Rechtstipp: Diese Regeln gelten beim Folieren

_Im Gastbeitrag erklärt Rechtsanwalt Wolf-Henning Hammer von der Kanzlei Voigt, was beim Folieren von Fahrzeugen zu beachten ist. _ „Auch für Folierungen gilt § 30 StVZO. Demnach müssen folierte Fahrzeuge so beschaffen sein, dass bei der Teilnahme am Straßenverkehr niemand geschädigt oder mehr als unvermeidbar gefährdet, behindert oder belästigt wird. So dürfen z.B. weder Spiegel noch Kennzeichen foliert noch andere Verkehrsteilnehmer durch folienbedingte Reflexionen geblendet werden. Mit der einwandfreien Montage der Folie allein ist es also nicht getan. Denn auch die schönste Folie bringt Probleme mit sich, wenn sie z.B. nicht zugelassen ist oder aus anderen Gründen dazu führt, dass das Fahrzeug nach der Montage nicht mehr vorschriftsmäßig im Sinne der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) oder der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) ist. Bekommt die Zulassungsbehörde davon Wind und ist sie der Auffassung, dass das Fahrzeug nicht (mehr) vorschriftsmäßig ist, kann ein Schreiben nach § 5 Abs. 1 FZV folgen. Die Freude ist dann schnell getrübt oder gar verflogen. Denn die Behörde wird entweder eine angemessene Frist zur Beseitigung der Mängel setzen, den Betrieb auf öffentlichen Straßen einschränken oder im schlimmsten Fall sogar ganz untersagen (vgl. VG Göttingen, Urteil vom 30.09.2009, Az. 1 A 322/07). Doch Angstmache zählt nicht. So hat das OLG Koblenz in einem Beschluss vom 10.10.2019, Az. 3 OWi 6 SsRs 299/19 - unter Bezugnahme auf die Göttinger Entscheidung und die amtliche Begründung zu § 19 StVZO - klargestellt, dass ein gewisser Grad an Wahrscheinlichkeit erforderlich ist. „Die bloße Möglichkeit einer Gefährdung ist zu weitgehend, die Gefährdung muss schon etwas konkreter zu erwarten sein...“ (VKBl 94, 149). Die Entscheidung des AG Worms vom 23.05.2019, Az. 3200 Js 34878/18, wonach die fehlende Bauartgenehmigung der Folie grundsätzlich zum Erlöschen der Betriebserlaubnis des Fahrzeugs führt, ist damit hinfällig. Betrifft eine Änderung nur die vorgeschriebene Beschaffenheit des Fahrzeugs, tritt die einschneidende Folge des Erlöschens der Betriebserlaubnis nicht ein. In diesem Fall ist der Halter lediglich nach § 31 Abs. 2 StVZO verpflichtet, den vorschriftsmäßigen Zustand wiederherzustellen. ## Blender sind unerwünscht! Sowohl die Wahl der Folie als auch die Ausführung der Folierung sollten daher im Vorfeld gut überlegt und am besten mit einem erfahrenen Folierer besprochen werden. Denn wer auffallen oder über Gebühr glänzen will, muss damit rechnen, schneller als ihm lieb ist als Blender aus dem Verkehr gezogen zu werden. Zumindest dann, wenn die Folie stärker reflektiert als eine handelsübliche Lackierung. Wer auf Nummer Sicher gehen will, sollte also nicht einfach draufloskleben, sondern im Zweifelsfall vorher einen Sachverständigen hinzuziehen und gegebenenfalls nach der Folierung eine Einzelabnahme durchführen lassen. Von Vollfolierungen mit Chrom- oder anderen Hochglanzfolien, die z.B. Sonnenlicht so stark reflektieren, dass andere Verkehrsteilnehmer geblendet werden oder bei denen die Reflexionen andere Verkehrsteilnehmer irritieren können, sollte daher abgesehen werden. ## Was gilt für Farben und Muster? Reflektierende Folien in Neon-, Signal- oder Warnfarben sollten ohnehin nicht verwendet
