2022-07-27T10:29:18+0000

Steigende Rest- und Wiederbeschaffungswerte beeinflussen Reparaturkosten

Bereits Anfang des Jahres gingen Experten davon aus, dass steigende Gebrauchtwagenpreise erheblichen Einfluss auf die Kfz-Reparaturkosten haben werden. [Im Januar schätzte ZKF-Präsident Peter Börner die Entwicklung so ein, dass wieder mehr repariert werden würde, wenn die Kosten für gebrauchte Fahrzeuge steigen. Das hätte „maßgeblichen Einfluss auf die Auftragslage in K&L-Betrieben“.](https://schaden.news/de/article/link/42653/gebrautwagenpreise-beeinflussen-reparaturkosten) Die rasend steigende Inflation und die wachsenden Produktionsprobleme in der Automobilindustrie haben die Anschaffung von Gebrauchtwagen in den letzten Monaten nun weiter verteuert. Die Folge: auch Rest- und Wiederbeschaffungswerte steigen. „Der Markt ist wie leergefegt. Fahrzeuge sind momentan ein knappes Handelsgut“, erklärt der APE-Geschäftsführer Thorsten Böhm beim Redaktionsgespräch mit schaden.news in München. Der erfahrene Branchenkenner ist seit knapp drei Jahren im Managementteam der Restwertbörse CARTV, war zuvor beim Prüfdienstleister Eucon und fast 25 Jahre bei Audatex Deutschland beschäftigt. Er weiß, wovon er spricht – und er hat eine derartige Entwicklung noch nicht gesehen. „Dadurch, dass der Gebrauchtwagenmarkt so stark unter Druck steht, kennen folglich auch die Rest- und Wiederbeschaffungswerte nur eine Richtung – und zwar nach oben.“ ## Restwerte steigen im Vergleich zum Jahr 2019 um bis zu 45 Prozent Thorsten Böhm hat für schaden.news die Entwicklung anhand seiner Statistik aus der CARTV-Datenbank ausgewertet. Demnach sind die Restwerte von 2019 bis ins Jahr 2021 um mehr als 30 Prozent gestiegen. „Dieser Trend setzt sich aktuell weiter fort“, betont der Thorsten Böhm und fügt hinzu: „Vergleicht man die Entwicklung von 2019 bis Ende des ersten Halbjahres 2022 kommen wir sogar auf eine Steigerung von mehr als 45 Prozent.“ Das hat jetzt, wie bereits Anfang des Jahres vermutet, tatsächlich Auswirkungen auf Wiederbeschaffungswerte und Reparaturkosten. Nach Angaben von CARTV sind die Kosten für die Wiederbeschaffung und Instandsetzung von Fahrzeugen im gleichen Zeitraum um 20 Prozent gestiegen. Thorsten Böhm schätzt, dass sich diese Entwicklung erst Ende kommenden Jahres wieder beruhigen könnte. ## Profitieren K&L-Betriebe von der aktuellen Entwicklung? Die derzeitige Situation hat wiederum einen besonderen Effekt auf die Unfallschadenreparatur. „Wir stellen fest, dass unsere Händler jetzt das Reparaturgeschäft stärker in den Blick nehmen“, betont Lars Hanse, Sales Director Insurance & Experts bei CARTV. Er begründet diesen Trend nicht nur mit den steigenden Preisen, sondern auch mit der längeren Haltedauer von PKW. „Die Menschen fahren ihr Auto jetzt länger, kaufen die Fahrzeuge aus Leasingverträgen und lassen öfter reparieren.“ Außerdem würden momentan mehr teure Unfallreparaturen durchgeführt. „Die Kfz-Versicherer geben deutlich höhere Reparaturkosten frei als bisher.“ Der Hintergrund: Bei steigenden Preisen für die Wiederbeschaffung eines Fahrzeuges erhöht sich auch die 130 Prozent-Reparaturgrenze. Das bedeutet, dass stark beschädigte Unfallfahrzeuge mit umfangreichen Schadenbildern jetzt öfter wieder instandgesetzt werden können, weil sie kein wirtschaftlicher Totalschaden mehr sind. Dies gilt insbesondere für Fuhrpark, Leasing und Flotten. Denn aufgrund deutlich geringer Verfügbarkeit von Neuwagen, geht es Fuhrparkmanagern in besonderem Maße derzeit um die Aufrechterhaltung der Mobilität. Also wird auch hier mehr repariert und davon scheinen K&L-Betriebe zu profitieren. ## Nachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung Für Thorsten Böhm und Lars Hanse steht fest, dass die Entwicklung das Verhalten der Verbraucher zum Autofahren verändern wird. „Wir werden sehr wahrscheinlich sehen, dass in den nächsten Monaten mehr Wert auf die Instandsetzung von Fahrzeugen gelegt wird, weil die Anschaffung eines Neuwagens zu kostspielig ist.“ Diese Entwicklung würde Karosserie- und Lackierbetriebe in die Karten spielen, die dann häufiger reparieren und größere Unfallschäden instand setzen würden – wenn denn die Reparaturkapazitäten vorhanden sind.
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