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2021-06-30T10:18:14+0000

IBIS TV Summit 2021: Wo steht der deutsche Unfallschadenmarkt im internationalen Vergleich?

Die Themen, die im Web in den Vorträgen und Diskussionen des Internationalen Bodyshop Symposiums (IBIS) vergangene Woche (24. Juni) angerissen wurden, waren vielfältig. Angefangen bei der Entwicklung des Schadenmarktes unter dem Einfluss der Pandemie über die Nachwuchskräftegewinnung, digitale Schadenerkennung bis hin zur Nachhaltigkeit und Elektromobilität lieferten die Referenten wichtige Impulse. Das Motto der Online-Veranstaltung lautete: „Ready, steady, grow", übersetzt: „Auf die Plätze, fertig, wachsen!" (in Anlehnung an „Ready, steady, go" = „Auf die Plätze, fertig, los"). Ziel sei es schließlich, so IBIS CEO Jason Moseley in seiner Begrüßungsrede, gestärkt aus der Pandemie hervorzugehen und die Chancen, die sich in den vergangenen Monaten trotz aller Marktschwierigkeiten ergeben haben, zu ergreifen, um zu wachsen. ## Deutsche Werkstätten vom pandemiebedingtem Auftragsrückgang im globalen Vergleich weniger schwer betroffen Einen Überblick über die internationale Schadenmarkt-Lage in Pandemiezeiten gab es von Quentin Le Hetet, General Manager bei GiPA, einem Marktforschungsunternehmen, das auf den Automotive Aftermarket spezialisiert ist. Schnell wurde klar: Durch die Pandemie startet einen neue Ära. Waren bisher die neuen Antriebe und neuen Mobilitätstrends im Mittelpunkt, werden zukünftig verstärkt auch das veränderte Fahrverhalten sowie die Veränderung von Fuhrparkstrukturen im Fokus stehen. Zudem gab Le Hetet einen Überblick über die Auswirkungen der Pandemie auf den Unfallschadenmarkt: Deutschland gehört, gemeinsam mit Polen und Frankreich, zu den Staaten, in denen der Einbruch des Auftragsvolumen durch ausbleibenden Verkehr im Mittelfeld bei rund -15 Prozent lag. Andere Länder hatten mit weit größeren Einbußen an Aufträgen in Reparaturwerkstätten zu kämpfen, beispielsweise Italien mit rund -25 Prozent oder Argentinien mit -38 Prozent. Zudem zeigte Le Hetet, dass der deutsche Unfallschadenmarkt sich auf dem Weg der Erholung befindet. Einige Länder, beispielsweise China, befanden sich im 1. Quartal 2021 bereits wieder deutlich auf Wachstumskurs, verglichen mit dem Vorjahreszeitraum. Laut Le Hetet ist es unstrittig, dass es auch zukünftig durch mehr Homeoffice und weniger gefahrene Kilometer das Niveau des Verkehrsaufkommens vor der Pandemie kaum wieder erreicht werden wird. Andererseits habe sich der Stellenwert, den das Auto für den Verbraucher darstellt, noch einmal erhöht, wohingegen der öffentliche Verkehr an Bedeutung verloren habe. Dies werde auch zukünftig Einfluss auf den Straßenverkehr und das Unfallaufkommen haben. ## Wie kommt die Branche an junge Fachkräfte? Wie sich die Nachwuchskräftegewinnung für K&L-Betriebe momentan gestaltet, diskutierten IBIS CEO Jason Moseley und IBIS-Moderator Robert Snook gemeinsam mit Dave Reece, Gründer der School of Thought, Shannon Tardiff, CSN Collision Centres in Kanada, Leanne Jefferies, unter anderem Vizepräsidentin der Nachwuchsförderungsorganisation Skills Canada, Eric Kenar, Manager Technician Environment and Service Technical College bei General Motors, und Dean Lander vom automotive Forschungsinstitut Thatcham Research. Schnell wurde klar: „Die Branche hat ein PR-Problem". Nach wie vor würden Berufsbilder wie Karosseriebauer oder Fahrzeuglackierer mit „schmutzigen" Arbeiten verbunden. Dabei seien Autoberufe heutzutage hoch techologisch und erfordern eine Ausbildung mit hohen Qualitätsstandards. Zudem müsse die Technologie in der Ausbildung und auch im Image der Berufsbilder stärker in den Fokus rücken. Die Diskussionsrunde war sich einig, dass man gute Vorbilder benötigt, um das Handwerk stärker in den Fokus von Schulabgängern zu rücken. „Dazu müssen wir auch ihre Sprache sprechen", meinte einer der Diskussionsteilnehmer und ging damit auf die zielgruppengerechte Ansprache der
