2023-09-06T10:15:37+0000

Nadjas schwerer Kampf zurück in den Beruf

Stammheim in der Schweiz – hier nahe der Grenze zu Deutschland befindet sich seit über fünf Jahren die Firma nadl lack. Konzentriert arbeitet die Inhaberin, Nadja Franzjska von Ow, an ihrem aktuellen Auftrag. Die beschädigte Felge eines Porsches muss morgen früh frisch lackiert an ein Autohaus ausgeliefert werden, draußen warten für diesen Tag noch drei weitere Felgensätze, die vorbereitet werden sollen. Dass die 38-Jährige heute so motiviert und kraftvoll ihrem Handwerk nachgehen kann, ist keine Selbstverständlichkeit. Ein harter Schicksalsschlag vor sechs Jahren ließ sie zunächst alle ihre Zukunftspläne über Bord werfen. Kurz nach der Geburt ihrer Kinder wurde bei der jungen Schweizerin durch Zufall ein Tumor entdeckt, der zudem schnell und kompliziert entfernt werden musste. „Es war ein echter Schicksalsschlag, denn durch die Operation und weitere damit verbundene Behandlungen wurde mein Bewegungsapparat massiv in Mitleidenschaft gezogen“, berichtet die Fahrzeuglackiererin. Mühsam kämpfte sie sich zurück ins Leben und verbrachte über ein Jahr mit Rehamaßnahmen und Physiotherapie, um das Gehen wieder zu erlernen – leider war dies nicht vollständig möglich. ## Kindliche Kreativität entwickelte sich zum Berufswunsch Das Interesse an ihrem Beruf entdeckte die Unternehmerin in jungen Jahren: „Es begann schon in der Kindheit. Mein Bruder und ich versuchten schon früh unsere Fahrräder und andere Gegenstände zu lackieren“. Bereits damals sei ihr klar geworden, dass es einmal ein kreativer Beruf mit Farbe sein soll. Nach der Schule hatte sie die Möglichkeit, ihre Ausbildung zur Lackiererin in einem sehr vielseitigen Betrieb zu absolvieren, in dem sie an PKW, Nutzfahrzeugen und Möbeln arbeiten durfte. Sie betont: „Ich hatte zu keinem Zeitpunkt Zweifel daran, dieses Handwerk erlernen zu wollen. Doch am Ende der Lehre interessierten mich noch andere Facetten dieses Berufes. Ich bekam die Möglichkeit, in der Luftfahrtbranche zu arbeiten und erlernte dort den richtigen Umgang mit verschiedenen Composite Werkstoffen“. Nach einigen Jahren mit diversen Zwischenstationen wurde Nadja Franzjska von Ow schwanger und wollte zunächst für sich und ihre Familie kürzertreten. Ihre Vorstellung, nach einigen Monaten wieder beruflich durchzustarten, wurden jedoch mit der unvorhergesehenen Krankheit, der komplizierten Operation und den folgenden Behandlungen je zerstört. ## Leidenschaft und Durchhaltewillen legen Grundstein für Neustart Ihre Leidenschaft für das Lackierhandwerk war ungebrochen, doch an einen raschen Wiedereintritt in die Arbeitswelt war nach ihrer Erkrankung so schnell nicht zu denken. Aus der Not heraus kam ihr der Gedanke, sich mit einer Selbstständigkeit Schritt für Schritt in den Alltag zurückzukämpfen. Die Schweizerin blickt zurück: „Ich startete mit nichts als einer Garage, in der ich auch heute noch arbeite und konnte nur mit Mühe meine erste Lackierpistole erwerben. Also begann ich mit kleineren Arbeiten und überlegte mir ein geeignetes Geschäftsmodell“. Die frischgebackene Firmeninhaberin erinnerte sich damals an eine ungeliebte Tätigkeit in der Lackierbranche – das Schleifen und Vorbereiten von Fahrzeugfelgen. Nach reiflicher Überlegung entschied sie sich, einen WheelBlower zu kaufen und bot Betrieben in der näheren Umgebung an, deren Felgen perfekt mattiert und lackierfertig vorzuarbeiten, inklusive Hol- und Bringservice. Nachdem sich ihr hoher Qualitätsanspruch und die Termintreue herumgesprochen
hatten, entstanden auch Kontakte zu Endkunden, die mit den Lackierergebnissen ihrer bisherigen Partnerwerkstätten nicht mehr zufrieden waren. Sie begann daher die Kundenaufträge komplett abzuwickeln und ergänzte ihre Angebotspalette, indem sie die Autofelgen gleich mit beschichtete. Dies hat bis heute Bestand und bestätigt sie in ihrer täglichen Arbeit. ## Bobby-Cars sollen Berufsbild sichtbar machen Ihre Begeisterung für den Beruf hat sie sich bis heute erhalten. Aus diesem Grund hat Nadja Franzjska von Ow auch an der diesjährigen Bobby-Car-Aktion teilgenommen - einer Initiative, bei der auf die Aus- und Weiterbildung im Lackierhandwerk aufmerksam gemacht werden sollte. Dafür lackierte die 38-jährige gleich mehrere der Rutscheautos, welche im Anschluss höchstbietend versteigert wurden. Zwei ihrer eigenen Kreationen erwarb sie kurzerhand selbst, ein Drittes kam noch dazu – das Bobby-Car der schaden.news Redaktion. Die Schweizerin erklärt: „Mir gefiel das Konzept des roten Flitzers auf Anhieb und ich kannte das Nachrichtenportal gut von meiner regelmäßigen Suche nach Fachwissen. Die Aktion macht unser Berufsbild einfach sichtbarer und fördert die Art der Ausbildung wie ich sie erleben durfte“. Sie verweist dabei auf positiv prägende Erlebnisse während ihrer Lehrzeit und das entgegengebrachte Engagement der Ausbilder. „Wenn der Nachwuchs von heute der Ausbilder, Firmeninhaber oder Anwendungstechniker von morgen ist, kann der sein erlerntes Know-how weitergeben. Das kann im besten Fall die Zukunft unseres Berufes sichern. Und genau deshalb hielt ich es für eine gute Investition“.
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