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2023-02-01T11:34:48+0000

Wie verhandelt die IRS ihre Stundensätze, Herr Stoll?

_Im schaden.news-Interview erklärt Ulrich Stoll, Leiter Key Account bei Intelligent Repairs, wie die IRS Gruppe in die Preisgespräche mit ihren Auftraggebern geht und begründet, warum für eine realistische Bildung des Stundensatzes auch die Leistung der Steuerer und Versicherer stärker betrachtet werden sollte. _ __Herr Stoll, wie beurteilen Sie die aktuelle Marktsituation? __ __Ulrich Stoll:__ Ich sehe eine starke Dynamik in unserer Branche, welche sich auch in diesem Jahr fortsetzen wird. Die Marktkonsolidierung wird fortschreiten, und es wird eine weitere Marktbereinigung geben. Nicht jeder wird die notwendigen Anforderungen mit den entsprechenden Investitionen stemmen wollen, die notwendig sind, um auch in Zukunft moderne Fahrzeuge instand setzen zu können. Jedoch sind die ausscheidenden Unternehmen meist schon jetzt nicht mehr die Betriebe, die den Anforderungen der Versicherungen und Schadensteuerer entsprechen. Um ihren Kunden eine professionelle Reparatur nach Vorgaben der Hersteller zu garantieren, setzen sie hohe technische Anforderungen an ihre Partner, welche von den Betrieben, die mit den schnellen Entwicklungen der Branche nicht konsequent Schritt hielten, nicht mehr geleistet werden können. __Wo sehen Sie für IRS derzeit die größten Herausforderungen? __ __Ulrich Stoll:__ Die Energie- und Materialkosten sowie die Lohnkosten drücken schon ziemlich auf das Jahresergebnis. Gleichzeitig haben wir uns dem deutschen Nachhaltigkeitskodex verschrieben, [dessen Standards wir an allen Standorten einhalten](https://schaden.news/de/article/link/43135/irs-nachhaltigkeit). Dazu gehört unter anderem die konsequente Umsetzung der Richtlinie “Instandsetzen vor Erneuern”, worauf unsere Mitarbeiter in unserem eigenen Schulungszentrum geschult werden. Diese Reparaturmethode ist allein schon vor dem Hintergrund der schlechten Ersatzteilverfügbarkeit von Vorteil. Zudem haben wir an Standorten, an denen es möglich ist, beispielsweise PV-Anlagen auf dem Dach installiert und die Werkstätten mit Ladesäulen ausgerüstet. Letztendlich wird jeder Standort nach seinen individuellen Möglichkeiten auf nachhaltige Strategien ausgerichtet. __Doch all diese Investitionen kosten Geld. Welchen Einfluss hat das auf die Preisentwicklung im Unfallschadenmarkt?__ __Ulrich Stoll:__ Um diese Investitionen kommen wir nicht herum. Denn Fakt ist eben: Die Betriebe, die nicht investieren, werden auf lange Sicht verschwinden. Die Preisentwicklung muss sich also an den Betrieben orientieren, die sich auf die Anforderungen einstellen und entsprechend investieren. Aber die Investitionen in Technik und Nachhaltigkeit sind ja nur einer der Punkte, die bei der Preisgestaltung eine Rolle spielen – die Entwicklung hinsichtlich der Kosten für Energie und Material sind mindestens ebenso zu berücksichtigen, und auch sie sind ein ebenso wichtiger Baustein bei der Berechnung des geeigneten Stundenverrechnungssatzes. Es ist unumgänglich, dass diese Gemeinkosten eingepreist werden müssen. __Wie erreichen Sie vor diesem Hintergrund bei den Preisgesprächen mit Steuerern und Versicherungen Verständnis, um höhere Stundensätze zu erzielen? __ __Ulrich Stoll:__ Auf den Betrieben lastet zurzeit der Druck, die Kosten, die sich durch die sich immer schneller drehende Preisspirale bei Energien, Ersatzteilen und Facharbeiterlöhnen entwickeln, in ihren Stundenverrechnungssätzen ohne zeitlichen Verzug zu berücksichtigen. Bei ausführlicher Darlegung der notwendigen Anpassungen finden wir mit unseren Gesprächspartnern aber in der Regel viel Verständnis. Da die Versicherer und Steuerer zudem daran interessiert sind, dass ihre Partner die eingesteuerten Fahrzeuge fachgerecht und auf technisch neuestem Stand reparieren
können, findet sich auch hinsichtlich der Berücksichtigung von getätigten, notwendigen Investitionen meist ein einheitlicher Konsens. Nicht zuletzt wirken sich auch die knappen Kapazitäten und die damit einhergehende Notwendigkeit, die vorhandenen Kapazitäten unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu verteilen, auf die Preisgestaltung aus. Es sind also Gespräche auf Augenhöhe, in denen alle an einer partnerschaftlichen, zufriedenstellenden Lösung interessiert sind. __Wie sieht das mit der Lohnentwicklung aus – an dieser Stelle beginnt die Preisspirale sich ja jetzt erst so richtig zu drehen… __ __Ulrich Stoll:__ Die Situation hat sich vergangenes Jahr bereits abgezeichnet. Gute Facharbeiter werden überall gesucht, auch wir würden zurzeit an allen Standorten zusätzliche Fachkräfte einstellen. Die Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt haben sich für gute Fachleute sehr positiv entwickelt. Diese Situation wird sich dieses Jahr noch verschärfen. Die Forderungen nach höheren Löhnen werden weiter zunehmen – begründeterweise. Schließlich müssen die Mitarbeiter auch die Inflationsrate einfangen. Diese Entwicklung muss bei den Verhandlungen der Stundensätze ebenfalls berücksichtigt werden. __Wenn Sie eine Verhandlungssituation von vor fünf Jahren mit heute vergleichen, was hat sich geändert?