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2025-07-02T09:19:55+0000

Studie Classic-Cars 2025: Riesiges Potenzial für Fachbetriebe, aber auch große Herausforderungen

Classic Cars bergen eine hohe wirtschaftliche Relevanz für Kfz- sowie K&L-Betriebe. Und das Potenzial für spezialisierte Werkstätten, die im Kfz-Unfallschadenmarkt tätig sind, wächst. Dies ist eines der Ergebnisse der aktuellen BBE-Classic-Studie. Diese hatte das Aftersales-Marktforschungsunternehmen Wolk & Nikolic zusammen mit den Verbänden VDA, VDIK, ZDK und zahlreichen weiteren Partnern der Automobilwirtschaft durchgeführt – darunter die Automechanika Frankfurt sowie Lackhersteller BASF. Die Ergebnisse wurden der Presse vergangene Woche (26. Juni) auf dem Frankfurter Messegelände sowie im Rahmen einer Online-Pressekonferenz präsentiert. Für die Studie hatten die Initiatoren insgesamt 2.254 Interviews mit Halterinnen und Haltern von Old- und Youngtimern durchgeführt. Im Rahmen einer Branchenbefragung flossen zudem die Antworten von 104 Inhaberinnen und Inhabern von Werkstätten mit Classic Engagement ein sowie von 38 Branchenexperten, darunter beispielsweise Vertreter aus dem Handel sowie Sachverständige. ## 3,6 Mrd. Euro Werkstatt- und Teile-Potenzial Die Ergebnisse lassen auch Werkstätten und Branchenplayer aus dem Kfz-Unfallschadenmarkt aufhorchen: Mit einem Marktvolumen von rund 3,6 Milliarden Euro allein im Oldtimerbereich für Wartung, Reparatur, Karosserie- und Lackarbeiten sowie Reifen ist das Segment wirtschaftlich hochinteressant. Youngtimer kommen zusätzlich auf 4,5 Milliarden Euro jährlich. Diese Fahrzeuge erzeugen damit ein Vielfaches an Werkstattumsatz pro gefahrenem Kilometer im Vergleich zu modernen Fahrzeugen: Hier stehen mehr als 90 Cent pro Kilometer im Oldtimer-Segment gegenüber unter 10 Cent im konventionellen Pkw-Markt. ## Teileverfügbarkeit als größte Herausforderung Doch bei aller Begeisterung: Die Branche steht vor handfesten Herausforderungen. Insbesondere die Teileverfügbarkeit wird im Rahmen der Studie sowohl von Oldtimerhaltern als auch von Reparaturbetrieben insgesamt als problematisch skizziert. Besonders dramatisch ist die Lage demnach bei Elektrik- und Karosserieteilen: Hier berichten Werkstätten von massiven Engpässen. Während Wartungsteile noch relativ gut verfügbar seien, stufen 62 Prozent der Werkstätten die Versorgungslage für Elektronikteile und 69 Prozent für Karosserieteile als „weniger gut“ oder „schlecht“ ein. Marken wie Porsche oder Mercedes schneiden in puncto Ersatzteilverfügbarkeit noch relativ gut ab – bei Modellen wie dem Porsche 911 oder Mercedes SL-Klasse liegt die Verfügbarkeit bei über 90 Prozent im positiven Bereich. Doch insbesondere bei Volumenmarken wie Ford, Opel, Audi oder bei vielen japanischen und italienischen Fabrikaten ist die Versorgungslage deutlich angespannter. Für Werkstätten bedeutet das: Ohne kreative Beschaffungswege, Lagerhaltung und Nachfertigungen im eigenen Netzwerk lässt sich ein rentabler Schadenservice für Klassiker oft nicht mehr darstellen. ## Fachkräftemangel wird zur Wachstumsbremse Mindestens ebenso kritisch wie die Ersatzteilsituation ist der Mangel an qualifiziertem Personal. 79 Prozent der Werkstätten sehen die Gewinnung neuer Fachkräfte als „extrem
