2016-11-10T08:49:34+0000
# Was denken die Kfz-Versicherer? Allianz, HUK-COBURG, AXA, Talanx oder Generali, die Liste der Teilnehmer beim Business Forum 21 liest sich wie das Who-is-Who der deutschen Versicherungswirtschaft. In Köln diskutierten aber nicht nur die Schadenchefs, sondern auch Vertreter des Service Partner Netzwerks, von BVdP und ZKF sowie der Zentralverband des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK). ## Gebrauchtwagenverkauf anstatt Reparatur von Totalschäden? „Noch nie war der Schadenmarkt so stark in Bewegung wie in diesem Jahr“, erklärten Teilnehmer übereinstimmend am Rand der Veranstaltung. Klaus-Jürgen Heitmann (Mitglied des Vorstandes HUK-COBURG) stellte die Strategie des policenstärksten deutschen Versicherers vor. Die Pläne sind bekannt: Ausbau des Autoservice, stärkere Präsenz im Markt durch Signalisierung der Partnerwerkstätten und der Gebrauchtwagenverkauf sollen die Position des Kfz-Versicherers absichern. Viele Assekuranzen suchen derzeit nach Wegen, um sich im zunehmenden Wettbewerb auch gegenüber den Automobilherstellern zu positionieren. Bemerkenswert bei der HUK-COBURG war ein Nebensatz von Klaus-Jürgen Heitmann: „Sicher werden wir mit dem Gebrauchtwagenangebot unseren Versicherten auch einen adäquaten Ersatz beim Totalschaden anbieten.“ Für die Werkstätten könnte dies in Zukunft bedeuten, dass der Versicherer in Grenzfällen kein Interesse mehr an einer Reparatur, sondern eher amVerkauf eines Gebrauchtwagens hat.
## Der Kampf um die Schnittstelle im Auto Deutliche Worte zum Wettbewerb mit den Automobilherstellern fand ZDK-Geschäftsführer Neofitos Arathymos, einer der Experten in Sachen Telematik. „Das Smartphone wird in den nächsten Jahren stärker denn je im Auto integriert werden und dazu beitragen, Daten über das Verhalten von Autofahrern zu sammeln und entsprechende Services des Automobilherstellers anzubieten.“ Dazu zählen laut dem ZDK-Geschäftsführer auch Service, Wartung und Reparatur. Er fragte die Versicherer: „Wer wird denn in Zukunft der erste Ansprechpartner für den Autofahrer sein?“ Bis 2020 rechnet Neofitos Arathymos damit, dass der Fahrzeughersteller der erste Kontakt des Autofahrers bei Wartung und Reparatur sein wird – bisher ist dies der Kfz-Betrieb. Aus seiner Sicht greifen die Initiativen der Versicherungswirtschaft zu kurz. „Mit einem OBD-Adapter können Sie zwar Daten aus dem Fahrzeug auslesen, das Schreiben in das Kraftfahrzeug ist nicht möglich. Kfz-Betriebe benötigen aber beides.“ ## Mercedes-Benz will nicht ins Schadengeschäft einsteigen Als Vertreter der Automobilhersteller betrat Michael Hoffmann (CEO Mercedes-Benz Versicherungs AG) die Bühne beim Business Forum 21. Er stellte die neue Garantieversicherung der Stuttgarter vor. Der Hersteller zielt damit auf eine höhere Kundenbindung bei Gebrauchtwagenkäufern ab. Zwar dementierte Michael Hoffmann, dass Mercedes-Benz auch in das Schadengeschäft einsteigen will. Dennoch erklärte er: „Die Schadendaten eines Fahrzeugs sind das Kernstück eines jeden Automobilherstellers.“ Es bestünden ganz andere Möglichkeiten, wenn man von einem Fahrzeug über die Schadendaten des gesamten Lebenszyklus verfüge.
## SPN: „Ein Drittel der Kunden wollen online Terminvereinbarung“ „Die Serviceerwartungen der Autofahrer sind hoch und werden weiter steigen“, erklärte Michael Schmidmeister (Geschäftsführer der SPN Service Partner Netzwerk GmbH). Künftig würden Werkstattkunden einen noch schnelleren Service verlangen. „Deshalb rechnen wir mit einer zunehmenden Digitalisierung von Prozessen und Dienstleistungen.“ Konkret nannte der Hauptabteilungsleiter des SPN bei der Versicherungskammer Bayern: App-basierte Schadenmeldungen, Werkstattvermittlungen, Terminierung, Reparaturstatus- und Rechnungsinformationen sowie Zufriedenheitsbewertungen. „Darüber hinaus sehen wir einen Trend in Richtung Übermittlung strukturierter Daten entlang des kompletten Vermittlungsprozesses inklusive Rechnungsabwicklung.“ Weitere Schritte der Digitalisierung könnten aus Sicht des SPN die „Real-time-Vorprüfung von Kostenvoranschlägen und Rechnungen vor Versand an den Versicherer oder Steuerer“ sein. Auch die Live-Erstellung von Gutachten und Kostenvoranschlägen seien denkbar. Angesprochen auf ein mögliches Angebot von SPN im Bereich Autoservice reagiert Michael Schmidmeister zurückhaltend. ## Neue Anforderungen gehen an die Existenz der Betriebe Die Interessen der Werkstätten wurden in Köln vom ZKF-Hauptgeschäftsführer Dr. Klaus Weichtmann und BVdP-Geschäftsführer Robert Paintinger vertreten. Beide warnten davor, dass die zahlreichen Anforderungen der Versicherungswirtschaft langsam aber sicher die Existenz von Betrieben bedrohen: „Karosserie- und Lackierbetriebe sehen sich mit ständig wechselnden Prozessen verschiedenster Versicherer konfrontiert. Das zehrt nicht nur an den Nerven, sondern kostet Zeit und Geld“, betonte Robert Paintinger.
An Michael Schmidmeister richtete er die Frage: „Wer soll die Digitalisierung der Prozesse eigentlich bezahlen?“ Darüber hinaus kritisierte der BVdP-Geschäftsführer, dass im Zuge der Diskussion um den HUK-Autoservice und der Signalisation der Partnerwerkstätten klar geworden wäre, dass im Wettbewerb zueinander stehende Versicherer und Schadenmanager ihre Unfallschäden nicht mehr in von HUK-COBURG gebrandeten Betrieben lenken wollen. „Das können wir nicht akzeptieren.“ Dr. Klaus Weichtmann forderte von den Versicherern einen fairen Wettbewerb. „Was wir heute erleben, ist eher ein Missbrauch von Marktmacht“, erklärte der ZKF-Hauptgeschäftsführer. Darüber hinaus warnte er: Vorsicht bei Mechanik. Der Einstieg in den Autoservice sei für K&L-Betriebe mit großen Herausforderungen verbunden. „Wir raten den Werkstätten, in diese Entscheidung nicht blind hineinzulaufen.“
Lesens Wert

Mehr zum Thema