2024-07-24T10:30:53+0000

Unfallreparaturforschung: KTI röntgt HV-Batterien von verunfallten E-Autos mit Fraunhofer Institut

Immer wieder kursieren in Medienberichten Bilder von brennenden Elektrofahrzeugen. Doch sind die Antriebsbatterien nach einem Unfall wirklich so gefährlich, wie häufig deklariert wird? Das untersucht das Kraftfahrzeugtechnische Institut aktuell im Rahmen eines gemeinsamen Forschungsprojektes mit dem Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen in Fürth. Denn auch im Unfallreparaturmarkt herrscht nach wie vor große Verunsicherung bei Abschleppunternehmen, Reparaturbetrieben und Sachverständigen, wie mit möglicherweise beschädigten HV-Batterien umzugehen ist. Das Team des KTI arbeitet deswegen seit längerem daran, Klarheit zu schaffen und präzise Kriterien für den Umgang mit verunfallten E-Autos zu definieren. ## Gemeinsames Projekt zweier Forschungseinrichtungen Dafür wurde in Fürth nun die Batterie eines von DEKRA[ im Rahmen der Würzburger Karosserie- und Schadenstage ](https://schaden.news/de/article/link/43938/rueckblick-wkst-2024)gecrashten VW e-Up geröntgt. Das Unfallfahrzeug: ein klarer Totalschaden mit massivem Frontschaden, geknickten Längsträgern und stark deformierter Karosserie im linken Bereich. Der Hochvoltspeicher blieb jedoch intakt, das bestätigte auch die anschließende fachgerechte Gefährdungsklassifizierung durch DEKRA auf Basis des Volkswagen-Reparaturleitfadens. „Die Vorgaben des Volkswagenkonzerns beschreiben, ähnlich wie bei vielen anderen Herstellern, detailliert die richtige Vorgehensweise für die Gefährdungsklassifizierung. Gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut wollen wir im Rahmen unseres Projektes den internen Batteriezustand nach einem Unfallereignis überprüfen und die mechanische Integrität auf Batterie-, Modul- und Zellebene feststellen“, erklärt Rainer Kühl vom KTI. Sein Kollege und Projektleiter Philipp Fuchs ergänzt: „Diese Form der Untersuchung markiert einen neuen Ansatz innerhalb der Reparaturforschung an vermeintlich beschädigten HV-Batterien. Die ersten Erkenntnisse bestätigen, dass die Herstellervorgaben einen sicheren Umgang mit verunfallten Fahrzeugen bzw. Batterien gewährleisten.“ Das Entwicklungszentrum Röntgentechnik (EZRT) des Fraunhofer Instituts für integrierte Schaltungen in Fürth ist ein international führendes Forschungs- und Entwicklungszentrum auf dem Gebiet der Röntgenbildgebung. Mit dem AIR-Röntgensystem hat das Fraunhofer Institut in Zusammenarbeit mit der Hochschule München eine neuartige Prüfmöglichkeit für Batterien von E-Autos entwickelt, die im März dieses Jahres ihren Betrieb aufnahm. ## Hochauflösende Bilder vom Batterie-Inneren Bei einem offiziellen Pressetermin (10.07.) stellten das KTI und das Fraunhofer Institut ihr gemeinsames Projekt vor und zeigten die ersten Aufnahmen der gescannten Antriebsbatterie. Dafür wurde das AIR-System, das ursprünglich zum Scan ganzer
Fahrzeuge entwickelt wurde, noch einmal umgebaut. Der Messaufbau erinnert dabei an eine klassische Waschanlage. Die ausgebaute Batterie wird unter dem Messsystem positioniert, anschließend fährt die Anlage in über den Hochvoltspeicher und röntgt diesen aus der Vogelperspektive. Das Ergebnis: Hochauflösende Bilder, die mögliche Deformationen und Beschädigungen, den mechanischen Zustand einzelner Batteriezellen sowie den Batterierahmen sichtbar machen. Das Bildmaterial der e-Up-Batterie sei zwar noch nicht final ausgewertet, erklärte Michael Salamon, Gruppenleiter für Hochenergie-Röntgensysteme am Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen, jedoch sei bereits ersichtlich, dass weder Batterie noch einzelne Batterieziellen durch den Crash beschädigt wurden. Als Vergleich zeigte Michael Salamon Bilder einer intakten VW eUp-Batterie, die zuvor im Rahmen einer großangelegten Studie von E-Autos gemacht wurden. ## „Trend zu überzogenen und technisch unbegründeten Sicherungsmaßnahmen entgegenwirken“ Rainer Kühl vom KTI betonte daraufhin: „Bereits diese ersten Eindrücke bestätigt die hohe Sicherheit der Batteriesysteme nach einem Unfall. Natürlich werden wir weitere Scans durchführen, dafür haben wir bereits weitere Unfallfahrzeuge mit unterschiedlichen Schadenbildern angekauft.“ Sein Kollege und Projektleiter Philipp Fuchs ergänzte: „Unser Ziel ist es, dem Trend zu teils unnötigen oder unnötig langen Sicherungsmaßnahmen entgegenzuwirken. Im Zusammenhang mit beschädigten Batterien wird teilweise Hysterie verbreitet und Angst geschürt. Dabei ist die Informationslage rund um die Gefährdungsklassizifierung herstellerseitig gut.“ ## Fundierte Zustandsbewertung Das Fraunhofer Institut selbst möchte mit dem AIR-Röntgensystem eine verhältnismäßig kostengünstige und fundierte Zustandsbewertung von Antriebsbatterien ermöglichen, die langfristig auch im Markt Verwendung finden könnte. Als Beispiele nannte Michael Salamon den Scan im Rahmen eines An- oder Weiterverkaufes der Fahrzeuge oder auch vorm Verschiffen vieler E-Autos. Nicht zuletzt soll die Überprüfung auch dafür sorgen, dass funktionsfähige Batterien, die aufgrund einer Airbag-Auslösung beispielsweise zwangsläufig getauscht werden müssen, für andere Zwecke weiterverwendet oder eingesetzt werden können.
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