2023-01-18T12:46:13+0000

E-Mobilität: Verpassen deutsche Autobauer den Anschluss?

Trotz angespannter wirtschaftlicher und politischer Lage jagen die Absatzzahlen von Elektroautos von einem Hoch zum nächsten. Selbst Lieferengpässe und Inflation vermochten den Aufschwung im Gesamtjahr 2022 nicht bremsen. So lautet die Einschätzung des Center of Automotive Management (CAM), das auch untersucht hat, wie deutsche Unternehmen im Vergleich zu ihren Konkurrenten aus Fernost und Nordamerika abschneiden. ## Volkswagen, BMW und Mercedes steigern bundesweite BEV-Absätze Laut der Studie „Globale Absatztrends der Elektromobilität“, die das Automobil- und Mobilitätsforschungsinstitut CAM im Rahmen des „Electromobility Report 2022“ erstellt hat, wurden letztes Jahr rund 7 Mio. rein batterieelektrisch betriebener Fahrzeuge (BEV) abgesetzt. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einer Steigerungsrate von + 63 Prozent. Auch 2023 dürfte dieser Trend anhalten – die Experten rechnen damit, dass E-Autos im laufenden Jahr einen Marktanteil von 10 Millionen Fahrzeugen erreichen. Auch die deutschen Automobilhersteller konnten ihre Auslieferungen weiter steigern. Gemeinsam erreichten diese 2022 ein Absatzvolumen von rund 921.000 BEV, was einer Steigerung um 316.000 (+ 52 %) entspricht. Erstmals gelang es der Volkswagen Group, über eine halbe Million Fahrzeuge auszuliefern. Obwohl VW seine bisherige Leistung damit um 26 Prozent steigern konnte, liegt der Hersteller damit deutlich hinter BMW (+ 145 %) und Mercedes-Benz (+ 108 %), die ihre BEV-Absätze mehr als verdoppelten. Mit 216.000 verkauften Einheiten belegen die Münchner damit im deutschen Umfeld Rang zwei und liegen somit noch einmal deutlich vor dem nationalen Mitbewerber Mercedes (133.000 BEV). ## Mitbewerber aus dem Ausland erobern Marktanteile Doch genügen diese Zahlen, um sich auch im Spitzenfeld der internationalen E-Fahrzeughersteller zu behaupten? Den größten Weltmarktanteil sicherte sich abermals der US-Hersteller Tesla mit 1,3 Millionen verkauften batterieelektrischen Fahrzeugen und steigert seinen Gesamtumsatz gegenüber 2021 damit um 40 Prozent. Dem Branchenprimus dicht auf den Fersen ist der chinesische Mischkonzern BYD, der seinen BEV-Absatz im Vergleich zum Vorjahr mit 911.000 Fahrzeugen verdreifachen konnte. Chinas größter Automobilhersteller SAIC Motor könne indessen das Tempo von BYD nicht mitgehen und liegt im globalen Vergleich mit rund 750.000 BEV auf Rang drei. 5,03 Millionen Fahrzeuge wurden letztes Jahr in China verkauft, das damit der größte und wichtigste Automobilmarkt der Welt ist. Doch ausgerechnet hier gelingt es den deutschen Herstellern nicht, Fuß zu fassen. Während etablierte Akteure wie BYD (+ 184 %) und GAC mit Aion (+ 119 %) oder junge Start-Ups wie Hozon Auto mit Neta (+ 58 %) oder Leapmotor (+ 158 %) immer stärker durch eigene Produkte überzeugten, verlieren VW (- 3,6 %), BMW (- 6,4 %) und Mercedes (- 0,9 %) antriebsübergreifend über alle Baureihen wichtige Marktanteile. ## Auch heimischer Absatzmarkt gerät immer stärker unter Druck Hinzukomme, dass die Strategie der Chinesen, bei der BEV-Expansion gen Westen auf
das bisher schwach besetzte Klein- und Kompaktwagensegment zu zielen, Fahrt aufnimmt. So habe etwa die SAIC-Tochter MG Roewe bereits im November ihr Absatzziel in Deutschland übertroffen. Nach nur zwei Jahren am Markt konnte der Hersteller 15.000 Neuzulassungen verbuchen, davon knapp 9.000 BEV. BYD wiederum werde in den kommenden Jahren die Sixt-Flotte mit 100.000 E-Fahrzeugen ausstatten und setze sich zudem im Verkauf ehrgeizige Ziele. Für die Deutschen intensiviere sich damit nicht nur der Wettbewerb im Ausland, sondern insbesondere auch auf dem angestammten Heimatmarkt, lautet daher das Fazit der Analysten. ## „Deutsche Autobauer müssen ihre Anstrengungen intensivieren“ Um ihre globalen Marktanteile nicht zu verlieren, müssten VW, BMW und Mercedes-Benz ihre Anstrengungen weiter intensivieren, betont Studienleiter und CAM-Direktor Prof. Dr. Stefan Bratzel: „Dazu gehört neben dem schnelleren Ausbau des Produktportfolios die Stabilisierung der Lieferketten sowie die Reduzierung von Abhängigkeiten in zentralen Wertschöpfungskomponenten. Gleichzeitig müssen die deutschen Hersteller ihre Innovationskraft rund um das Ökosystem der Elektromobilität weiter stärken, um ihre höheren Preise zu rechtfertigen und langfristig erfolgreich zu bleiben“, empfiehlt der Experte, der im Rahmen der kommenden BVdP-Netzwerkstatt am 26. April 2023 einen Impulsvortrag über den Wandel in der Automobilwirtschaft halten wird.
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