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2024-06-12T10:01:58+0000

BVdP sieht Reparatur mit Gebrauchtteilen kritisch

Die Diskussion um den Einsatz von Gebrauchtteilen bei der Fahrzeugreparatur nimmt Fahrt auf. Vor rund einem Monat hatte die Allianz medienwirksam angekündigt, dass sie [durch die Verwendung von gebrauchten Ersatzteilen die Schadenkosten drastisch reduzieren will.](https://schaden.news/de/article/link/44017/kommentar-cs-nl-22-24) Nun nimmt in einer aktuellen Pressemitteilung der Bundesverband der Partnerwerkstätten zu den Plänen Stellung. So sieht der Verband beim Einsatz von Gebrauchtteilen bei der Reparatur noch „großen Klärungsbedarf“, heißt es in der Mitteilung aus dieser Woche (11. Juni 2024). Der Grund: „Diese Methode wirft eine Vielzahl von Fragen auf, denen sich Versicherungen, Werkstätten und deren Kunden stellen sollten“, meint der Verband. ## „Wer kommuniziert die Methode dem Kunden?“ So stellt sich der BVdP beispielsweise die Frage, wer mit dem Kunden über eine Reparatur mit Gebrauchtteilen und deren Berechtigung sowie Qualität kommunizieren soll. „Für die Werkstätten ist das kaum leistbar. Hier sehen wir eindeutig die Versicherer in der Pflicht, mit dem Kunden über eine solche Lösung zu sprechen und/oder entsprechende Policen auf den Weg zu bringen, um die notwendige Transparenz und damit das Vertrauen bei den Versicherten zu schaffen“, stellt der Verband klar. Sollte der gemeinsame Kunde von vorneherein nicht ausreichend über den Einsatz von Gebrauchtteilen bei der Instandsetzung informiert worden sein, könne das negative Folgen bei der Schadensteuerung mit sich bringen. „Denn nur allzu leicht kann der falsche Eindruck entstehen, dass bei gesteuerten Schäden zur vermeintlichen Billigreparatur mit Gebrauchtteilen gegriffen wird. Dieses Thema ist nicht zu unterschätzen und könnte sich auf das Vertrauen in die Schadensteuerung nachteilig auswirken. Hier muss den Kunden glasklar vermittelt werden, dass es sich nicht um eine Reparatur zweiter Klasse handelt und dass er keinerlei Nachteile in Sachen Qualität, Sicherheit oder Gewährleistung zu befürchten hat“, heißt es in der Pressemitteilung. ## „Bringt Einsatz von Gebrauchtteilen wirklich Kostenvorteile“? Ein weiterer Diskussionspunkt sei, ob eine Reparatur mit Gebrauchtteilen unbedingt immer günstiger ist. „Welche Zusatzarbeiten sind erforderlich, um das Gebrauchtteil fachgerecht zu bearbeiten?“, fragt der BVdP und nennt ein Beispiel: „Jeder, der schon einmal Klebereste von Dichtungen entfernt hat, weiß, dass der entsprechende Arbeitsaufwand erheblich sein kann.“ Aus dieser Situation heraus ergeben sich dem Verband zufolge noch zwei weitere Fragen: „Wie gehen Versicherer, Steuerer und Prüfinstitute damit um, wenn sich in der Schadenskalkulation viele Zusatzarbeiten, die durch die Verwendung von Gebrauchtteilen verursacht wurden, auftauchen? Und was passiert, wenn die Reparatur durch den Einsatz von Gebrauchtteilen teurer wird als die Verwendung eines Neuteils?“ ## „Wer übernimmt die Gewährleistung für die Reparatur?“ Zudem fragt der Verband, wie die Gewährleistung für eine Reparatur mit Gebrauchtteilen geregelt sein soll? „Ein freier Reparaturfachbetrieb kann schwerlich die Gewährleistung für ein Bauteil übernehmen, dessen Vorgeschichte er nicht kennt, von dem er nicht weiß, wie es um die Haftung der vorhandenen Lackschicht bestellt ist oder wie weit die Korrosion im Bauteil bereits fortgeschritten ist“, gibt der BVdP zu bedenken. Dieses Risiko dürfe nicht auf die Partnerbetriebe abgewälzt werden. ## „Welchen Weg nimmt das Gebrauchtteil?“ Die Frage nach dem ökologischen Fußabdruck ist nach Ansicht des BVdP bei der Verwendung von Gebrauchtteilen ein weiterer Punkt, der hinterfragt werden müsse.
Insbesondere sei von Bedeutung, welchen Weg das Gebrauchtteil unter welchen Umständen in die Werkstatt genommen habe. „Ermöglichen weite Transportwege aus dem Ausland nach Deutschland unterm Strich tatsächlich noch eine Co2-Einsparung?“, fragt der Verband kritisch nach. ## Logistik und Zuverlässigkeit? Aus der Herkunft und dem Transportweg des Gebrauchtteils ergeben sich laut BVdP in der Folge auch die Frage, wie diese Teile für den Transport verpackt und geliefert werden und wie angesichts der Teilevielfalt und Modellvarianten sichergestellt werde, dass auch das richtige Teil geliefert werde. Zudem fragt der Verband an dieser Stelle: „Wer übernimmt dabei die Transport- und die eventuellen Rücksendekosten? Werden Gebrauchtteile mit derselben Geschwindigkeit geliefert wie Neuteile? Und wer übernimmt die Mobilitätskosten für den Kunden, wenn die ausstehende Lieferung eines Gebrauchtteils längere Standzeiten verursacht?“ ## Verband sieht großes Potenzial in I statt E Als Fazit aus seinen kritischen Fragen schlussfolgert der Verband: „Wir würden es deshalb sehr begrüßen, wenn einzelne Versicherer, die aktuell viel Energie in das Thema 'Reparatur mit Gebrauchtteilen' stecken, zuerst einmal aktiv das Thema 'Instandsetzen vor Erneuern' priorisieren würden. Hier gibt es noch eine Menge Potenzial, wenn man die fatalen Fehlentwicklungen bei Kostenvoranschlagsprüfungen beseitigen und damit deutliche Anreize schaffen würde, die Bereitschaft zu fachgerechter Instandsetzung zu erhöhen.“ Denn das Instandsetzen eines Bauteils sei in fast allen Fällen die umweltfreundlichste Variante und könne auch in vielen Fällen zu einer Kostenreduzierung führen. ## BVdP signalisiert Offenheit für nachhaltige Reparaturwege Grundsätzlich, so betont der Verband, befürworte er sinnvolle Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit bei der Reparatur von Unfallschäden. „Dabei liegt unser besonderes Augenmerk darauf, dass entsprechende Maßnahmen zum einen sinnvoll von den Reparaturfachbetrieben umgesetzt werden können und zum anderen tatsächlich zur notwendigen Nachhaltigkeit führen“, heißt es in der Pressemitteilung. Diese Bestrebungen würden nicht zuletzt die gemeinsame Initiative der Spitzenverbände ZDK, ZKF, BFL und BVdP zum Thema Nachhaltigkeit untermauert. Und in diesem Zuge sei es „absolut zu begrüßen, wenn die Reparatur von Kfz mit Gebrauchtteilen (irgendwann) tatsächlich Vorteile wie Kostenersparnis und Umweltfreundlichkeit bieten kann.“ Der BVdP betont jedoch: „An diesem Punkt sind wir allerdings nach unserer Einschätzung noch nicht. Denn auf dem Weg dahin müssen erst noch mehrere Faktoren sorgfältig abgewogen und eine ganze Reihe offene Fragen eindeutig geklärt werden.“