2024-09-11T16:43:04+0000

Schadenspot: „Behalten Sie Ihre Schadenkalkulation besser im Blick“

Klare Worte fanden die Talkgäste im Rahmen der Diskussionsreihe Schadenspots auf der Automechanika zum Thema Arbeitszeitwerte und Schadenkalkulation. Am zweiten Messetag erklärte Stephan Kolodzinski, Experte von der Interessengemeinschaft Fahrzeugtechnik und Lackierung (IFL), dass K&L-Betriebe in den vergangenen Jahren die Kalkulation des Reparaturumfangs oftmals vernachlässigt hätten. „Die Schadenkalkulation erfordert präzise Abläufe und klare Zuständigkeiten“, unterstrich er auf der Bühne in Frankfurt. Die Situation sei in den letzten Jahren zwar besser geworden, dennoch müsse jeder Betrieb seine Prozesse hinterfragen und stetig verbessern. Eine Auffassung, die auch Bernd Albrecht von Solera Audatex AutoOnline teilte und ergänzte: „Entscheidend ist zudem, dass der verantwortliche Mitarbeiter in der Schadenkalkulation regelmäßig geschult wird“. Nur dann sei eine fachlich korrekte Schadenkalkulation überhaupt erstellbar. Darüber hinaus sollten Betriebe darauf achten, dass der Schaden am Unfallfahrzeug immer im demontierten Zustand kalkuliert wird. Denn nur dann könnte der Schadenumfang tatsächlich vollständig erfasst werden. Die Kommunikation mit der Karosserieabteilung sei dabei ebenfalls besonders wichtig. ## Sind Arbeitszeitwerte überhaupt rechtlich verbindlich? Auch über die Vorgaben der Automobilhersteller für die Reparaturzeiten diskutierte die Talkrunde. Bernd Albrecht und Stephan Kolodzinski betonten, dass in den vergangenen Jahren viele OEMs offener für Veränderungen an den Herstellervorgaben geworden seien. Allerdings sei die Arbeit mühselig, da die Autobauer ein Interesse daran hätten möglichst niedrige Arbeitszeitwerte zu definieren, um eine günstige Typenklassifizierung in der Kfz-Versicherung zu erreichen. Dieses Vorgehen bestätigte Henning Hamann. Seine Erfahrung: „Es besteht ein massives Interesse daran, eine möglichst günstige Einstufung durch die Steuerung von Ersatzteilpreisen und eben Arbeitszeitwerten zu erreichen.“ Auf die Frage von Moderator Christian Simmert, ob die Zeitvorgaben der Automobilhersteller überhaupt rechtlich verbindlich seien, antwortete Henning Hamann: „Die K&L-Betriebe rechnen die Tätigkeiten ab, die tatsächlich fachlich notwendig sind, um das Unfallfahrzeug wieder einwandfrei wieder herzustellen. Somit sind die Vorgaben der Hersteller nur Richtwerte für die freien Reparaturfachbetriebe.“ ## Reparaturkosten für E-Autos wirklich zu hoch? Die Talkgäste diskutierten in Frankfurt auch über die Kritik der Kfz-Versicherer, dass die Reparaturkosten für Elektrofahrzeuge extrem steigen. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hatte kritisiert, dass die Schadenkosten von E-Autos im Vergleich zu Verbrennern in der Vollkaskoversicherung um bis zu 25 Prozent höher liegen (siehe Grafik). Rechtsanwalt und Branchenkenner Henning Hamann sprach der Statistik ihre Bedeutung ab. [Auch Bernd Grüninger (Bereichsleiter Gutachten und Mitglied der Geschäftsleitung von DEKRA Automobil) stellte in einem Video-Statement klar: Die Auswertung von DEKRA Gutachten zeige, dass der „Unterschied zu Verbrennern nicht so groß ist, wie bisher behauptet“.](https://youtu.be/HBS6y7zr9P0) ## Gegen Rechnungskürzung und Regress vorgehen Branchenanwalt Henning Hamann erklärte beim Schadenspot in Frankfurt die veränderte Situation des Werkstattrisikos nach den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH). Nach wie vor gelte für alle K&L-Betriebe gegen Rechnungskürzungen oder Regressforderungen der Kfz-Versicherer und ihrer Prüfdienstleister vorzugehen. Besonders wichtig sei laut übereinstimmender Meinung von Henning Hamann, Stephan Kolodzinski und Bernd Albrecht eine saubere Schadenkalkulation oder der Instandsetzung nach Schadengutachten mit lückenloser Dokumentation des Schadenumfangs und der Reparaturschritte.