2024-06-19T10:05:30+0000

„Aluminium ist anspruchsvoll und erfordert bei der Reparatur besonderes Know-how“

Die Verwendung von Karosserieteilen aus Aluminium ist mittlerweile in fast allen Preissegmenten der Fahrzeughersteller zu beobachten. Kommt es zu einem unfallbedingten Schaden, so muss auch dieser fachgerecht instandgesetzt werden. Doch auch wenn Aluminiumteile häufig geschraubt und damit leicht austauschbar sind – nachhaltig betrachtet erfordert die Instandsetzung des Leichtmetalls wesentlich weniger Energieaufwand als die Gewinnung des Elements oder die Herstellung und der Transport der Neuteile. Bei Einschweißteilen kommen zudem noch Faktoren wie Originalität, Passgenauigkeit und Werterhalt hinzu, welche den Trend zu „I statt E“ zusätzlich unterstützen. ## Grundvoraussetzung Aluminiumarbeitsplatz Für die Alu-Reparatur ist bekanntermaßen ein separater Arbeitsplatz mit speziellen Werkzeugen und gesonderten Arbeitsmitteln notwendig, denn die Gefahr der Kontaktkorrosion oder sogar Explosion aufgrund Vermischung eisenmetallischer und nichteisenmetallischer Stäube aus vorherigen Tätigkeiten besteht in der Karosseriewerkstatt jederzeit. Aus diesem Grund haben Werkstattausrüster wie Carbon moderne und effiziente Reparaturmethoden sowie entsprechende Werkzeuge entwickelt, um diesen ambitionierten Instandsetzungsprozess für Anwender sicher und einfach zu gestalten. ## Anspruchsvoller Instandsetzungsprozess Am Beispiel eines seitlich beschädigten Ferrari 458 Speciale erklärt Leonard Jurisch, Vertriebsmitarbeiter und Karosssereibaumeister bei Carbon, Schritt für Schritt die richtige Herangehensweise bei der Instandsetzung. „Aluminium ist anspruchsvoll im Umgang und erfordert bei der Reparatur ein anderes Schweißverfahren als bei Stahl“, erklärt der Experte. Auch die Möglichkeiten der Rückverformung seien bei diesem Material zum Teil schneller ausgeschöpft. Allerdings stünden, wie im vorliegenden Fall, häufig extrem hohe Ersatzteilpreise im Raum, welche einen guten kalkulatorischen Spielraum bei der Instandsetzung zulassen. Zudem müssten K&L-Betriebe für einen Seitenwandtausch von Ferrari extra zertifiziert sein, informiert der Karosserie-Spezialist. ## Start mit sorgfältiger Schadenanalyse Im ersten Step sollte aufgrund des Ausmaßes der Beschädigung (Bild 1) zunächst eine sorgfältige Schadenanalyse durchgeführt werden, so Leonard Jurisch. Dabei legt er besonderes Augenmerk auf Spaltmaße und Konturen zu den angrenzenden Bauteilen. Anhand des vorliegenden Schadenbildes entscheidet sich der 27-jährige Karosseriebaumeister zunächst für den Einsatz der Klebetechnik, welche den Vorteil von hohen, flächig übertragbaren Kräften biete. „Die intakte Lackschicht hilft dabei, die Bauteilkontur während der Rückverformung genau zu beobachten und den Fortschritt der Instandsetzung besser zu beurteilen. Dieser Schritt ist entscheidend für das spätere Reparaturergebnis“, betont er. ## Klebetechnik verkleinert Schadenausmaß „Durch den Einsatz von CBR-StrongTool und PushPull-Presse, kombiniert mit dem Carbon Klebe-Set MGT-400, konnten bereits 85 Prozent des Schadens beseitigt und somit die Schadengrenzen wieder deutlich näher an das Schadenszentrum zurückgeholt werden“ beschreibt der Fachmann sein Vorgehen. Das Ziehen in Längsrichtung reduziere ebenfalls das vergrößerte Spaltmaß von der Seitenwand zur Tür (Bild 2) – dieses glich am
