2025-02-12T11:46:28+0000

Gebrauchtteile: Allianz rechnet mit Kostensenkung und antwortet auf Verbandskritik

Der Versicherungskonzern aus München reagiert relativ selten auf öffentliche Kritik und nimmt nur gelegentlich offiziell Stellung zu aktuellen Diskussionen im Unfallreparaturmarkt. Ganz anders fällt die Reaktion beim Thema „Einsatz von Gebrauchtteilen in der Unfallinstandsetzung“ aus. Denn Anfang Februar veröffentlicht die Allianz ein Statement zur[ 8-Punkte Kritik von ZKF und EUROGARANT](https://www.schaden.news/de/article/link/44353/gebrauchte-ersatzteile-zkf-warnt-betriebe-vor-negativen-auswirkungen). Der Verband hatte die Betriebe vor der Gebrauchtteilreparatur gewarnt. Zudem äußert sich der Vorstandsvorsitzende Frank Sommerfeld seit Monaten immer wieder persönlich zu CO2-Reduzierung und Kosteneinsparungen. ## Vorstandschef sieht „hohes Einsparpotenzial“ Grundsätzlich geht der Spitzenmann der Allianz davon aus, dass der „Gebrauchtteilmarkt funktioniert“ und sieht ein „hohes Einsparpotenzial durch Verwendung aufbereiteter Ersatzteile“. In einer auf der Social Media Plattform „Linked In“ verbreiteten Grafik der Allianz wird anhand des Komponententausches einer Fahrertür (Golf VII) durch ein „aufbereitetes Original-Ersatzteil“ im Vergleich zum OE-Teil ein Kostenvorteil von 7,3 Prozent errechnet. Der Vorstandsvorsitzende stellt dazu fest: „Wöchentlich werden bereits 3.000 Ersatzeile von Recyclern gewonnen und für Reparaturen bereitgestellt.“ Die Bewertung von Branchenverbänden fällt jedoch deutlich nüchterner aus. [Im Interview mit schaden.news bemerkt der Bundesverband der Partnerwerkstätten, dass die Reparatur mit gebrauchten Ersatzteilen bisher „keine Marktrelevanz“ hat](https://schaden.news/de/article/link/44394/interview-bvdp-zu-reparatur-mit-gebrauchtteilen). ## Neue Merkblätter der Deutschen Kommission Auf die Kritik des Zentralverbandes Karosserie- und Fahrzeugtechnik (ZKF) und der EUROGARANT AutoService AG geht die Allianz in ihrem Statement sehr ausführlich ein. Es gibt Richtigstellungen aus Sicht der Allianz, es gibt aber offenbar auch Gemeinsamkeiten. So heißt es in dem in dem Papier: Es bestehe zwischen den Verbänden und der Versicherungsbranche absolute Einigkeit, dass es technisch und fachlich keine fundierte Kritik an der Verwendung von Gebrauchtteilen bei Leasingrückgaben gebe, wenn die Werkstatt unter Berücksichtigung der Fahrzeughersteller-Reparaturinformationen und gemäß dem allgemein anerkannten Stand der Technik arbeitet. Dann folgt ein Lösungsvorschlag der Allianz: „Um hier den Werkstätten Argumentationshilfen an die Hand zu geben, arbeiten wir seitens AZT derzeit intensiv – u. a. zusammen mit den Verbänden ZKF & BFL – an zwei Merkblättern, die im Rahmen der Deutschen Kommission für Lack und Karosserieinstandsetzung im März verabschiedet und veröffentlicht werden sollen.“
## AZT arbeitet an „objektiver Kalkulation“ Die Allianz räumt in ihrer Stellungnahme aber auch ein: „Aktuell stecken wir in Deutschland bei der Wiederverwendung gebrauchter Ersatzteile noch in den Kinderschuhen.“ Der Markt entwickele sich jedoch dynamisch. Zudem macht der Kfz-Versicherer deutlich: „Schon seit Beginn der Diskussion um gebrauchte Ersatzteile war klar, dass die Kosten einer Reparatur mit einem gebrauchten Ersatzteil eine eigene Kalkulation erfordert und nicht 1:1 vergleichbar einer Reparatur mit einem Neuteil ist.