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2025-08-06T10:41:39+0000

Elektromobilität: Autofahrer steigen verstärkt auf Stromer um – kommt jetzt die Trendwende?

Private Autofahrer entscheiden sich nach langer Zurückhaltung wieder vermehrt für Elektroautos. Das ist ein Ergebnis des HUK-E-Barometers, das sich aus Daten des Bestands des Kfz-Versicherers speist. Demnach stiegen im zweiten Quartal 2025 rund ein Drittel mehr beim Fahrzeugwechsel von einem Verbrenner auf ein reines E-Auto um als im Quartal zuvor. Insgesamt waren es bundesweit 5,5 Prozent aller Fahrzeugwechsel (4,1% in Q1 2025). Einen Wert in ähnlicher Höhe gab es zuletzt Ende 2023, also vor dem Wegfall der staatlichen Kaufprämie. Und auch der Gesamtbestand an privaten E-Autos hat im zweiten Quartal 2025 spürbar angezogen auf 3,2 Prozent. Die Dynamik der Bestandszunahme ist damit ebenfalls die höchste seit mehr als einem Jahr. Parallel zur Bestandsdatenauswertung erfragt die HUK-COBURG jedes Quartal bundesweit und repräsentativ bei Autofahrern die Einstellungen zu Elektroautos. Und auch hier deutet sich ein Umschwung an. So erklärt jetzt erstmals mit 48 Prozent eine relative Mehrheit der Deutschen ab 16 Jahren, dass sie E-Autos „sehr gut“ oder „gut“ findet, 45 Prozent der Befragten finden sie „weniger“ oder „gar nicht gut“. Anfang 2024 waren dagegen erst 37 Prozent positiv eingestellt und noch 52 Prozent negativ. Dr. Jörg Rheinländer, Vorstandsmitglied der HUK-COBURG,erklärt: „Ob der Umstieg zur E-Mobilität in Deutschland gelingt, entscheidet sich im privaten Automarkt, denn er umfasst gut 90 Prozent des Gesamtmarktes. Deshalb sind die neuen Trendsignale wichtiger als etwa Neuzulassungszahlen bei gewerblich genutzten Pkw, die nur etwa zehn Prozent ausmachen.“ ## Baden-Württemberg fällt ab, Norddeutschland steigt auf Beim verstärkten Privatinteresse an Elektroautos fahren im abgelaufenen Quartal vor allem zwei Bundesländer vorneweg. In Schleswig-Holstein und Niedersachsen haben die Quoten an E-Autos gemessen am dortigen gesamten Autobestand am kräftigsten zugenommen. Bayern und Rheinland-Pfalz folgen dahinter schon mit etwas Abstand. Die rote Laterne behalten die ostdeutschen Bundesländer Sachsen und Sachsen-Anhalt wie bereits im gesamten Jahresverlauf 2025. Überraschend schwächelt aber das Autoland Baden-Württemberg. Beim Elektro-Anteil am Privatbestand steht es nun erstmals seit fünf Jahren – dem Beginn der HUK-Auswertung 2020 – nicht mehr unter den Top-3-Ländern. Begonnen hat dieser Abstieg Mitte 2022. Damals hatte das Ländle im Bundesländer-Vergleich noch die höchste Bestandsquote an Elektroautos, bevor es in dieser Kategorie zunächst hinter Bayern zurückfiel und inzwischen auch Niedersachsen und Schleswig-Holstein vorbeiziehen lassen muss. Noch deutlicher hinkt Baden-Württemberg bei den Umstiegen auf reine Elektroantriebe bei Fahrzeugwechseln hinterher. Im zweiten Quartal 2025 stiegen in Niedersachsen (6,6%), Bayern (6,4%) und Hessen (5,9%) die meisten Privatleute von einem Verbrenner- auf einen Elektromotor um. Für die Autofahrer im Südwesten hingegen liegt dieser Wert
