2024-02-21T10:15:02+0000

Wie geht die HUK-Coburg in ihre Jahresgespräche?

_Kundenverluste, enorme Schadenkosten und schlechte Servicequalität setzen die HUK-Coburg aktuell unter Druck. Für den neuen Leiter Schadenprozessmanagement, Michael Schnapp, kein leichter Start. Im Exklusiv-Interview mit schaden.news spricht er über die aktuelle Lage des Kfz-Versicherers und die Pläne für die nächsten Monate._ ___Herr Schnapp, die ersten 100 Tage als neuer Leiter Schadenprozessmanagement sind ins Land gezogen. Wie sind Sie als Nachfolger von Thomas Geck gestartet?___ __Michael Schnapp:__ Ein kompletter Neustart war es für mich ja nicht, ich hatte noch eine gemeinsame Zeit mit Thomas Geck. Von daher fiel mir der Einstieg leicht. Nach 100 Tagen habe ich immer noch das Gefühl, dass es die richtige Entscheidung war, die Leitung zu übernehmen – auch wenn ich sehe: die Themenvielfalt, mit der ich beschäftigt bin, ist immens. ___Welche Themen beschäftigten Sie derzeit?___ __Michael Schnapp:__ Im Mittelpunkt der letzten drei Monate stand ganz klar die angespannte Arbeitssituation. Das heißt, die nicht zufriedenstellende Servicequalität gegenüber unseren Kunden und den Partnerwerkstätten, die unter anderem durch die zahlreichen Elementarschäden verursacht wurden. An der Verbesserung haben wir in den letzten Wochen hart gearbeitet. Natürlich beschäftigt uns auch die Situation in den Partnerwerkstätten, die ja ähnlich gelagert ist. Fachkräftemangel, Kapazitätsengpässe und Kostensituation sind nur einige Schlagworte. Hier haben wir viele Gespräche mit Betrieben, mit Dienstleistern und mit unseren Netzwerkbetreuern geführt, um die Situation zu verbessern. ___Sie hatten also schon viel Kontakt mit den Partnerwerkstätten?___ __Michael Schnapp:__ Wir haben zum einen den Werkstattbeirat, mit dem wir uns regelmäßig austauschen – und natürlich stehen wir mit den Branchenverbänden in direktem Kontakt. In den letzten drei Monaten war ich aber noch nicht auf Tour in den Betrieben. Viele Partnerwerkstätten hatte ich schon mit Thomas Geck besucht. ___Anfang des Jahres hat Klaus-Jürgen Heitmann in überraschender Offenheit über die Probleme der HUK-Coburg gesprochen. Kundenverluste, hohe Schadenkosten, schlechte Servicequalität, die Lage scheint ernst.___ __Michael Schnapp:__ Wir haben in der Tat eine völlig neue Schadenrealität im letzten Jahr gehabt. Das ist zum einen die starke Inflation und die dramatisch hohen Elementarschäden. Diese Situation hat die negative Einschätzung, die wir ohnehin schon hatten, noch einmal deutlich verschärft. Andere Entwicklungen kamen hinzu, wie die deutlich über der Inflationsrate liegenden Steigerungen der Ersatzteilpreise und auch die hohen Stundensätze in den Werkstätten. Als größter deutscher Kfz-Versicherer trifft uns diese Situation besonders stark. Letztendlich müssen sich aber derzeit sehr viele Assekuranzen in unserer Branche mit tiefroten Combined Ratios beschäftigen. Demzufolge versuchen die Kfz-Versicherer jetzt mit höheren Prämien im gesamten Markt gegenzusteuern. ___Welchen Einfluss hat die Situation jetzt auf die Jahresgespräche mit den Partnerwerkstätten?___ __Michael Schnapp:__ Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, die wir momentan als Kfz-Versicherer zweifellos haben, gewinnt unser Werkstattnetz noch einmal an Bedeutung. In der Vergangenheit haben wir als HUK-Coburg uns immer als verlässlicher