“ Ziel sei es aus Sicht der Allianz „marktweit eine möglichst breit abgestimmte Lösung für die Kalkulation des Mehraufwandes“ zu erreichen. Das AZT arbeite aktuell daran, auf Grundlage einer Vielzahl von konkreten Reparaturabläufen eine objektive Kalkulation zu erstellen, die die Besonderheiten einer Reparatur mit gebrauchten Ersatzteilen von A bis Z erfasse. ## Keine konkreten Äußerungen zur Ersatzteilmarge Ein Signal setzen die Autoren Dominik Hertel (Schaden Allianz Versicherungs-AG) und AZT-Chef Christian Sahr in der Positionsbestimmung beim für die Werkstattwelt wichtigen Thema Ersatzteilmarge: „Den Werkstätten steht auch bei der Verwendung von gebrauchten Ersatzteilen eine angemessene Marge zu.“ Was allerdings aus Sicht der Allianz eine angemessene Marge bei der Verwendung von Gebrauchtteilen ist, bleibt offen. In der Stellungnahme heißt es lediglich: „Der Einsatz von gebrauchten Ersatzteilen soll einen hohen ökologischen Nutzen bringen. Gleichzeitig ist es das Ziel, bei keinem der Beteiligten finanzielle Nachteile zu verursachen. Im Gegenteil. Alle Beteiligten müssen hier zusammen eine Lösung finden, welche dann bestmöglicher Marktstandard wird. Blickt man auf die erfolgreichen Modelle im Ausland, so gibt es hierzu zahlreiche Ansatzpunkte.“ Der ZKF hatte in seinen Mindestanforderungen an die Kfz-Versicherer hingegen den Standpunkt vertreten: „Die wichtige Ersatzteilmarge für gebrauchte und Erstausrüsterersatzteile bei der Rendite muss vergleichbar bleiben, da bei Betrieben ansonsten Gewinnmargen sinken.“ ## Es geht um gebrauchte Original-Ersatzteile Auch spezifiziert die Allianz in dem Statement ihr Teilespektrum, was die Münchener bei der Gebrauchtteilereparatur im Blick haben. „In unserem Fokus stehen nur Originalteile (keine IAM-Teile), die nicht sicherheitsrelevant sind“, wird erklärt. Der Kfz-Versicherer führt detailliert weiter aus: „Im Wesentlichen sind das geschraubte Karosserieaußenteile sowie Spiegel, Scheinwerfer, Rückleuchten und die Kunststoff-Stoßfängerverkleidungen. Querträger, Felgen, Achsteile und andere sicherheitsrelevante Bauteile gehören nicht dazu; ebenso keine Kühler, Wasserpumpen, Abgasanlagen und elektronische Komponenten wie Kameras, Radarsensorik oder Steuergeräte.“ Die von ZKF und EUROGARANT aufgeführten Befürchtungen würden daher auf die für die Allianz im Fokus befindlichen Bauteile nicht zutreffen. Zudem stellen die Münchener noch einmal ausdrücklich klar: „Wir haben von Beginn an offen kommuniziert, welche Fahrzeugteile für die von uns angedachten Reparaturen Verwendung finden. Sicherheitsrelevante Teile haben wir von Beginn an ausgeschlossen.“ Für die Allianz geht es laut eigener Aussage um Fahrzeuge im Altersbereich von drei bis acht Jahren.
## Was ist mit Garantieversprechen? Grundsätzlich sei das Ziel bei der Wiederverwendung von Gebrauchtteilen, dass Teile verwendet werden, die jünger als das Fahrzeug sind, in das diese eingebaut werden. „Letztlich sollen die Werkstätten aber nicht durch feste Vorgaben eingeschränkt werden, sondern selbst entscheiden, welches gebrauchte Ersatzteil im jeweiligen Fall das passendste ist.“ Darüber hinaus meint die Allianz: „Garantieregelungen für diese Gebrauchtteile sind bereits festgelegt und entsprechen denen für ein Neuteil.“ Ausschließlich bezogen auf den Schadensteuerer Innovation Group, der von der Allianz im Herbst 2022 übernommen wurde, heißt es: „Garantie auf die gebrauchten Ersatzteile wird bei Verwendung der IG-Parts-Plattform (und damit ClaimParts) im Rahmen der gesetzlichen Regelung gegeben.“ Zudem würde Innovation Group auf die Reparatur wie bei der Verwendung von Neuteilen eine Gewährleistung von sechs Jahren übernehmen. Nach bisherigen Erfahrungen im europäischen Ausland sei es aber kaum zu nennenswerten Garantiefällen gekommen, heißt es bei der Allianz abschließend. Die gesamte „Allianz Kommentierung zum 8-Punkte-Plan von ZKF & EUROGARANT“ liegt der Redaktion schaden.news vor und ist hier [vollständig im Wortlaut abrufbar](https://schaden.news/download/link/31lJ).
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