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2017-04-05T13:56:00+0000
# Richtig kalkulieren. Aber wie? Wo kommen die Daten für Kalkulationsprogramme her? Warum sind Kalkulationssysteme für Karosserie- und Lackierbetriebe überhaupt notwendig und wohin entwickeln sich die Systeme? Wie kalkuliert der Betrieb einen Unfallschaden, wenn der Automobilhersteller für ein neues Modell noch keine Daten zur Verfügung gestellt hat? Karosserie- und Lackierbetriebe, Schadensteuer, Werkstattausrüster und Verbände: Mehr als 700 Teilnehmer waren zu den Karosserie- und Schadenstagen nach Würzburg gekommen. Der Schwerpunkt der Fachvorträge lag auf Kalkulationsdaten und -systemen, mit denen Betriebe Unfallschäden kalkulieren. Die Kommunikationspausen nutzten die Kongressteilnehmer für intensive Gespräche mit Ausrüstern und zum Netzwerken untereinander. ## Modellvielfalt wächst rasant „Beim VW Golf 1 war noch alles überschaubar. So brachte es der 1974er Kompaktwagen auf gerade Mal zwei Modellvarianten. Vom heutigen Golf VII sind 36 Ausführungen lieferbar“, beschreibt Jens Nietzschmann die Herausforderungen für Reparaturbetriebe. Dabei geht der DAT Geschäftsführer noch einen Schritt weiter und stellt unter anderem die Arbeitspositionen sowie die Zahl der Ersatzteile nebeneinander. „Der erste Golf umfasste 2.006 Arbeitspositionen, beim aktuellen Modell sind es 5.356. Auch die Zahl der Ersatzteile hat sich mehr als verdreifacht. Waren es beim 1974er Golf noch 2.037, sind es beim Golf VII 6.620.“ Um einen Unfallschaden bei der Vielfalt an Modellvarianten zuverlässig kalkulieren zu können, sind für Karosserie- und Lackierbetriebe deshalb aktuelle Daten entscheidend.
Diese liefern Automobilhersteller unter anderem an Audatex / AUTOonline oder DAT. „Die Aufgabe der DAT ist es, diese Daten zu konsolidieren, zu strukturieren und zu ergänzen“, erklärt Nietzschmann. ## Keine Daten, was nun? Gibt es keine Fahrzeugdaten, greifen die Datenanbieter auf vorläufige Daten des Vorgängermodells zurück. Damit können die Karosserie- und Lackierbetriebe erst einmal arbeiten. Dies funktioniert jedoch nur, wenn die Baureihe des Fahrzeugs bereits existiert. Als 2008 der neue VW Passat CC startete, war das anders, denn das Coupé hatte kein Vorgängermodell. Die Datendienstleister – aber auch die K&L-Betriebe – mussten auf Daten von Volkswagen warten. „Um einen Unfallschaden an einem Fahrzeug auch ohne verfügbare Kalkulationsdaten korrekt kalkulieren zu können, sollten Karosserie- und Lackierbetriebe einen Sachverständigen hinzuzuziehen oder ihren Ansprechpartner bei der DAT konsultieren“, rät Jens Nietzschmann. ## Erfolgreiches Instrument gegen Rechnungskürzungen Nach etwa einem Jahr mit dem Service ‚Dienstleistung für Betriebe‘ DfB zog Peter Börner, ZKF Präsident, in Würzburg eine positive Bilanz. Hiernach wurden mehr als 250 Fälle bearbeitet und abgeschlossen sowie über 70 Klagen gegen Versicherungen eingereicht. „Es ist unerheblich, ob es um 3,50 Euro oder 500 Euro ging. Bei allen von uns bearbeiteten Fällen wurden die Kürzungen erfolgreich zurückgewiesen. Auf ein Gerichtsverfahren hat sich bis heute keiner der Versicherer eingelassen“, unterstreicht Peter Börner und ergänzt: „Auffällig ist, dass Kürzungen meist bei den Kleinteilen vorgenommen werden.“
Neben DfB stellte der Präsident die Mehrmarkendiagnose mit EuroDFT und die Wissensdatenbank repair-pedia vor. „Als ‚Google‘ für die Werkstatt vereinen wir in der Datenbank repair.pedia alle für die Reparatur eines Unfallschadens notwendigen Daten an einem Ort. Neben Reparaturhinweisen finden Betriebe rechtliche Informationen sowie Studien und Arbeitswerte von IFL, KTI, AZT und ZKF.“ ## IFL schafft sichere Kalkulationsgrundlage Weitere wichtige Informationen für die Kalkulation eines Unfallschadens liefert die Liste frei wählbarer Arbeitspositionen der IFL. Die Liste enthält wichtige Positionen für eine vollständige Kalkulation, die von den Herstellern meist nicht geliefert werden, wie z.B. das Fehlerauslesen vor Instandsetzung, oder zum Umgang mit dem neuen Kältemittel R1234yf“, erklärte Michael Zierau vom ZKF. Die Liste umfasst derzeit 70 Positionen und ist bereits im Kalkulationssystem der DAT vollständig integriert.“ ## Vor der Reparatur: Worauf beim Kostenvoranschlag geachtet werden sollte. Betriebe können einen verbindlichen oder einen unverbindlichen Kostenvoranschlag erstellen. „Wichtig ist dabei, dass auf dem Auftrag die Art des Kostenvoranschlags angegeben wird“, erklärt Ulrich Dilchert vom ZDK. Unabhängig davon ist ein Kostenvoranschlag generell kostenlos. Soll er vergütet werden, ist dies gesondert zu vereinbaren. Darüber hinaus rät der Experte K&L-Betrieben zur Erstellung eines unverbindlichen
Kostenvoranschlages, da eine Überschreitung der Reparaturkosten um zehn bis 20 Prozent vom Kunden zu akzeptieren ist. Anders beim verbindlichen Kostenvoranschlag. Die hier angegebenen Beträge sind fix und dürfen nicht überschritten werden. Bestandteil eines Kostenvoranschlages sind: Art und Umfang der Arbeiten, die notwendige Arbeitszeit (AW oder Stundenverrechnungssatz), benötigtes Material und Materialkosten, Umsatzsteuer (bei Privatkunden) und der Zeitraum, in dem sich der Unternehmer an den Kostenvorschlag gebunden fühlt. ## Exakt kalkulieren, Fehler vermeiden. Wie geht das? An einer Unfallschadenreparatur sind immer mehrere Parteien beteiligt. Umso wichtiger ist, dass die Kommunikation zwischen allen Beteiligten reibungslos funktioniert. Dabei ist der K&L-Betrieb das Zentrum des Geschehens. Hier laufen alle Kommunikationswege zwischen Abschleppdienst, Versicherer, Sachverständigen, Anwalt und Flottenbetreiber sowie Hersteller oder Autohaus zusammen. „Kalkulationssysteme sind nur ein Teil innerhalb des hochkomplexen Schadenmanagement-Prozesses. Erst die Verknüpfung von Einzelsystemen und manuellen Prozessen innerhalb einer Softwarelösung gewährleistet einen effizienten und fehlerfreien Ablauf des gesamten Reparaturprozesses – von der Kalkulation über die Reparaturfreigabe bis hin zur Übergabe des Fahrzeugs an den Kunden“, ist sich Jens Nietzschmann sicher und fügt hinzu: „Das erwarten K&L-Betriebe von Schadenmanagement-Systemen.“
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