2022-12-14T11:07:19+0000

Frauen im Handwerk: „Ja, ich begutachte das Fahrzeug und ja, ich kann das“

Ob beruflich oder privat – Mängel an Fahrzeugen fallen Monique Kordes sofort ins Auge. „Wenn ich beispielsweise im Stau stehe, sehe ich an den Fahrzeugen um mich herum sofort, wo beispielsweise nicht gut gespachtelt oder lackiert wurde. Das ist eine Berufskrankheit“, erzählt die 41-Jährige lachend im Gespräch mit schaden.news. Denn Monique Kordes ist Sachverständige bei der DEKRA Automobil GmbH. Die Begutachtung ist für sie inzwischen nicht nur Beruf, sondern Berufung. ## „Meine Eltern hätten mich lieber in einer Bank gesehen“ „Mein Vater war Werkstattleiter in einem Autohaus und ich habe ihn schon als Kind häufig begleitet“, erklärt sie die Liebe zu Autos. Entsprechend früh reifte in ihr der Wunsch heran, nach dem Schulabschluss ebenfalls in der Werkstatt zu arbeiten. „Meine Eltern waren davon nicht begeistert, hätten mich lieber in einer Bank gesehen. Mein Vater war überzeugt, dass die teils schwere körperliche Arbeit nichts für Frauen ist.“ Doch Monique Kordes verfolgte ihr Ziel und absolvierte im gleichen Autohaus eine Ausbildung zur Kfz-Mechanikerin, war danach als Gesellin und später als Serviveberaterin tätig. ## „Genau der Job, der zu mir passt“ Mit 22 Jahren wechselte sie in ein freies Sachverständigenbüro. „Das war eigentlich eher ein Zufall und über Kontakte entstanden. Ich habe jedoch schnell gemerkt, dass die Schadenbegutachtung genau das ist, was zu mir passt.“ Zunächst als einzige Mitarbeiterin begutachtete sie gemeinsam mit ihrem damaligen Chef die Fahrzeuge, erlernte Stück für Stück das „Gutachter-Handwerk“, den Umgang mit Kunden, Werkstätten, Versicherern und Rechtsanwälten und übernahm später sogar die fachliche Einweisung neuer Mitarbeiter. Nach der Geburt ihres Sohnes bewarb sich Monique Kordes schließlich bei der Prüforganisation DEKRA, wo sie seit 2016 als Schadengutachterin im Raum Hannover im Einsatz ist – und zwar als eine von deutschlandweit insgesamt rund 60 Gutachterinnen. Für die junge Mutter damals ein Glücksfall, denn „über das riesengroße Schulungskonzept bei DEKRA konnte ich mich weiterbilden und spezialisieren“, erklärt sie. ## Spannende Vielfalt Heute gehören nicht nur die klassischen Unfallschäden zu ihrem Fachgebiet, sondern auch Motor-Aggregatschäden, Lackschäden sowie die Begutachtung von Caravan. „Diese Vielfalt macht es so spannend. Hinzu kommt, dass es nicht nur um das Fahrzeug, sondern immer auch um den persönlichen Kontakt mit den Menschen geht.“ Im Umgang mit den Fahrzeughaltern ist dabei sowohl Sensibilität als auch Selbstbewusstsein gefragt. Vor allem schwere Unfälle mit Personenschäden erfordern ein behutsames Vorgehen, weiß Monique Kordes aus Erfahrung: „Je kurzfristiger die Besichtigungstermine sind, desto emotionaler war der Kundenkonakt. Da ist Sensibilität gefragt.“ Aber als Sachverständige musste sich die 41-Jährige in den letzten 20 Jahren auch ein dickes Fell anlegen, denn auch heute noch zweifeln vor allem Männer ihre Kompetenz in Sachen Auto an. „Das Selbstbewusstsein wächst natürlich im Laufe der Jahre. Heute sehe ich das gelassen.“ ## „Es hat sich gelohnt“ Und dazu hat Monique Kordes, die in ihrer Freizeit gern schraubt und Autotreffen besucht, auch allen Grund: Denn seit dem 1. Oktober 2022 ist sie als Fachabteilungsleiterin in der Hannoveraner Niederlassung für ein 25-köpfiges Team verantwortlich. „Auch jetzt noch rufen teilweise Kunden bei uns an, die denken, ich sei die Assistentin und darum bitten, zum Abteilungsleiter durchgestellt zu werden. In den Fällen antworte ich inzwischen einfach ‚Ja, ich besichtige ihr Fahrzeug und ja, ich kann das.‘“ Übrigens: Für die Führungsposition absolvierte Monique Kordes 2020 – mitten im ersten Corona-Jahr und mit Kind zuhause – ihre Meisterausbildung in Vollzeit, führte parallel monatlich noch einige Gutachten durch. „Das war eine extrem herausfordernde Zeit, aber es hat sich gelohnt“, blickt sie zurück.
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