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2022-03-23T11:38:03+0000

„Der Weg aus der Krise ist ebenso lang wie der Weg hinein“

„Der Veränderungsdruck in den Betrieben hat allein innerhalb des vergangenen Jahres stark zugenommen. Das sorgt in vielen Unternehmen für Beunruhigung“, weiß auch Herbert Prigge von der bpr Mittelstandsberatung in Dortmund. Pandemie, Krieg, unspezifische Kostensteigerungen bei Energiepreisen und Ersatzteilen: „Das sind klassische exogene Einflüsse, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat, die er aber im Einzelnen vielleicht noch kompensieren kann. Wenn jedoch noch innerbetriebliche Faktoren dazukommen, potenzieren sich die Probleme für den Betrieb“, weiß der Experte. Wird die Schieflage, in die das Unternehmen jetzt geraten kann, nicht erkannt, dann droht im schlimmsten Fall die Insolvenz. ## Durch regelmäßige Kennzahlenanalyse vorbeugen Wer seine Kennzahlen stetig im Blick hat, hat laut Herbert Prigge nun aber einen entscheidenden Vorteil gegenüber Unternehmern, die in der Vergangenheit eher lax mit diesem Thema umgegangen sind. „Einige Betriebsinhaber erkennen erst spät, dass ihnen die Zahlen weggelaufen sind.“ Der Unternehmensberater skizziert im schaden.news-Gespräch fünf Entwicklungsstadien, die ein Unternehmen in eine Schieflage bringen können. Das erste Stadium sei dabei von einer Fehleinschätzung des Unternehmers selbst gekennzeichnet, beispielsweise durch eine falsche Strategie. Im zweiten Stadium gehe es um notwendige Anpassungen. Eine zu langsame Reaktion auf sich verändernde Märkte, ein Investitionsstau oder die fehlende Konzentration auf einen Kernbereich gehören dazu. Im dritten Stadium verzeichnet der Unternehmer beispielsweise Nachfragerückgänge sowie sinkende Umsätze. „Spätestens in diesem Stadium ist es für den Unternehmer Zeit, zu handeln und sich professionelle Unterstützung zu suchen“, betont Herbert Prigge. Andernfalls sind im nächsten Schritt eine Verringerung des Ertrages und im fünften Stadium Liquiditätsschwierigkeiten die Folge. „Im schlimmsten Fall droht die Zahlungsunfähigkeit, also die Insolvenz“, warnt der Experte. ## „Offen kommunizieren“ „Je früher der Unternehmer sich Hilfe sucht, desto besser stehen die Erfolgschancen“, weiß der Unternehmensberater aus Erfahrung. Er rät davon ab, das Thema mit sich allein auszumachen. Stattdessen empfiehlt er, gegenüber seiner Bank oder dem Steuer- sowie Unternehmensberater sachlich und objektiv und vor allem offen zu kommunizieren. ## Beseitigung der Krise im Rückwärtsgang Die Beseitigung der Schieflage erfolgt in umgekehrter Reihenfolge der Krisenstadien. „Zunächst muss also die Liquidität wieder hergestellt werden“, erklärt Herbert Prigge. Das könne beispielsweise durch Verkauf von nicht mehr benötigtem Anlagevermögen, einem verbesserten Forderungsmanagement oder frischen Einlagen geschehen. Im nächsten Schritt wird nach Möglichkeiten gesucht, den Ertrag zu verbessern und im Anschluss auch den Absatz überhaupt zu steigern. Der Experte gibt zu bedenken: „Es braucht einen langen Atem, eine wirtschaftliche Schieflage für Betriebe endgültig zu beseitigen. Denn der Rückweg aus der Krise dauert mindestens ebenso lang wie der Weg hinein – wenn nicht sogar länger.“