2023-09-27T09:17:10+0000

Minimal verstellte Sensoren: DEKRA fordert regelmäßige Überprüfung

Sensoren spielen bei der Funktionalität von Fahrerassistenzsystemen eine zentrale Rolle. Sind diese nicht korrekt eingestellt, kann das – beispielsweise beim Notbrems- oder Totwinkelassistent – zu sicherheitsgefährdenden Funktionsstörungen führen. Und das bereits bei minimalen Verstellungen, wie Experten von DEKRA kürzlich feststellten. Auf dem Gelände des DEKRA Technology Centers am Lausitzring in Brandenburg führte die Expertenorganisation zwei Fahrversuche durch, um die Konsequenzen von sogenannten Sensor-Dejustagen zu untersuchen. ## Gezielte Manipulation von Frontkamera und Heckradar Hierfür manipulierten die Sachverständigen im ersten Fall (A) gezielt die Frontkamera unterhalb der Eigendiagnoseschwelle – durch die scheinbar fehlerfreie Eigendiagnose erwartet der Fahrer also keinerlei Einschränkungen – und bewerteten die Auswirkungen auf das Fahrzeugverhalten in standardisierten Notbremsszenarien. Im zweiten Fall (B) untersuchten sie das Verhalten des Totwinkelassistenten bei falscher Einbaulage des Heckradars, wie es etwa nach einem Parkrempler vorkommen kann. „Dabei zeigte sich, dass schon kleinste Beeinträchtigungen unterhalb der sogenannten Eigendiagnoseschwelle zu einer sicherheitsgefährdenden Funktionsstörung führen können“, betont Christoph Bahnert, Teamleiter für Fahrerassistenzsysteme und hochautomatisiertes Fahren bei der DEKRA Automobil GmbH in Klettwitz. Bereits eine minimal nicht richtig justierte Frontkamera könne so ganz schnell zu einer sicherheitsgefährdenden Funktionsstörung führen, die der Fahrer in dieser Form im Voraus gar nicht erkennen kann. ## Aufprall nicht verhindert Fall A wurde mit drei verschiedenen Testfahrzeugen durchgeführt, die jeweils über einen Notbremsassistenten verfügten und zusätzlich mit hochpräziser Messtechnik ausgerüstet waren. Simuliert wurde das Auffahren auf ein stehendes Fahrzeug und die Erkennung eines auf der Fahrbahn befindlichen Fußgänger-Dummys mit Geschwindigkeiten von jeweils 20, 40 und 60 km/h. Bei richtig justierter Kamera warnten alle drei Fahrzeuge den Fahrer frühzeitig und bremsten bis zum Stillstand vor dem jeweiligen Target ab. Anschließend wurde die Ausrichtung der Frontkamera jeweils unterhalb der Eigendiagnoseschwelle verstellt. Einem der Fahrzeuge gelang es danach nicht einmal bei 20 km/h, einen Aufprall auf das stehende Fahrzeug zu verhindern, ein weiterer Testwagen hätte lediglich bei 20 und 40 km/h einen Aufprall verhindern können, und nur ein Testfahrzeug warnte und bremste bei allen drei Geschwindigkeiten immer noch rechtzeitig ab. „Der Fußgänger wäre mit minimal beeinträchtigter Sensorik bei 60 km/h von allen drei Fahrzeugen angefahren worden“, resümiert DEKRA Experte Christoph Bahnert. Zwei der drei getesteten Fahrzeuge hätten zudem bei 40 km/h weder Warnung noch Bremseingriffe des Assistenzsystems gezeigt. Im zweiten Fall (B) simulierten die DEKRA Experten ein Szenario, welches in der Form auch immer wieder auf Autobahnen vorkommt: Ein Fahrzeug fährt auf dem linken
Fahrstreifen mit höherer Geschwindigkeit, der Fahrer eines zweiten Fahrzeugs auf dem rechten Streifen plant einen Überholvorgang und möchte ausscheren. Für den Versuch wurde das Heckradar minimal quer zur Fahrtrichtung verstellt – erneut ohne Fehlermeldung aus der Eigendiagnose und aufgrund der Verdeckung durch die Heckstoßstange auch nicht ersichtlich. „Der Totwinkelassistent warnte so erst bei viel zu geringem Abstand zum von hinten herannahendem Fahrzeug und somit deutlich zu spät, um bei einem tatsächlich durchgeführten Fahrspurwechsel einen Unfall zu verhindern“, bilanziert Christoph Bahnert den Fahrversuch. ## Sichtprüfung und Eigendiagnose reichen nicht aus Die Fahrversuche von DEKRA zeigen eindrücklich, wie wichtig die korrekte Sensoreinstellung ist. „Da die Sensorik essenziell für die Assistenzfunktionen ist, sollte diese deshalb im Rahmen der periodischen Fahrzeuginspektion unbedingt überprüft werden“, betont Jann Fehlauer, Geschäftsführer der DEKRA Automobil GmbH. Heißt konkret: Die reine Sichtprüfung der meist verdeckt verbauten Sensoren reicht nicht aus, ebenso wenig wie das Auslesen der Eigendiagnose des Fahrzeugs. Wie DEKRA mitteilte, arbeitet die Expertenorganisation bereits an entsprechenden technologischen Prüfmethoden. „Mit dem zunehmenden Automatisierungsgrad der Fahrzeuge wird diese Thematik in Zukunft noch weiter an Bedeutung gewinnen“, so Fehlauer weiter.
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