__ __Ulrich Stoll:__ Vor fünf Jahren war die Kapazität in den Werkstätten noch nicht so angespannt, es gab auch Leerlaufzeiten und man hatte einen bunten Mix an wichtigen Ankerkunden und Lückenfüllern. Mittlerweile können aus Kapazitätsgründen nicht mehr alle Key Accounts bedient werden und die Betriebe haben dennoch Vorlaufzeiten von mehreren Wochen. Gleichzeitig agieren Betriebe oft an der Grenze der Betriebsleistungseffizienz. Das heißt, die Werkstätten gehen mit der Voraussetzung in die Gespräche, eine auskömmliche Anpassung vereinbaren zu müssen, um dem Kostendruck standzuhalten und alle ihre Key Accounts bedienen zu können. __Wo wir über Preisverhandlungen sprechen: Ist es überhaupt noch zeitgemäß, einmal im Jahr mit den Auftraggebern in Preisgespräche zu gehen?__ __Ulrich Stoll:__ Nein, denn dann müssten die Betriebe aufgrund der momentanen Risikofaktoren mit notwendigen Anpassungen ins Gespräch einsteigen, die alle möglichen Entwicklungen für das komplette Jahr berücksichtigen. Schon aus Fairness-Gründen gegenüber der Kunden ist es obligatorisch, in sehr viel kürzeren Abständen auf die Entwicklungen des Marktes zu reagieren, und diese muss gar nicht immer nur in eine Richtung gehen. Das betrifft auch die Anpassung des durchschnittlichen DEKRA Stundensatzes. Lange Zeit war er Indikator dafür, wo die Reise hingehen muss, jedoch war das zu einer Zeit, als man die Kostenentwicklung tatsächlich noch für einen längeren Zeitraum vorhersehen konnte. In der heutigen Zeit kann der DRS nur noch als Pulsmesser genutzt werden, wenn er in sehr viel kürzeren Abständen aktualisiert wird. In der jetzigen Form ist kaum noch aussagekräftig. Aber auch der DRS ist nur einer von mehreren Indikatoren, der für die Berechnung des eigenen Stundensatzes herangezogen werden muss. Die eigenen betrieblichen Kennzahlen sind natürlich viel entscheidender. Zudem müssen auch individuelle Anforderungen, die der Auftraggeber an die Werkstatt stellt, mitbedacht werden. Beispielsweise der Hol- und Bringdienst, der oft ohne Berechnung vereinbart wird, oder Werkstattersatzwagen. Diese sind zwar für den Kunden kostenfrei, müssen aber in der Preisfindung dennoch berücksichtigt werden und gehören nicht in die Gemeinkosten. Nicht unerheblich ist auch der unterschiedliche administrative Aufwand, den die Werkstatt durch den einzelnen Auftraggeber hat: Schnelle Freigaben, schlanke Prozesse, einfach zu bedienende Portale ohne notwendige Doppeleingaben, um nur ein paar Faktoren zu nennen, die den administrativen Aufwand für die Werkstatt erheblich beeinflussen und die sich deshalb auch in den betriebsnotwendigen Stundensätzen äußern. Fazit: Die Werkstatt muss ihre Kunden genau kennen und wissen, wieviel Zeit sie in den einzelnen Auftrag investieren muss. Zugleich muss sie ihre eigenen Prozesse optimieren, um eine optimale Effizienz zu erreichen. Der Auftraggeber bekommt einen Anreiz, seine Prozesse so schlank wie möglich zu halten, denn jede Verzögerung oder Prozessstörung kostet bares Geld. Um einen fairen Stundenverrechnungssatz zu entwickeln, sind beide Seiten also gleichermaßen gefragt. Wir von IRS sind auch hierzu im ständigen Austausch mit den Auftraggebern, das sehen wir als permanente Aufgabe an. __Wieviel Prozent Erhöhung veranschlagt IRS denn für seine Standorte?__ __Ulrich Stoll: __Das ist pauschal gar nicht zu beziffern, sondern immer standortbezogen, an die Anforderungen des einzelnen Kunden angelehnt und berücksichtigt mehrere weitere Faktoren. Die Kostenentwicklung in vielen Bereichen ist zum Beispiel in München eine andere als beispielsweise in Halle. Diese individuellen Entwicklungen gesellen sich dann zu den Kosten, die sich einheitlich entwickeln, beispielsweise steigen die Ersatzteilpreise flächig und die Margen sinken überall gleich, die Preise für Lacke explodieren an allen Standorten in gleicher Höhe. Die Inflationsrate wird sich so schnell nicht merklich entspannen und Strom- sowie Energiekosten werden nicht sinken. Es geht also darum, mit Versicherern und Schadensteuerern individuelle, faire und auskömmliche Vereinbarungen zu treffen, die sich immer an den aktuellen Entwicklungen orientieren, dabei genug Raum für notwendige Investitionen lassen und den Kunden somit die professionelle Instandsetzung aller Fahrzeugtypen ihrer Versicherten und Flottenkunden sicherstellt. __Vielen Dank für das Interview!__
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