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2024-06-26T12:17:33+0000

„Das Lackierhandwerk war für mich eine späte, aber eine wahre Liebe“

Die Leidenschaft für ihren Beruf schwingt in jedem Satz mit, den Sabine Burkhardt über das Lackierhandwerk und ihren Werdegang verliert. Dabei hat die 42-Jährige ihren Weg in die Fahrzeuglackiererei erst verhältnismäßig spät entdeckt und eingeschlagen. Die Liebe zum Automobil wurde ihr hingegen schon in die Wiege gelegt: „Ich war ein absolutes Werkstattkind. Meine Familie bestand schon immer aus Autonarren. Sowohl mein Vater als auch mein Großvater und auch meine beiden Onkel waren Kfz-Meister“, berichtet sie im schaden.news-Gespräch. So war ihr erster Ausbildungswunsch nach der Schule nicht verwunderlich: „Kfz-Mechanikerin wollte ich lernen.“ Doch dabei gab es einen Haken: „Ich hatte das falsche Geschlecht. Eine Frau wollte damals kein Betrieb einstellen“, erinnert sie sich. Daher lebte Sabine Burkhardt nach eigenen Angaben erst einmal den „schwäbischen Traum: Hausfrau und Mutter“, blickt sie schmunzelnd auf diese Zeit zurück. Dann wechselte sie zunächst die Perspektive und ging zum Psychologiestudium nach Berlin. Doch die Begeisterung fürs Handwerk blieb und überwog irgendwann: „Mein Herz schlug einfach mehr für die Werkstatt, denn für die Universität. Schnupper ich Werkstattluft, geht mir das Herz auf und ich fühle mich zuhause. Dieser Weg war besser für mich und freudvoller“, erzählt sie. ## Von der Psychologiestudentin zur Fahrzeuglackierermeisterin So hängte sie das Studium doch an den Nagel und absolvierte eine Ausbildung zur Fahrzeuglackiererin. „Mein Glück war, dass ich von Anfang an als Allrounder ausgebildet wurde“, meint sie heute. „Ich habe von Beginn an selbst die Pistole in der Hand gehabt. Ob nun Lack, Füller oder Spritzspachtel, vom ersten Tag an habe ich durchgängig, bis zur Gesellenprüfung, in meiner Ausbildung lackiert.“ Nach mehrjähriger Berufserfahrung machte sie noch die Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker für Farb- und Lacktechnik. „Lack ist meine Passion. Es fasziniert mich, was Lack zu leisten in der Lage ist. Ich wollte mehr wissen und tiefere Kenntnisse haben. Lackchemie und Lacktechnologie sind ungeheuer spannende Themen“, begründet sie diesen Schritt. Doch die Theorie war ihr nicht genug. Für das Praxiswissen absolvierte Sabine Burkhardt im Anschluss noch die Meisterschule für Fahrzeuglackierung. ## Als Gebietsleiterin auf Augenhöhe mit den Betrieben Seit einigen Jahren ist Sabine Burkhardt nun als Gebietsleiterin für den Schleifmittelhersteller Mirka unterwegs. Sie verantwortet die Regionen Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Ein spannender Job, wie sie findet: „Wir kommunizieren mit den Fachkräften in den Betrieben auf Augenhöhe, das ist uns ganz wichtig. Wir als Fachleute können Prozesse in den Werkstätten von außen betrachten und beurteilen und so das Optimierungspotenzial erkennen. Dementsprechend erarbeiten wir gemeinsam mit den Anwendern passende Lösungen“, erklärt Sabine Burkhardt. Auf ihren Reisen durch die Betriebe lerne sie unheimlich viele Menschen und unterschiedliche Prozesse kennen. Die Abwechslung ist das, was sie reizt. ## „Frauen verbessern das Arbeitsklima“ Und die Gebietsleiterin trifft auch immer mehr Frauen, die den Lackierberuf erlernen oder erlernt haben. „Die Situation hat sich seit meiner Jugend glücklicherweise
grundlegend gewandelt. Inzwischen erkennen immer mehr Frauen, was für tolle Jobs die K&L-Werkstatt zu bieten hat. Und es erkennen auch immer mehr Arbeitgeber, dass Fahrzeuglackiererinnen, Mechanikerinnen und Karosseriebauerinnen das Handwerk bereichern und zudem das Arbeitsklima verbessern“, meint Sabine Burkhardt. Dass es in einer Werkstatt vom Ton her etwas direkter zugehen kann, würde sie jungen weiblichen Fachkräften gern mit auf den Weg geben. „Jeder Beruf hat seine eigene Sprache. Aber wenn man sich darauf einlässt, wird man selbst Teil davon“, betont die 42-Jährige. Zum Thema Frauen in der Handwerksbranche hat sie eine sehr persönliche Sicht: „Meine Mutter war in den 70er-Jahren eine Pionierin, da sie als Frau in dieser Zeit, in der Frauen eher andere Berufe ausübten, schon in der Werkstatt an Fahrzeugen gearbeitet hat. Ihr besonderes Feingefühl und gutes Auge wurden im Familienbetrieb sehr geschätzt und ihre Kenntnisse und Fähigkeiten deshalb gefördert. Sie arbeitete ebenso mit wie die Männer um sie herum – damals eine absolute Ausnahme.“ Heute schätzt Sabine Burkhardt das Verhältnis von Frauen zu Männern in der Werkstatt auf 1 zu 4. Sie fügt hinzu: „Für die Zukunft bin ich deutlich optimistisch, da es immer mehr junge Frauen gibt, die sich den Werkstätten zuwenden und immer mehr Betriebe, die das nicht mehr außergewöhnlich finden.“ ## Leidenschaft fürs Handwerk – auch über mehrere Generationen hinweg Ihre Leidenschaft für den Handwerksberuf und das Auto hat Sabine Burkhardt übrigens auch an ihre Kinder weitergegeben. Ihr Sohn lernt Karosseriebauer, dessen Freundin absolviert eine Ausbildung zur Kfz-Mechanikerin. „Für unsere Familie ist ein Auto mehr als nur ein Gebrauchsgegenstand. Wir sind alle mit dem Metall verwachsen“, erklärt Sabine Burkhardt abschließend.
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