2023-02-01T11:54:52+0000

Wem nützt die Digitalisierung?

Neulich abends beim Branchen-Kickoff der DAT in Berlin entwickelte sich ein sehr spannendes Gespräch. Am Tisch saßen Verbandsvertreter, Betriebsinhaber und Software-Entwickler. Unser Thema: der Einsatz von Künstlicher Intelligenz, die Digitalisierung im Schadenmarkt und ihre Folgen. Über die Notwendigkeit einer besseren digitalen Infrastruktur bestand noch größtenteils Einigkeit. Beim Nutzen der KI gingen die Meinungen dann aber doch weit auseinander. Mein Standpunkt: Sicher haben Kfz-Versicherer den Anspruch ihre Beauftragungs- und Controlling-Prozesse in Richtung Werkstatt durch Digitalisierung möglichst weitgehend zu automatisieren und ihren Kunden auch im Schadenfall einen schnellen, modernen Online-Service zu bieten. So wie HUK-Coburg und Innovation Group dies derzeit bei ihren Partnerwerkstätten durchsetzen. Doch am Ende stehen in den Betrieben (immer weniger) Menschen, die den Kfz-Schaden analog instand setzen müssen. Die digitale Beschleunigung wird dafür sorgen, dass die Arbeit in den Werkstätten in immer kürzerer Zeit immer mehr wird – und sich am Ende die Fertigstellung verlangsamt. Es fehlen einfach die Kapazitäten und daran wird sich in Zukunft auch nichts ändern. Im Gegenteil. Der Fachkräftemangel wird eher noch größer. Es stellt sich deshalb genau eine Frage: Wem nützt die Digitalisierung? Den Werkstätten nur dann, wenn tatsächlich betriebliche Prozesse vereinfacht werden und nicht noch zusätzliches Chaos entsteht, weil man in dem webbasierenden Online-Terminkalender alle Einträge einzeln nachpflegen muss – oder in den Systemen der Kfz-Versicherer und Schadensteuerer Schadennummer oder Angaben zum Selbstbehalten fehlen und der Sachbearbeiter in Stuttgart, Coburg oder München nicht auskunftsfähig ist. Die radikale Automatisierung und der hemmungslose Einsatz von KI werden dafür sorgen, dass die ohnehin schon komplexen Prozesse der Unfallschadenregulierung nicht mehr beherrschbar sind. Wohin das führt, erlebt derzeit wohl die HUK-Coburg, die mit einer internen Mitarbeiteranweisung verschiedene automatisierte Prüfprozesse aussetzt, um den immensen Rückstau an unbearbeiteten Schadenfällen überhaupt noch zu bewältigen. Sie sind anderer Meinung? [Dann schreiben Sie uns Ihren Standpunkt](mailto:info@schaden.news). Starten wir eine Diskussion über Sinn und Unsinn der Digitalisierung – die längst überfällig ist.
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