2024-08-07T09:32:53+0000

Neue Teileplattform will mehr Transparenz im Ersatzteilgeschäft

Wenn es nach Stephan Otto geht, dann dreht sich das Teilegeschäft im Schadenmarkt künftig vor allem über seine neue Web-Plattform „helloparts““. Bereits seit zwei Jahren feilen der 57-Jährige zusammen mit Nico Weiler und ihrem Team an einem neuartigen digitalen Bestellportal für Werkstätten, damit diese Ersatzteile schneller und besser einkaufen können. Viele Gespräche wurden in den letzten Monaten hinter verschlossenen Türen geführt. Kfz-Versicherer, Zulieferer, Schadensteuerer und branchenbekannte Meinungsbildner waren beteiligt. Nun geht es los. „Wir haben in den vergangenen Monaten die ersten Lieferanten und Werkstätten an unser System angeschlossen“, erklärt der frühere Manager von Solera und GT Motive, Stephan Otto, im Redaktionsgespräch mit schaden.news. „Jetzt gehen wir live und bieten Karosserie- und Lackierbetrieben einen innovativen, digitalen Weg, um Originalersatzteile bei ihren bevorzugten Lieferanten zu bestellen und ihre Prozesse effizienter und zuverlässiger zu organisieren.“ Im Pilotbetrieb befinden sich bereits rund 100 K&L-Werkstätten, die OE-Teile von allen Marken bei verschiedenen Lieferanten wie dem Nora Zentrum Wolfsburg, Bleker, LPS oder Emil Frey ordern können. „Weitere Lieferanten stehen in den Startlöchern, auch regionale, da hier oft eine enge Beziehung zu den lokalen Werkstätten besteht“, heißt es in dem Gespräch mit der Redaktion. ## Korrekte Teilenummern und Lieferverfügbarkeit in Echtzeit Für die Macher von „helloparts“ steht nach eigener Aussage die Werkstatt im Mittelpunkt der „neutralen Teileplattform“. Doch was kann das neue Webportal genau? „Gerade Echtzeitdaten über Verfügbarkeiten von Teilen und ein medienbruchfreier digitaler Bestellprozess fehlen bisher im Teilemanagement der Werkstätten“, erklärt Stephan Otto. „Genau hier setzen wir an.“ Teileauswahl, Bestellung prüfen, Bestätigung, fertig – so sollen K&L-Betriebe aus ihrem DMS ihre Order direkt an ihre „bevorzugten Lieferanten“ über die neue Plattform übermitteln. Vollständig digital, ohne manuelle Prüfung, ausdrucken von Bestellformularen oder PDF-Versand per Mail. „Die Werkstätten können über ihren Account bei „helloparts“ die korrekten Teilenummern in ihr DMS-System übernehmen und aktuelle Lagerbestände unserer Lieferanten sehen, ob die benötigten Ersatzteile tatsächlich verfügbar sind“, erklärt der Geschäftsführer des Unternehmens. Die von den Werkstätten ausgewählten Teilelieferanten sind über Schnittstellen nach Angaben des Unternehmens direkt mit dem System verknüpft, sodass Echtzeitdaten für die Betriebe bei der Bestellung sichtbar werden. „Die Überprüfung der Teilenummern, FIN und weiterer Details der Bestellung erfolgt vollautomatisch im Hintergrund durch digitalen Abgleich mit den Herstellerkatalogen, wodurch die Teilelieferanten die Bestellungen prinzipiell dunkelverarbeiten können. Dadurch können die Bestellungen der Werkstätten schneller und fehlerfreier abgewickelt werden“, hebt Stephan Otto hervor. Gerade vor dem Hintergrund der immer noch schwankenden Teileverfügbarkeit will „helloparts“ so mehr Transparenz im Markt für OE-Teile schaffen, erklären das Team gegenüber der Redaktion. Integriert ist „helloparts“ derzeit in Betrieben der Unfallreparaturbranche bei DMS von PDR Cloud, SFK und PlanSo. KSR und Audatex sind nach Angabe von Stephan Otto in Entwicklung und folgen schon bald. „Offen ist unsere neue Plattform für alle Werkstätten“, unterstreicht der Geschäftsführer, „daher bauen wir digitale Schnittstellen zu allen DMS-Systemen auf, die für die K&L Betriebe wichtig sind.“ ## HUK-Coburg integriert „helloparts“ in das Bestellsystem von Originalersatzteilen Momentan dürften sich besonders die Partnerwerkstätten der HUK-Coburg für die neue Teileplattform interessieren.