schwierig“ oder „sehr schwierig“ an. Gleichzeitig liegt das Durchschnittsalter der Beschäftigten bei 47 Jahren – Tendenz steigend. Zwar bewerten 92 Prozent die Qualifikation ihrer derzeitigen Mitarbeiter als gut oder sehr gut, doch die Rekrutierung erfolgt häufig noch über traditionelle Wege wie Mundpropaganda oder persönliche Kontakte. Digitale Rekrutierungskanäle und gezielte Ausbildungsformate fehlen laut Studie vielerorts. Gerade im Karosserie- und Lackbereich ist aber spezialisiertes Know-how gefragt – sei es im Umgang mit zeittypischen Materialien, bei der handwerklichen Aufarbeitung von Anbauteilen oder bei der farbgetreuen Lackierung. Der drohende Verlust von Erfahrungswissen durch das altersbedingte Ausscheiden langjähriger Mitarbeiter wird zur ernsten Gefahr für die Zukunftsfähigkeit vieler Betriebe. ## Für Classic-Car-Fahrer ist kein Weg zu weit Die Studie zeigt: Oldtimerhalter sind mobil und bereit, für Qualität weit zu fahren. Bei akuten Problemen nehmen sie im Schnitt bis zu 138 Kilometer Weg zur Werkstatt in Kauf. Für Wartungsarbeiten sind es immerhin 48 Kilometer. Gleichzeitig geben 35 Prozent der Oldtimerbesitzer an, kaum noch spezialisierte Fachwerkstätten in erreichbarer Nähe zu finden. Hier liegt demnach eine große Chance für Werkstätten mit Spezialisierung auf klassische Fahrzeuge: Wer sich in der Szene einen Namen macht, kann überregionale Kunden binden. Rund ein Viertel der Arbeiten erledigen Halter noch selbst, doch gerade bei aufwändigeren Instandsetzungen, Unfallreparaturen oder Lackarbeiten besteht ein wachsender Bedarf an professionellen Dienstleistungen. ## Ü60-Szene, aber Nachwuchs in Sicht Die Szene ist zwar im Durchschnitt „Ü60“, aber nicht statisch, betonte Studienautor Gerd Heinemann im Verlauf der Pressekonferenz. Jüngere Halter rücken durchaus nach, vor allem mit Fahrzeugen der 1990er Jahre, die zunehmend ins Oldtimeralter gelangen. Fahrzeuge wie der VW Golf, der Mercedes 190 oder der BMW 3er dominieren die Ranglisten der Klassiker. Rund 11.800.000 Fahrzeuge im Segment 15–29 Jahre sowie 1,67 Millionen Oldtimer (inkl. nicht zugelassener Fahrzeuge) bilden den relevanten Bestand. Dabei liegt die durchschnittliche Jahresfahrleistung bei nur rund 2.500 Kilometern, was die Fahrzeuge zu wenig belasteten, aber wartungsintensiven Sammlerstücken macht. ## 2.000 Euro jährlich pro Fahrzeug für Wartung, Reparatur und Instandhaltung Wichtig für die Werkstätten: Die Halter investieren – und das nicht zu knapp. Im Schnitt fließen pro Fahrzeug über 2.000 Euro jährlich in Wartung, Reparatur und Instandhaltung. Die Loyalität zur Szene ist groß, mehr als 60 Prozent der Halter besuchen regelmäßig Oldtimer-Treffen, über 70 Prozent engagieren sich in Clubs oder Online-Foren. Das macht gezielte Kundenansprache über diese Kanäle ebenso sinnvoll wie den Aufbau eines Werkstatt-Images mit hohem Vertrauensfaktor. ## Attraktives Geschäft für Werkstätten Der Classic-Markt bietet Werkstätten im Kfz-Unfallschadenbereich ein attraktives Zukunftsfeld – vorausgesetzt, sie stellen sich auf die spezifischen Anforderungen der Szene ein. Der Schlüssel zum Erfolg liege in einem Dreiklang aus fachlicher Expertise, individueller Betreuung und zuverlässiger Teileversorgung. Wer seine Kompetenz in diesen Bereichen sichtbar macht und bereit ist, in Personal, Wissenstransfer und gegebenenfalls auch in Lagerhaltung oder Netzwerke zu investieren, kann sich als feste Größe im Classic-Geschäft etablieren. Denn eines ist sicher: Die Szene bleibt – auch wenn sie sich wandelt. Und sie sucht Partner, die Qualität, Handwerk und Leidenschaft mitbringen. Die gesamte Studie können Interessierte kostenpflichtig bei Wolk & Nikolic bestellen.
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