2021-09-22T12:15:10+0000

DEKRA Workshop Schadengutachten: Detektivarbeit am Unfallfahrzeug

Gleich zu Beginn des ersten Messetags führte DEKRA auf der Automechanika einen Live-Workshop zum Thema systematische Schadenerfassung durch. Martin Lutz, Ausbildungsleiter für Schadengutachten im Bewertungsbereich am Ausbildungszentrum Altensteig und sein Teamkollege Florian Birkhold, zeigten dort den Autodoktoren Hans-Jürgen Faul und Holger Parsch, wie sie als Sachverständige dabei vorgehen. ## Harmlos erscheinendes Schadenbild kann trügerisch sein Ausgerüstet mit dem erforderlichen Equipment, zu dem unter anderem ein Dellenreflektor, eine Lacklupe, ein Lackschichtdickenmessgerät und ein elektronisches Tool zur Rahmenvermessung zählen, schien der Fall des Opel Astra Sports Tourers mit dem leichten seitlichen Frontschaden zunächst klar. „5.000 Euro“ lautete daher die erste Schätzung der Autodocs, die jedoch im Lauf der rund 30-minütigen Übertragung immer weiter nach oben korrigiert wurde. Der Grund: Nach und nach förderte die Überprüfung von Scheinwerfern, Stoßfänger, Kabelbäumen, Felgen und Reifen immer weitere Beschädigungen zutage. Hinzukam, dass die Verformungen von Kotflügel und Motorhaube aufgrund des dort verwendeten Aluminiums nicht instandgesetzt, sondern erneuert hätten werden müssen. „Es gibt supertolle Werkzeuge, die Alureparaturen darstellen können. Aber es bleibt immer eine Einzelfallbetrachtung“, stellte Martin Lutz klar. Auflagen, die die Autobauer beim Personenschutz einhalten müssten, führten jedoch häufig zu einer weniger massiven Bauweise, um die Aufprallenergie ins Fahrzeug leiten zu können. Eine fehlerhafte Instandsetzung könne diese Funktion unter Umständen beeinträchtigen, erklärte der Experte weiter. ## „Wir bleiben euer Partner, bis das Fahrzeug repariert ist“ Nach der Entfernung des Stoßfängers stellten die Autodoktoren einen möglichen Kabelbruch der dort verbauten Sensoren fest und wollten wissen, was passiert, wenn solch ein Fehler erst nach dem Zusammenbau bei der Funktionsprüfung entdeckt werde. Florian Birkhold machte deutlich, dass Werkstätten in einem solchen Fall immer die Möglichkeit hätten, ein Nachgutachten erstellen zu lassen, bei dem weitere Bilder angefertigt, Diagnosen durchgeführt und der Fehlerspeicher ausgelesen werde. Dies sei zugleich auch einer der entscheidenden Vorteile gegenüber einem selbst durch die Werkstatt erstellten Kostenvoranschlag, wo sich eine Schadenerweiterung im Anschluss als deutlich schwieriger erweise. „Wir bleiben euer Partner, bis das Fahrzeug repariert ist“, betonte der Experte. ## Rechtssicherheit durch vollumfängliche Begutachtung Angesichts der zu diesem Zeitpunkt bereits deutlich gestiegenen ermittelten Schadenkosten stellte Martin Lutz klar, dass er als Gutachter stets an die Schadenminderungspflicht gebunden sei. Dies bedeutet, dass nur jene Positionen in die Kalkulation einflössen, die eine fach- und sachgerechte Reparatur gewährleisteten. Abhängig vom Versicherungsfall seien auch Kosten für die Einlackierung zu berücksichtigen. Trotz dieses bereits beachtlichen Katalogs verwies Florian Birkhold darauf, dass zusätzlich noch der Allgemeinzustand, etwaige Gebrauchsspuren und der Gesamtwert des Fahrzeugs ermittelt werden müssten, um das Vorliegen eines Totalschadens ausschließen zu können. Ein Schadengutachten sei vor allem deshalb immer eine sehr individuelle Angelegenheit, weil darin alles vollumfänglich hinterlegt werde: Reparaturhöhe, eventuell anfallende Wertminderung, Nutzungsausfall und die Beschreibung des Fahrzeugs. Die Dokumentation durch Bildmaterial und Messprotokolle gebe der Werkstatt dabei im Gegensatz zum Kostenvoranschlag die nötige Rechtssicherheit, um die Aufwände gegenüber Auftraggebern verargumentieren zu können.
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