Denn der Kfz-Versicherer aus Coburg integriert „helloparts“ in seine Teilelösung für Originalersatzteile. Im Gespräch mit schaden.news begründen Michael Schnapp (Leiter Schadenprozessmanagement) und Martin Schneider (Leitung Werkstattnetz) den Schritt, mit der Beschleunigung von Bestellprozessen durch Digitalisierung. „Wir handeln aus der Perspektive der Betriebe und bieten unseren Partnerwerkstätten mit der Teileplattform „helloparts“ eine effizientere und digitale Bestellabwicklung.“ Nach und nach wird die HUK jetzt alle Partnerwerkstätten ansprechen. Die Partnerwerkstätten können dann entscheiden, ob sie sich für das Teileportal registrieren wollen. Warum gehen die Coburger diesen Weg? „Oftmals läuft der Bestellablauf heute immer noch manuell ab. Das ist damit sehr zeitaufwändig und fehleranfällig“, hebt Michael Schnapp hervor. „Die Echtzeitanzeige bei der Teileverfügbarkeit bringt bei „helloparts“ mehr Geschwindigkeit und Verlässlichkeit in die Abläufe“, erklärt Martin Schneider und nennt noch einen weiteren Grund für die Zusammenarbeit mit der neuen Webplattform: „Der automatisierte Korrekturabgleich der Teilenummern erhöht die Datenqualität und reduziert das Fehlerrisiko. Das ist ein echter Mehrwert, den die Teileplattform den Werkstätten bietet.“ Martin Schneider und Michael Schnapp stellen im Gespräch mit schaden.news aber klar, dass der Bestellweg über „helloparts“ wie bisher ein freiwilliges Angebot für die Partnerwerkstätten sei. „Im operativen Geschäft entscheidet die Werkstatt, wir sind nicht involviert“, heißt es aus Coburg. Natürlich hat der Kfz-Versicherer und Schadenlenker aber ein Interesse daran, dass die Ersatzteilbestellungen über die Kanäle der HUK-Coburg geroutet werden, denn schließlich erhalten sie von ihren Partnerwerkstätten Rabatte auf die Ersatzteilkosten und können bei den Lieferanten nur bei entsprechend hohem Volumen bessere Einkaufskonditionen für die Werkstätten verhandeln. ## Riparo: „Wir sind plattformoffen“ Auch der Schadensteuerer Riparo verfolgt die Entwicklung im Ersatzteilmarkt genau. „Wir gehen plattformoffen an die Bestellstrukturen von Fahrzeugteilen ran, weil wir davon überzeugt sind, dass es immer am effizientesten ist, wenn die Partnerbetriebe ihren Bestellprozess selbst bestimmen“, betont Marco Weitner, Geschäftsführer von ri werkstattservice, gegenüber schaden.news. Deshalb entwickelt Riparo kein eigenes Webportal. „Wir wollen den administrativen Aufwand für die Werkstätten möglichst gering halten“, heißt es in Holzgerlingen. „Daher setzen wir auf Schnittstellen zu Dealer Managementsystemen in den Werkstätten. Aktuell ist die Schnittstelle zu PlanSo fertiggestellt, sodass die Anwender auch hier angebunden werden können.“ Die Entwicklung bei „helloparts“ sieht Marco Weitner grundsätzlich positiv. „Wir stehen mit Stephan Otto im Austausch und werden sehen, wie sich das Webportal weiterentwickelt. Ziel unserer Offenheit ist es, dass unsere Werkstattpartner den transparenten Umgang honorieren und bei Reparaturvermittlungen auch bei Riparo bestellen.“ Ob der Schadensteuerer Riparo auch „helloparts“ nutzen wird, ist noch offen. ## Teilelieferant AVZ sieht starke Ausdifferenzierung im Schadenmarkt Blickt man auf die Seite der Lieferanten, scheint es gegenüber der neuen Webplattform auch hier Interesse zu geben. Das Auto-Teile-Vertriebs-Zentrum (AVZ) aus Gelsenkirchen beliefert Werkstätten mit Ford und Kia Originalersatzteilen und spricht momentan ebenfalls mit „helloparts“. Das erklärte Geschäftsleiter Torsten Ehlers auf Anfrage der Redaktion. „Wir schauen uns natürlich jeden Vertriebskanal genau an und sind grundsätzlich offen für neue Wege“, lautet die Aussage von AVZ. [Die Gelsenkirchener kooperieren bereits mit Schadensteuerern wie Riparo, dem regionalen Teilevertrieb wie OT Regio Rhein Ruhr und Bestellplattformen wie Dimasys oder ALFAH Parts.](https://schaden.news/de/article/link/44067/wie-stellt-sich-das-ersatzteilgeschaeft-auf)
Für Torsten Ehlers ist die Digitalisierung im Teilegeschäft wichtig, allerdings müsse es für die Werkstätten, aber auch für den OE-Teilelieferant tatsächlich auch einen echten Mehrwert geben. „Wir setzen auf digitale Lösungen in bestimmten Bereichen, wissen aber auch, dass am Ende der Mensch ausschlaggebend ist.“ Gerade die Dealer-Management-Systeme im Aftersales Markt seien so ausdifferenziert, dass viele Schnittstellen notwendig seien, die verlässlich funktionieren, um das komplexe Teilegeschäft tatsächlich zu beschleunigen. Für Torsten Ehlers ist entscheidend, dass der Lieferant die Kontrolle über Abläufe und Echtzeitdaten behält, da auch er für die Qualität und Funktionalität geradestehen muss. ## Hält das System, was es verspricht? Klar, „helloparts“ ist ein Newcomer im Schadenmarkt und steht erst am Anfang. Doch steht die neue Teileplattform schon jetzt für weitere Digitalisierung von Teilen des gesamten Reparaturprozesses. Noch ist unklar, ob das Webportal von Stephan Otto und seinem Team tatsächlich erfolgreich ist. Das hängt von vielen Faktoren ab. Mit der Integration in das Bestellsystem der HUK-Coburg ist dem Startup allerdings die Aufmerksamkeit im Schadenmarkt sicher. Die Frage ist jedoch, ob die Werkstätten ihre Praxis auch wirklich anpassen und ihre Originalersatzteile über „helloparts“ statt über Email bestellen. Entscheidend dafür ist, dass das System jetzt auch hält, was es verspricht – und wie es sich weiterentwickelt. Denn es gibt im Ersatzteilgeschäft tatsächlich noch viel Potenzial für mehr Transparenz. Einige Fragen sind: Wird der Abgleich von Konditionen verschiedener Lieferanten möglich? Können künftig Originalersatzteile mit GVO-konformen IAM-Teilen verglichen und bestellt werden? Und erhält die Werkstatt den vollen Überblick in einem Webportal über seine Teilebestellungen und damit wirklich mehr Transparenz? Die Macher von „helloparts“ arbeiten bereits an den nächsten Ausbaustufen. Spannend ist, wie der Schadenmarkt jetzt reagiert.
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