2023-02-15T09:09:24+0000

Geballte Frauenpower im Lackierzentrum Niedernhall

Viele Wege führen ins Handwerk – und manchmal auch die Liebe. So geschehen bei Sonja Banic. Die 47-Jährige ist eigentlich gelernte Industriemeisterin und Qualitätsmanagerin. Nachdem sich ihr Mann Zeljko Banic 2005 als Lack- und Dellendoktor selbstständig machte, unterstützte sie ihn und kam mehr und mehr mit der K&L-Branche in Berührung. Heute führt sie gemeinsam mit ihrem Mann das Lackierzentrum Niedernhall, das inzwischen rund zehn Mitarbeiter zählt und 2018 komplett neu errichtet wurde. „Die Aufgabenverteilung war von Anfang an klar: Mein Mann hat überwiegend den praktischen Teil übernommen und ich ihn in organisatorischer Hinsicht unterstützt. Nach der Geburt unseres ersten Kindes habe ich meine leitende Tätigkeit im Qualitätsmanagement aufgegeben und bin 2010 in Teilzeit in den Betrieb mit eingestiegen“, berichtet Sonja Banic von den Anfängen des Unternehmens. Ab 2010 begann der Betrieb schließlich zu wachsen. „Das war eine bewusste Entscheidung. Wir mussten unseren Kundenkreis erweitern, um Mitarbeiter einstellen zu können, damit mein Mann entlastet wird.“ Sonja Banic kümmerte sich um die Kundenakquise, strukturierte die Arbeit im Büro und legte anfangs sogar selbst mit Hand an. „Ich habe eine Weiterbildung zur Dellentechnikerin absolviert“, erzählt sie gegenüber schaden.news. ## „Müssen Mitarbeitern beste Bedingungen bieten, um mit Industrie mitzuhalten“ Die Auftragslage verbesserte sich stetig und bald war klar: Es braucht mehr Platz. 2018 begann der Neubau des Lackierzentrums Niedernhall, der 2019 in Betrieb genommen wurde. „Mit Beginn der Planung bin ich voll in das Geschäft mit eingestiegen. Denn es war klar: Mit dem Neubau müssen wir Strukturen und Prozesse auf den Kopf stellen, um optimale Arbeitsbedingungen für unser Team zu schaffen. Denn wir sitzen in direkter Nachbarschaft zu vielen Weltmarktführern aus der Industrie, das heißt, wir müssen – und wollen natürlich auch – unseren Mitarbeitern etwas bieten, wenn wir sie halten wollen“, betont die zweifache Mutter. Die Eheleute Banic haben deshalb unter anderem in modernste Technik und Ausrüstung investiert. Darüber hinaus ist Sonja Banic ein familiäres, vertrauensvolles, wertschätzendes und respektvolles Miteinander wichtig. „Denn wir sehen all unsere Partner und insbesondere unsere Mitarbeiter als Verbündete“, erklärt sie. ## Von der Quereinsteigerin zur Betriebsleiterin Mit dem Neubau wuchs auch das Team im administrativen Bereich durch Anna-Lena Waldmann. Auch sie ist Quereinsteigerin, kennt das Unfallschadengeschäft aber mittlerweile wie ihre Westentasche. „Während meines BWL-Studiums habe ich einen Aushilfsjob gesucht. Mein Lebensgefährte ist Karosseriebaumeister im Lackierzentrum und so ergab es sich, dass ich stundenweise im Büro mit ausgeholfen habe. Nach meinem Studienabschluss 2020 bin ich Vollzeit in den Betrieb eingestiegen“, erzählt sie. Heute kümmert sie sich als Betriebsleiterin unter anderem um die Schadenabwicklung und Kommunikation mit Steuerern und Versicherern, koordiniert die Auftragsplanung
und leitet die morgendlichen Besprechungen im Lackierzentrum. Probleme, weil sie nicht direkt aus dem Handwerk kommt oder eine Frau ist, gab es dabei nie. „Ich denke, dass Frauen manche Dinge organisatorischer und strukturierter angehen und das merken auch die Kollegen. Wir sind hier ein eingespieltes und harmonisches Team.“ ## Nächste Generation steht in den Startlöchern Aktuell erhält das Frauen-Duo noch Verstärkung von Schülerpraktikantin Salome. Die 15-Jährige absolviert in Niedernhall seit Mai 2022 ein schulbegleitendes Praktikum. Die Zeit in der Werkstatt sollte der Schülerin dabei zunächst Orientierung für die berufliche Zukunft bieten, doch inzwischen steht fest: Salome möchte Fahrzeuglackiererin werden. „Mir macht das viel Spaß. Ich darf hier spachteln, schleifen und durfte auch schon einen Kotflügel lackieren. Nach meinem Schulabschluss möchte ich nächstes Jahr die Ausbildung zur Fahrzeuglackiererin anfangen“, erzählt sie im Gespräch mit schaden.news. Die Chefin freut das natürlich. Sie weiß: „Oft liegt die erste Hürde bereits bei den Eltern, die das Handwerk als vermeintliche Männerdomäne als ungeeignet für ihre Tochter empfinden. Aber ich kann jungen Mädchen nur raten: Traut Euch, ihr könnt das! Macht ein Praktikum, wie Salome, und schnuppert einfach mal in die Werkstatt rein.“ ## Kooperationen und neue Standbeine Das gelte natürlich gleichermaßen auch für junge Männer. Der Familienbetrieb ist überzeugt, dass Handwerk im allgemeinen „rockt“. Daher war der Betrieb unter anderem Teil der Kampagne „Handwerk rockt“ von Werkstattausrüster Würth. Und auch sonst versucht die Geschäftsfrau über Kooperationen Kräfte zu bündeln und Synergien zu nutzen, wie sie abschließend erzählt: „Wir haben einiges in Planung und stellen uns der aktuellen Situation. Denn Veränderungen eröffnen neue Möglichkeiten.“
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