mit nur 4,9 Prozent sogar noch unter dem Bundesschnitt von 5,5 Prozent. ## Jüngere und Männer sind die größten E-Auto-Fans Nicht nur regional sind die Unterschiede in Sachen Elektromobilität groß. Auch zwischen Älteren und Jüngeren gehen die Einstellungen hierzu deutlich auseinander – und diese Schere öffnet sich weiter. So bewerten aktuell 65 Prozent der unter 40-Jährigen Elektroautos als „sehr gut“ oder „gut“. Anfang 2024 waren es 49 Prozent. Bei den ab 40-Jährigen ist die Zustimmung dagegen weit geringer (39 %) und die Steigerung gegenüber Anfang 2024 (31%) auch nur halb so hoch. Männer zeigen sich gegenüber Frauen dabei grundsätzlich deutlich positiver gegenüber E-Autos (55 % zu 41 %). Extrem unterschiedlich sind daher etwa Einstellungen bei Männern unter 40 Jahren gegenüber Frauen ab 40 Jahren. Hier liegen die Quoten um mehr als das Doppelte auseinander (73 % zu 34 %). Noch größer sind die Unterschiede bei der Kaufabsicht. So erklären nur zehn Prozent der Frauen ab 40 Jahren, sich "künftig grundsätzlich nur noch ein reines Elektroauto" anschaffen zu wollen. Bei Männern unter 40 Jahren ist die Quote mit 31 Prozent hingegen sogar dreifach höher. ## Reichweite schreckt Vielfahrer offenbar nicht Auch Vielfahrer finden offenbar wachsendes Gefallen an E-Mobilität. Wer mehr als 20.000 Kilometer im Jahr unterwegs ist, bewertet E-Autos aktuell zu 54 Prozent positiv („sehr gut“ oder „gut“). Anfang 2024 waren es mit 29 Prozent fast die Hälfte weniger. Tatsächlich ziehen auch die Anschaffungen von E-Autos bei denen an, die vergleichsweise viel fahren. Wer etwa mehr als 12.000 Kilometer im Jahr unterwegs ist, stieg im zweiten Quartal 2025 bei Fahrzeugwechseln zu 6,1 Prozent auf Elektroantriebe um. Diese Umstiegsquote liegt damit um ein Drittel höher als bei Fahrern mit einer Jahresleistung bis 6.000 Kilometern (4,2 %). Und eine weitere Messung im zweiten Quartal 2025 ergibt: 80 Prozent derjenigen, die bislang schon ein E-Auto haben und mehr als 12.000 Kilometer im Jahr fahren, wählen beim Fahrzeugwechsel erneut ein reines E-Auto. Ihre Erfahrungen auf längeren Strecken mit Reichweite und Lademöglichkeiten sind also offenbar nicht so schlecht. ## Gebrauchte E-Autos als Game Changer? Vermehrte Wechsel zum E-Auto in der privaten Bevölkerung könnten auch durch politische Weichenstellungen befördert werden. So plädiert laut HUK-E-Barometer eine deutliche Mehrheit von 60 Prozent der Deutschen ab 16 Jahren dafür, dass auch gebrauchte E-Autos bei einer staatlichen Förderung berücksichtigt werden. Sogar jeder Dritte aus dieser Gruppe erklärt, dass dann für ihn persönlich die Anschaffung eines Elektroautos wahrscheinlicher wird. Dr. Rheinländer: „Käufe von Gebrauchtwagen sind um ein Vielfaches häufiger als Zulassungen neuer Fahrzeuge im deutschen Automarkt. Je mehr Elektroautos im Gebrauchtwagenmarkt daher eine Rolle spielen, desto stärker werden die Effekte sein –besonders für das Klima." Der langsame Umschwung bei gebrauchten E-Fahrzeugen lässt sich auch [in den Ergebnissen des DAT-Report 2025](https://schaden.news/de/article/link/44370/dat-report-2025-in-berlin-vorgestellt) erkennen: Die Befragungen zeigten, dass sich die Einstellung zu gebrauchten BEV zum Positiven ändert, wenn man die Teilgruppe der Gebrauchtwagenkäufer betrachtet, die bereits Erfahrung mit einem E-Auto gemacht haben, beispielsweise indem sie schon einmal selbst damit gefahren sind. Unter ihnen könnten sich nämlich mehr als zwei Drittel (35%) ein gebrauchtes BEV vorstellen. E-Erfahrene stehen gebrauchten E-Autos damit deutlich positiver gegenüber als durchschnittliche Pkw-Halter. Eine lebenslange Batterigarantie, ein Batteriezertifikat oder die kostenlose Bereitstellung von Wallboxen könnten laut der Befragungen aus dem DAT-Report wichtige Kaufanreize für gebrauchte E-Fahrzeuge sein.
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