Partner der Werkstätten erwiesen. Ich erinnere an die verschiedenen Maßnahmen in der Corona-Zeit und unsere Initiative, die stark gestiegenen Energiekosten abzufedern. Die Jahresgespräche starten jetzt und laufen noch bis Mitte Juni. Wie in den vergangenen Jahren werden wir hier das jeweilige Reparaturvolumen und die Stundensätze vereinbaren. Die letzte Erhöhung hatten wir im Mai vergangenen Jahres. Damals wurde der befristete Energiekostenzuschlag in eine reguläre Stundensatzerhöhung umgewandelt. Die Werkstätten können auch in diesem Jahr auf uns zählen. Das bedeutet konkret: Wir werden das Thema Inflation, die ja auch die Werkstätten betrifft, bei der Anpassung der Stundensätze berücksichtigen. ___Das heißt, eine Nullrunde wird es nicht geben?___ __Michael Schnapp:__ Nein. Wir sehen die Situation und die Notwendigkeiten einer Stundensatzerhöhung. Die Partnerwerkstätten können sich darauf verlassen, dass wir die Kostenentwicklung angemessen ausgleichen. ___Vor dem Hintergrund steigender Ersatzteilpreise wird sicher auch die Instandsetzungsquote eine bedeutendere Rolle spielen.___ __Michael Schnapp:__ Auf dieses Thema haben wir bereits in der Vergangenheit großen Wert gelegt und waren gerade in den freien Karosserie- und Lackierbetrieben deutlich weiter, als wir das bei den markengebundenen Werkstätten waren. Die Instandsetzungsquote in unserem Werkstattnetz war bisher schon recht gut. Wenn wir aber jetzt genauer in die einzelnen Betriebe schauen, dann gibt es schon Unterschiede zwischen den Partnerwerkstätten. Dafür werden wir in den Jahresgesprächen sensibilisieren, neue Vorgaben wird es nicht geben. ___Das hört sich jetzt insgesamt vor dem Hintergrund der ernsten Lage bei der HUK-Coburg doch alles sehr moderat an. Sie müssen aber doch auch auf die Kostenbremse drücken oder hoffen Sie, dass die Prämienerhöhungen die Situation schon verbessern wird?___ __Michael Schnapp:__ Der größte Hebel, den wir nutzen können, ist tatsächlich, das gesteuerte Reparaturvolumen zu erhöhen. Wir werden stärker versuchen, aus ungesteuertem Geschäft gesteuertes Geschäft zu machen und diese Instandsetzungen dann in unseren Partnerwerkstätten unterzubringen. Das hängt von den Kapazitäten in den Betrieben ab. Nächster Punkt sind die Ersatzteilpreise, hier ist die Monopolsituation der Hersteller – trotz der Aufhebung des Designschutzes für neue Fahrzeuge – weiterhin extrem schwierig. ___Das heißt im Klartext, Sie wollen einerseits den Ersatzteileinkauf über Ihre Plattformen forcieren und die Steuerungsquote im Haftpflichtschaden erhöhen. Gerade die Direktkundenregelung wird aber vom Bundesverband der Partnerwerkstätten kritisiert. Wird dieses Thema zum Konflikt?___ __Michael Schnapp:__ Hier sind zwei Fälle zu betrachten: Haftpflichtschäden, die wir steuern, sind für die Werkstätten gesteuerte Schäden. Die vom Bundesverband zu Recht kritisierte Regelung für Direktkunden gibt es bei der HUK-COBURG nicht. Da sind die anderen Schadensteuerer betroffen. ___Steuern Sie auch innerhalb ihres Werkstattnetzes um, von den markengebundenen Werkstätten in Richtung freier Karosserie- und Lackierbetriebe?___ __Michael Schnapp:__ Da muss man genau unterscheiden. In unserem gesteuerten Geschäft haben wir heute schon ein gutes Gleichgewicht zwischen freien und markengebundenen Betrieben. Klar ist, unser Fokus bleibt weiterhin auf den freien Betrieben. Der Kostenunterschied ist bei dem gesteuerten Geschäft eher gering als weit auseinander. Die entscheidende Frage für uns ist jetzt auch, gerade die freien Betriebe so weiterzuentwickeln, dass nicht nur herstellergebundene Werkstätten mit E-Fahrzeugen oder Fahrerassistenzsystemen umgehen können. Hier geht es um Schäden an der Batteriestruktur, um die Fähigkeiten, Schäden an Fahrzeugen, an denen Verbundwerkstoffe verbaut worden sind, fachgerecht zu reparieren und um die einwandfreie Rekalibrierung. Wir werden die freien Werkstätten auf jeden Fall dabei unterstützen, zukunftsfähig zu bleiben. ___Wie geht es mit der Weiterentwicklung des Werkstattnetzes weiter?___ __Michael Schnapp:__ Wir haben im vergangenen Jahr den Weg skizziert und in zwei Modellregionen Audits durchgeführt. In den Jahresgesprächen werden wir jetzt mit einzelnen Partnerwerkstätten sprechen, um mit ihnen über die Ausweitung von Serviceleistungen und Reparaturkompetenz zu sprechen. Bei notwendigen Investitionen werden wir auch hier unterstützten. ___Vielen Dank für unser Gespräch!___
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