potentiellen Fachkräfte in Imagekampagnen ein. ## Welchen Einfluss haben E-Fahrzeuge zukünftig auf die Unfallschadenreparatur? Mit der Entwicklung des Einflusses von Elektrofahrzeugen auf die Unfallschadenbranche setzte sich Arnaud Agostini, Vizepräsident International Sales bei Solera, auseinander. Unter dem Titel „Verläuft die Elektrifizierung zu schnell oder sind wir zu langsam?" zeigte er die Kluft auf, die dazu führt, dass die vollständige Integration von E-Fahrzeugen auf den Straßen wohl noch etwas länger dauern wird. Als Gründe nannte Agostini zum einen die teureren Anschaffungspreise und die mangelnde Lade-Infrastruktur. Zudem seien einige Ersatzteile um 30 bis 40 Prozent teurer als für Fahrzeuge mit herkömmlichem Antrieb, was die Reparaturkosten in die Höhe treibt. Ebenfalls für höhere Reparaturkosten sorgen laut Arnaud Agostini längere Reparaturzeiten, da bestimmte Prozessschritte anfallen, die bei einem benzin- oder dieselbetriebenem Fahrzeug keine Rolle spielen, beispielsweise das Spannungsfrei-Schalten. Zudem seien mancherorts die Fachkräfte in den Betrieben noch nicht ausreichend für die Arbeit an E-Fahrzeugen ausgebildet. Letzter Punkt: Es sei teurer, E-Fahrzeuge zu versichern, da der Versicherer die höheren Reparaturkosten, die ein E-Fahrzeug mit sich bringt, in die Policen einkalkuliert. Aufgrund dieser Argumente werde es wohl noch etwas dauern, bis E-Fahrzeuge tatsächlich die Verbrennerfahrzeuge von den Straßen verdrängen. ## Künstliche Intelligenz und virtuelle Schadenabwicklung Auch das Thema Digitalisierung im Schadenmanagement wurde während des IBIS TV kritisch beleuchtet. So stellte sich Sean Carey, Vorsitzender von SCG Management Consultants, der Frage, ob Künstliche Intelligenz und digitale Schadenabwicklung das Vertrauen der Autofahrer wirklich stärkt oder die Kluft zum Kunden möglicherweise vergrößert, weil beispielsweise der per KI kalkulierte Reparaturpreis dann doch unter dem liegt, den die Werkstatt nach Begutachtung des Fahrzeugs vor Ort kalkuliert. ## Nachhaltigkeit im Fokus Ein weiterer Schwerpunktthema war die Klimakrise und das Setzen auf nachhaltige Konzepte. Diese würden auch immer stärker in das Bewusstsein der Verbraucher rücken und auch Werkstätten kämen daran nicht vorbei, waren sich die Teilnehmer dieser Diskussion einig. „Die Klimakrise geht uns alle an." Nach Meinung von Dominic Naier, Direktor von Carbon Neutral Repair, einem Beratungsunternehmen, das sich auf die Entwicklung CO2-reduzierender Strategien im Automotive Aftersales-Markt konzentriert. Wer keine Strategie habe, werde es zukünftig schwer haben, war er sich sicher. Zumal eine CO2-reduzierende Strategie jedem Betrieb etwas bringe, angefangen bei der Reduktion der eigenen Energiekosten über den Imagegewinn dem Kunden gegenüber bis hin zum eigentlich zu erzielenden reduzierenden Ausstoß an CO2 und somit einer Verbesserung des eigenen Fußabdrucks. Auch in diesem Jahr war schaden.news deutscher Medienpartner von IBIS TV. Weitere Partner des Online-Events waren unter anderem Glasurit, DAT, Solera sowie 3M und die Automechanika Frankfurt. Während der rund vierstündigen, aber sehr kurzweiligen Online-Veranstaltung hatten die Teilnehmer zudem die Möglichkeit, in speziell eingerichteten Chaträumen zu netzwerken. IBISTV 2021: Live-Diskussion und Austausch über die Themen der Branchen auf hohem Niveau.
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