2022-08-17T18:59:19+0000

„Dann steht die Branche Kopf“

Es wäre einer der folgenschwersten Deals in unserer Branche der vergangenen Jahre: Seit Monaten wird im Markt heftig darüber spekuliert, ob der Schadensteuerer Innovation Group von der Allianz Versicherung übernommen wird. Das wäre nach der Übernahme von DMS durch Global Automotive Service eine weitere Konsolidierung im Schadenmarkt innerhalb weniger Monate. Wir recherchieren seit Wochen zu dem Thema und haben mit Managern der Industrie, mit Werkstattgruppen, Finanzexperten, Verbandsfunktionären, Schaden-Chefs aus der Versicherungswirtschaft sowie mit gewöhnlich gut informierten Betriebsinhabern gesprochen. Alles streng vertraulich, daher finden sich in unserem [Beitrag über einen möglichen Kauf von Innovation Group](https://schaden.news/de/article/link/43022/steht-innovation-group-vor-einer-uebernahme-durch-die-allianz) auch keine Namen. In dieser Woche verdichten sich nun die Hinweise auf eine Übernahme, deshalb veröffentlichen wir heute die Informationen, die uns zur Verfügung stehen. Leider haben wir weder von der Allianz noch von Innovation Group trotz Anfrage ein konkretes Statement erhalten. Doch die übereinstimmenden Einschätzungen unserer zahlreichen Gesprächspartner legen den Schluss sehr nahe, dass die Allianz Versicherung nach dem Kauf des Datenlieferanten GT Motive und nach der Übernahme von Control Expert jetzt auch Innovation Group schluckt. Die Folgen wären für den Schadenmarkt gravierend oder wie einer unserer Gesprächspartner es nannte: „Dann steht die Branche Kopf“. Denn die Allianz Versicherung hätte mit der Übernahme nicht nur unmittelbaren Zugriff auf Schadendaten (GT Motive) und Prüfdienstleistungen von Wettbewerbern (Control Expert), sondern auch auf das Werkstattnetz und Reparaturvolumen des bisher größten unabhängigen Schadensteuerers Deutschlands. Gleichzeitig würden die Münchener auch ihre Konkurrenten, die AXA Versicherung und R+V sowie weitere Kfz-Versicherer, mächtig unter Druck setzen. Die rund 40 Assekuranzen, die derzeit Kunden von Innovation Group sind, müssten sich Gedanken über einen alternativen Schadensteuerer machen. Hinzu kommt, dass der Autoglas-Dienstleister Wintec, das Ersatzteil- sowie das Flottengeschäft bei einer Übernahme der Muttergesellschaft künftig von der Allianz kontrolliert würden. Wie das Bundeskartellamt einen solchen Schritt bewertet, wissen wir nicht. Noch eins ist bei unseren Recherchen offenbar geworden: Innovation Group schreibt scheinbar herbe Verluste und steht bei den Banken tief in der Kreide, wie aus der uns vorliegenden Konzernbilanz der Muttergesellschaft Innovation Group Germany hervorgeht. Im Jahr 2020 hat der Konzern demnach rund 7 Mio. Euro Verlust geschrieben und die Verbindlichkeiten gegenüber den Banken belaufen sich mittlerweile auf 126 Mio. Euro. Uns haben Finanzexperten und Unternehmensberater gesagt, dass so die Bilanz eines „Übernahmekandidaten“ aussehe. Ob es zu einem Eigentümerwechsel wirklich kommt, können wir mit letzter Gewissheit natürlich nicht sagen. Wir halten es als Journalisten allerdings für sehr wichtig, die Branche über diese tiefgreifende Veränderung auf sachlicher Basis zu informieren. Wir werden sehen, was kommt.
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