Ende des Arbeitsschrittes wieder dem Originalzustand des Fahrzeugs. Voraussetzung für das Gelingen der Alurückverformung seien richtig gewählte Abstütz- und Verankerungspunkte der Werkzeuge, denn nur so könnten die notwendigen Kräfte auch effektiv und gezielt zur Wirkung kommen, ohne dabei den Schaden wieder ungewollt zu vergrößern. ## Bit-Technik erfordert Erfahrung und Geduld Im nächsten Schritt empfiehlt Leonard Jurisch den Wechsel zur Bit-Technik und den damit verbundenen Einsatz des AluRepair VISAR – dem 3-in-1 Aluminium-Schweißsystem von Carbon (Bild 3). Der Karosseriebaumeister betont: „Hier ist Erfahrung und Geduld gefragt. Das Verwenden von identischer Bit- und Bauteillegierung ist bei diesem Prozess nicht immer die erfolgreichste Lösung für eine optimale Festigkeit der Schweißverbindung zwischen Zugöse und beschädigtem Bauteil “. Anwender hätten dabei die Möglichkeit, sich zwischen Bits aus Al 99,5, AlSi und AlMg3 zu entscheiden. Die richtige Wahl könne nur durch Erprobung und entsprechende Erfahrungswerte getroffen werden. ## Konzentrierte Erwärmung und Rückverformung Nun beginnt der Carbon-Experte mit dem sektionsweisen und gleichmäßigen Erwärmen sowie der Rückverformung der Schadestelle durch gefühlvolles Ziehen. Möglich machen dies die ultraleichten Zugbrücken und Werkzeuge aus Carbon und kohlefaserverstärktem Kunststoff des CBR-Systems. „Diese geben ein sehr genaues Feedback vom Material zurück, um die eingesetzten Kräfte perfekt dosieren zu können. Auch hierbei sei die – soweit noch vorhanden – intakte Lackierung um Reparaturbereich hilfreich, die aufgrund von Lichtreflektionen eine optimale Kontrolle der Instandsetzung zulässt. Mit gezieltem Entspannungsklopfen im erwärmten Zustand wird der Reparaturfortschritt unterstützt (Bild 4). ## Höhere Prozesssicherheit durch Hubzündung Da bei der Instandsetzung von Aluminium ein klassisches „Spotten“ nicht möglich ist, kommt am Ferrari nun das Schweißverfahren der sogenannten Hubzündung zum Einsatz, was eine hohe Prozesssicherheit und kontrolliertes Arbeiten in verschiedenen Anwendungsbereichen ermögliche – nicht nur bei Aluminium. „Das Aufschweißen von Stahl- und Aluminiumgewindebolzen, sowie von Edelstahlzugbolzen ermöglicht einen vielseitigen Einsatz des AluRepair-Konzeptes von Carbon“, erklärt Leonard Jurisch (Bild 5). ## „Das entsprechende Know-how kommt mit der Zeit“ Anhand des Beispiels der Seitenwandreparatur am Ferrari wird deutlich, dass – trotz des anspruchsvollen Schadenbildes – auch bei Fahrzeugen mit Leichtbauweise mehr Erfolg zu erzielen sei als gedacht. Laut Leonard Jurisch ist dafür zum einen die richtige Ausrüstung und hochwertiges Werkzeug notwendig, zum anderen benötigen Anwender entsprechend mehr Zeit und Erfahrungen für diesen Prozess (Bild 6). „So etwas kann man nicht 'mal eben' erlernen und dann sofort anwenden. Auch sollte das gezeigte Beispiel keine Messlatte für den Einstieg in das Thema sein – das entsprechende Know-how dafür kommt erst mit der Zeit, auch über kleinere Schäden“, schließt der 27-Jährige ab.
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