Von
 
2022-10-18T07:41:23+0000

Energiekrise: „So gehen wir gegen die Kostenexplosion vor“

Die aktuelle Energiekrise sorgt nach der Corona-Pandemie erneut für große Verunsicherung innerhalb der K&L-Branche. Vor allem Betriebe, die in den letzten Jahren nicht auf regenerative Energiequellen umgerüstet haben, stellen die förmlich explodierten Preise für Gas, Öl und Strom vor große Herausforderungen. Doch mit welchen Problemen kämpfen die Unternehmerinnen und Unternehmer konkret und wie gehen sie damit um? schaden.news hat bei vier K&L-Betrieben nachgefragt. ## „Schauen noch genauer, welche Auftraggeber profitabel sind“ Für das Osnabrücker Unternehmen Restemeier bedeutet die aktuelle Energiekrise vor allem eines: „Energieeinkauf und eigene Erzeugung bekommen einen nie dagewesenen Stellenwert“, erklärt Geschäftsführer Maximilian Stein gegenüber schaden.news. Grund: Zum Jahresende laufen die Versorgungsverträge mit den örtlichen Stadtwerken aus. Woher dann neue Energie bezogen wird, ist aktuell noch nicht vertraglich beschlossen. „Uns liegen momentan verschiedene Angebote von anderen Anbietern vor, aber die Preise schwanken derzeit so stark, dass wir momentan noch nicht entscheiden können, welchen Vertrag wir unterschreiben werden.“ Bei einem Jahresverbrauch von 200.000 Kilowattstunden für Strom und 600.000 Kilowattstunden für Gas sind bereits geringe Cent-Erhöhungen auf die Kilowattstunde ein enormer zusätzlicher Kostenpunkt. Und so wartet das Unternehmen mit seinen rund 50 Mitarbeitern derzeit ab. „Wir fragen tagesaktuell die Preise ab“, erklärt Maximilian Stein. Zudem hat sich der Betrieb bereits jetzt auf etwaige Kostensteigerungen eingestellt und Lösungen zur Kompensation gefunden: „Zum einen haben wir bereits unseren ausgehängten Stundenverrechnungssatz erhöht, zum anderen schauen wir jetzt noch genauer, mit welchen Auftraggebern wir weiterhin ein profitables Geschäft abwickeln können.“ Zudem konzentriere man sich derzeit noch stärker auf seine direkten Kunden, wie regionale Flotten. Und auch hinsichtlich der Energieversorgung trifft der Betrieb Restemeier bereits Vorkehrungen: „Wir erhöhen unsere Photovoltaik-Anlage auf dem Dach von 80 Kilowatt-Peak auf 146 Kilowatt-Peak. Die Module dafür sind bereits bestellt und gehen noch dieses Jahr ans Netz. Wir werden uns daher ab dem kommenden Jahr möglichst autark mit Blick auf den Energieeinkauf bewegen. Die Mehrkosten für diesen Schritt sind aber definitiv ein Thema für die Preisfindung bei Verhandlungen in der Zukunft.“ ## „Lest das Kleingedruckte!“ Im Betrieb Karosseriebau Seidel in Mainaschaff sieht Inhaber Michael Seidel sich und sein Team gut auf die nächsten Monate eingestellt. Der Gaspreis steigt für die Firma von 0,4 auf 0,72 Cent pro Kilowattstunde, allerdings sei der Vertrag nur bis 1. April kommenden Jahres gültig. Was danach kommt, weiß der Betriebsinhaber heute noch nicht. Er weist andere Betriebsinhaber jedoch darauf hin, das Kleingedruckte in den Versorgerverträgen zu lesen: Selbst bei Verträgen mit Preisbindung, bei denen man sich in Sicherheit wähnt, können die Preise vom Versorger unerwartet und auch kurzfristig nach oben schnellen. Kurzfristig hat er vorgesorgt, um erhöhte Kosten zu kompensieren: „Wir haben in einen Wärmetauscher von WOLF investiert. Mit diesem können wir wohl 50 Prozent der Wärme rückgewinnen“, erklärt der Betriebsinhaber. Zudem setze er vor allem auf Aufträge aus der Region. „Wir haben einen Weg gefunden, mit dem wir
gelassen in das letzte Quartal gegangen sind und sehen dem Jahresende nun zuversichtlich entgegen.“ ## „Versuchen durch rationellen Einsatz, Kosten zu reduzieren, aber das geht nicht immer“ Weitestgehend optimistisch ist auch Toni Michel. Der junge Betriebsinhaber aus dem sächsischen Pirna hat seit 2021 kräftig in seine gleichnamige Lackiererei investiert und Arbeitsräume sowie Belüftungs- und Filteranlagen auf den neuesten technischen Stand gebracht. „Wir heizen Kabinen und Hallen mit Öl, die Heizanlage wurde vor 3 Jahren modernisiert und optimiert, mit Öl haben wir uns bevorratet und hoffen, so über die kalte Zeit zu kommen“, erklärt Toni Michel gegenüber schaden.news. Auch die Stromversorgung sei vorerst gesichert. „Vor einem Jahr sind wir den Stromvertrag eingegangen, der uns erstmal zwei Jahre bindet zu einem humanen Strompreis.“ Um die Versorgungssicherheit auch in Zukunft zu gewährleisten, prüft der Inhaber aktuell Anbieter und Angebote für PV-Anlagen. „Wir verbrauchen den Hauptstrom zur Tageszeit, somit muss dies kommen.“ In der Werkstatt selbst versuchen Toni Michel und sein Team so energieeffizient wie möglich zu arbeiten, dies sei jedoch nur bedingt möglich, wie er ausführt: „Es wurden Heizzeiten angepasst, beim Lackmaterial versuchen wir schnelltrocknende Produkte zu verwenden, wir achten darauf unnütze Stromfresser abzustellen. Aber die Themen Licht, Wärme und auch das Material der Hersteller machen uns zu schaffen. Wir versuchen durch einen rationellen Einsatz die Kosten zu reduzieren, aber das geht nicht immer, denn an erster Stelle steht ein qualitativ Top-Ergebnis.“ ## „Wir haben uns bei der HUK und der Innovation Group sperren lassen“ Nicht in allen Betrieben können die Inhaber derzeit so optimistisch sein. So manch einer hat sich eines Kniffs bedienen müssen, um weiterhin Geld zu verdienen: „Wir haben uns bei der HUK-Coburg und bei der Innovation Group sperren lassen. Denn Energie sparen bedeutet für uns, Zeit einsparen, um lukrativere Aufträge annehmen zu können“, schildert ein Betriebsinhaber, der anonym bleiben möchte, seine Lage gegenüber schaden.news. Das bedeute auch, dass das Unternehmen zeitweise in Kurzarbeit gehen wird.
Lesens Wert

Mehr zum Thema