werden. Sie gelten als lichttechnische Einrichtungen gemäß § 49 a Abs. 7 StVZO und unterliegen besonderen Bestimmungen. Von der Verwendung fluoreszierender Folien, so schön sie auch aussehen mögen, sollte daher grundsätzlich abgesehen werden. Wer auf eine Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 StVZO von den §§ 49a, 52, 55 StVZO hofft, sollte diesen Gedanken schnell ad acta legen. Denn abgesehen davon, dass selbst die Feuerwehr oder der Katastrophenschutz keinen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung haben, wird eine Privatperson diese regelmäßig auch dann nicht erhalten, wenn die Anforderungen der DIN 14502-3 bzw. der ECE-R 48 erfüllt sind. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Regelungen in den einzelnen Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland unterschiedlich gehandhabt werden. Problematisch ist übrigens auch die Verwendung von lichtabsorbierenden Lacken (z.B. „Vantablack“). Wer Behördenfahrzeuge mag, darf sein Auto zwar im Stil z.B. eines Polizei- oder Feuerwehrfahrzeugs gestalten. Für die Farben gilt das oben Gesagte, und bei der Beschriftung darf keine Verwechslungsgefahr mit den genannten Fahrzeugen bestehen. Das Wort „Polizei“ oder Farben, die Behörden vorbehalten sind, sind dagegen tabu. Wer in Deutschland „Polizei“ auf sein Auto schreibt, dürfte damit keine Probleme bekommen. Von einem Wochenendtrip in die Schweiz oder gar einem Ausflug nach Großbritannien sollte man mit einer solchen Aufschrift aber besser absehen. ## Nicht jede Folie ist erlaubt! Da nicht jede Folie für die Beklebung von Fahrzeugen zugelassen ist, auf das Vorhandensein einer ABG-Nummer (Bauartgenehmigung für Fahrzeugteile) zu achten (§ 22a Abs. 1 Nr. 3 StVZO). In jedem Fall ist eine Kopie der ABG mitzuführen und bei einer Kontrolle auf Verlangen vorzuzeigen (§ 19 Abs. 4 StVZO). Die Genehmigung kann nach § 1 Abs. 1 der Fahrzeugteileverordnung für die Bauart eines Typs (Allgemeine Bauartgenehmigung - ABG) oder für ein einzelnes Fahrzeugteil (Bauartgenehmigung im Einzelfall - Einzelgenehmigung) erteilt werden (s.o.). Fehlt sie, kann dies zum Erlöschen der Betriebserlaubnis für das gesamte Fahrzeug führen. Entscheidend sind jedoch die Umstände des Einzelfalls (AG Eggenfelden, Beschluss vom 22. März 2006, Az. 23 OWi 23 Js 4243/06).   ## Ohne Durchblick geht nix! Doch selbst wenn die verwendete Folie über eine Zulassung verfügt, droht Ärger, wenn sie zu großflächig oder an den „falschen“ Bauteilen angebracht wird. Denn was für Kotflügel oder Türen erlaubt ist, muss für Scheiben noch lange nicht gelten. So müssen Scheiben, die für die Sicht des Fahrers wichtig sind, klar und lichtdurchlässig sein. Das bedeutet unter anderem, dass die Sicht nicht verzerrt werden darf (§ 40 Abs. 1 StVZO). Für die Windschutzscheibe und die vorderen Seitenscheiben ist daher leicht nachvollziehbar, dass hier auf großflächige Folierungen verzichtet werden sollte. Anders sieht es bei den Seitenscheiben ab der B-Säule oder der Heckscheibe aus. Aber auch hier ist nicht alles erlaubt. So darf die Folie nicht am Rand der Seitenscheibe befestigt oder verklebt werden. Wer einen schmalen Rand frei lässt, ist auf der sicheren Seite. Bei einer folierten Heckscheibe sollte zudem ein zweiter Außenspiegel vorhanden sein, damit ausreichend „Rücksicht“ genommen wird.
