebes Fresh Cars über seine Motivation, Rückschläge und schließlich die Entwicklung zum heute modernen und top ausgestatteten Familienbetrieb mit 18 Mitarbeitern. ## Riskanter Plan ging auf „Bereits mit 16 begann ich, an Mopeds, später auch an Autos zu schrauben und diese zu reparieren“, erinnert sich Vedat Ergün. Seit diesem Zeitpunkt hatte er nach eigenen Angaben stets den Traum vor Augen, einmal seine eigene Werkstatt zu besitzen, erzählt er. Das Ziel immer fest im Blick, entschied er sich also, den Lackierberuf zu erlernen und später die Meisterausbildung zu absolvieren. Obwohl sich Banken und Behörden zu diesem Zeitpunkt noch wenig für den Businessplan des Lackierers interessierten, hielt dieser immer weiter an seinem Traum fest und verkaufte was möglich war, um das nötige Kapital für die Meisterschule und die geplante Selbstständigkeit zusammenzubekommen. Er erklärt: „Als ich 2014 starten wollte, hatte ich zwei Mitarbeiter zur Verfügung und setzte alles auf eine Karte. Genaugenommen hatte ich zu dem Zeitpunkt Kapital für drei Monate – entweder es funktioniert oder nicht“. Der riskante Plan ging auf und der damals Mitte 30-jährige Fahrzeuglackiermeister startete in einer ehemaligen Hobbywerkstatt in die Selbstständigkeit. ## Ehemaliger Ausbildungsbetrieb wird neuer Standort Die entscheidende Wende aber kam durch den plötzlichen Tod des einstigen Chefs und Inhabers des ehemaligen Ausbildungsbetriebes von Vedat Ergün im Jahr 2018. Hier war er über zwölf Jahre tätig und kannte den K&L-Betrieb bereits in- und auswendig. Die Witwe des Verstorbenen bot dem Jungunternehmer überraschenderweise die alte Werkstatt zum Kauf an und nach dem teilweisen Abriss einzelner Gebäude begann der vier Jahre dauernde Neu- und Umbau der Immobilie zum heutigen Lack & Karosserie Fachbetrieb Fresh Cars. Heute ist am neuen Standort kaum mehr etwas von der alten Werkstatt zu erkennen. Neben der effizienten Technik und der modernen Optik des Unternehmens spiegelt sich auch bei der Innengestaltung der hohe Anspruch der Planer wider. Die Kunden werden beispielsweise in einem 100 Quadratmeter großem Showroom empfangen und haben von da aus die Möglichkeit, bei einem Kaffee in der Lounge durch eine drei Meter große Glasscheibe zuzusehen, wie sich ihr Fahrzeug in der Endfertigung befindet. ## Nachhaltiger und energieeffizienter Bau Besonders auf Nachhaltigkeit legten die Bauherren bei der Planung wert. „Wir haben unsere 1.100 Quadratmeter große Werkstatt sehr hochwertig und energieeffizient gebaut. Neben der Montage einer PV-Anlage entschieden wir uns zum Beispiel auch für
besondere Dämmung des Neubaus und das Nutzen von Kompressor-Abwärme, um die Halle oder unser Brauchwasser zu erwärmen“, betont Vedat Ergün. Bei der Kabinentechnik vom oberbayrischen Anlagenhersteller WOLF setzte man auf eine energieeffiziente Wärmerückgewinnung. Trotzdem sei man stetig bemüht, besser und innovativer zu werden. Dabei verweist der Betriebsinhaber auf optimierte Prozesse in der Werkstatt oder ein nahezu papierloses Büro. „Unsere Mitarbeiter arbeiten bereits jetzt schon alle mit Tablets an den einzelnen Arbeitsplätzen. Das bringt Struktur und erleichtert besonders den administrativen Aufwand“, betont der 46-Jährige. Dies sei wichtig, wenn man angefangen bei der Instandsetzung von Versicherungsschäden, über Reparaturlackierung für Privatkunden bis hin zu Autohäusern und Flotten alles anbietet. Auch mit der Vollrestauration eines Oldtimers sei man beim Lack & Karosserie Fachbetrieb Fresh Cars an der richtigen Adresse, heißt es. ## Ausstattung „Made in Germany“ „Qualität und Wertigkeit haben heute einen hohen Stellenwert bei uns. Deshalb legten wir auch bei der Werkstattausstattung besonderen Wert auf Langlebigkeit“, erklärt Ronny Gonzalez Lombardero, Geschäftsführer bei Fresh Cars. „Bei unseren Hebebühnen beispielsweise entschieden wir uns bewusst für Produkte „Made in Germany“. Wir sagten uns, wir machen das einmal ordentlich für die nächsten 20 bis 30 Jahre und wählten deshalb die Technik von Consul“, so der 36-Jährige. Gerade mit Hinblick auf eine langfristige und sichere Ersatzteilversorgung und den Werkservice im Notfall sei man laut eigenen Angaben froh, mit dem sauerländischen Hersteller einen Lieferanten quasi vor der Haustür zu haben. Im Betriebsneubau wurden insgesamt sechs pneumatische Hebebühnen vom Typ PneuLift mit einer Tragfähigkeit von 3,5 Tonnen installiert. Außerdem ergänzt eine Doppelscheren-Hebebühne des Ausrüsters aus Halver die Werkstattausstattung und ermöglicht ein schnelles und sicheres Anheben der Fahrzeuge. ## Für die Zukunft gerüstet Für die Zukunft sei man in Herne gut aufgestellt, heißt es. „Auch in Bezug auf den steigenden Anteil der Elektromobilität oder immer speziellerer Leichtbauweisen im Karosseriebereich haben wir uns bei unserer Planung Gedanken gemacht. E-Ladesäulen waren dafür ebenso selbstverständlich wie die Einrichtung eines separaten Aluminiumarbeitsplatzes“, erklärt Vedat Ergüns Bruder und Betriebsleiter, Sedat Ergün. Letzteres sei zum Beispiel eine Grundvoraussetzung für die jüngst erhaltene Jaguar Land Rover – Zertifizierung gewesen. Er resümiert: „Jeder einzelne dieser Schritte bringt uns weiter und öffnet neue Türen im Markt!“
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