Will eine Behörde die Scheibenfolie beanstanden, muss sie Feststellungen zur Lichtdurchlässigkeit und Größe der angebrachten Folie treffen sowie eine Abwägung vornehmen, ob sich aus der Folie eine abstrakte Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ergibt (OLG Koblenz, s.o.). ## Anbringen von Blendschutzstreifen / Bekleben der Windschutzscheibe Um ein ausreichendes Sichtfeld für den Fahrer zu gewährleisten, dürfen Blendschutzstreifen auf Windschutzscheiben nicht breiter als 10 cm sein (§ 35b Abs. 2 StVZO). Außerdem darf die abgedeckte Fläche nicht größer als 0,1 m² sein. Da dies für alle Beklebungen gilt und nicht mehr als 1/4 der Fläche beklebt werden darf, ist darauf zu achten, dass noch genügend Platz für Vignetten etc. bleibt. Abgelaufene Vignetten oder sonstige Aufkleber, die die Fläche verkleinern, müssen im Zweifelsfall entfernt werden. ## Was ist mit der Sensortechnik? Was für die Scheiben gilt, gilt auch für andere Bauteile. Der „Durchblick“ darf nicht behindert werden. Gemeint sind Sensoren, die sichtbar oder verdeckt an oder hinter Fahrzeugteilen montiert sind. Dass optische Sensoren bei der Folierung nicht abgedeckt werden dürfen, leuchtet ein. Aber wie sieht es bei Radar- oder Ultraschallsensoren aus? Die Folierung von Ultraschallsensoren kommt letztlich einer Beschichtung gleich und die damit verbundene - je nach Folie unterschiedliche - Veränderung des Schwingungsverhaltens kann zu Fehlfunktionen führen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Foliendicke zu einer „Überbeschichtung“ führt. Gleiches gilt für Radarsensoren. Folienabhängig können die elektromagnetischen Wellen abgelenkt oder gedämpft werden. Um die Funktion von Assistenzsystemen und damit die Verkehrssicherheit nicht zu beeinträchtigen, verbieten Hersteller z. B. das Anbringen von Aufklebern im Durchstrahlungsbereich der Sensoren. Dabei spielt es keine Rolle, wo die Sensoren eingebaut sind. Gefahr droht den Sensoren aber auch von ganz anderer Seite. Denn bei einer Temperatur von 85 Grad Celsius quittieren sie ihren Dienst. Wer hier nicht aufgepasst bringt die Folie zwar vielleicht gut auf. Gleichzeitig zerstört er aber auch den Sensor. Gute Folierer dürften mit der Hitze kaum Probleme haben. An hitzebedingten Schäden des Sensors können aber auch sie nichts ändern. Aber egal wie. Wer auf der sicheren Seite sein will, sollte den Durchstrahlungsbereich von Radarsensoren möglichst aussparen. Besteht der Kunde dennoch darauf, sollte er ausführlich über die drohende Fehlfunktion der Sensoren informiert und darauf hingewiesen werden, dass die Haftung für Fehlfunktionen aufgrund der Folie ausgeschlossen ist. Sicherheitshalber sollte sich der Kunde dies schriftlich bestätigen lassen. ## Schlussbemerkung Die Ausführungen zeigen: Eine Folierung muss nicht nur gut ausgeführt, sondern auch gut geplant werden! Wer einfach drauflosklebt, riskiert nicht nur Blasen unter der Folie, sondern auch rechtliche Probleme! Das AG Siegen hat übrigens in einem Urteil vom 08.02.2012 - 431 OWi 35 Js 2392/11 - 876/11 darauf hingewiesen, dass auch die Hinzuziehung von Fachleuten bei Veränderungen am Fahrzeug oder die Durchführung der Hauptuntersuchung ohne konkrete Prüfung der Zulässigkeit der vorhandenen Veränderungen die Haftung des Fahrzeugführers und -halters wegen eines unvermeidbaren Verbotsirrtums ohne eigene hinreichende Prüfung der Zulässigkeit nicht generell ausschließt. Und nur weil eine unzulässige Folierung bei der Hauptuntersuchung nicht beanstandet wird, ist sie noch lange nicht vorschriftsmäßig!“ _Wolf-Henning Hammer, Kanzlei Voigt_
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