2021-02-03T14:04:06+0000

HUK-Coburg: „Die meisten Partnerwerkstätten haben Umsatzziele erreicht“

Thomas Geck, Leiter Schadenprozessmanagement der HUK-Coburg, spricht im schaden.news-Exklusiv-Interview über Auswirkungen der Pandemie, den Ausgleich für entgangenen Umsatz im gesteuerten Reparaturgeschäft und die Umsetzung der Online-Terminvereinbarung. ___Herr Geck, beim Schadentalk im September gingen Sie von einem Rückgang im Schadengeschäft 2020 um die 15 Prozent aus. Wie lautet Ihr Fazit heute? ___ __Thomas Geck:__ Bei den Prognosen im September war das Ausmaß des zweiten Lockdown im Herbst und Winter 2020 noch nicht abzusehen. Konkrete Zahlen können wir momentan für das Gesamtjahr 2020 noch nicht nennen. Was wir aber sagen können, ist, dass das gesteuerte Schadengeschäft leicht überproportional zu diesen Prognosen verlief. Weil wir darauf geachtet haben, die Werkstätten auch unter schwierigen Lockdown-Bedingungen mit Aufträgen zu versorgen. Somit waren hier die Umsatzausfälle nicht ganz so hoch, wie prognostiziert. ___Ihr Vorstandssprecher Klaus-Jürgen Heitmann schätzt den Rückgang für das gesamte Schadenvolumen auf 15 Prozent. Wir haben Meldungen von Partnerwerkstätten, dass die gesteuerten Schäden bei der HUK-Coburg teilweise bis zu 20 Prozent zurückgegangen sind. Diese Situation stellt sich unseren Beobachtungen zufolge aber von Region zu Region sehr unterschiedlich dar. ___ __Thomas Geck: __Ja, ganz klar gibt es regional bedingt deutliche Unterschiede. Verzeichneten Betriebe im Süden beispielsweise schon zeitig sehr starke Auftragseinbußen, spürten die Werkstätten im Norden diese erst zeitversetzt. Natürlich war die Situation in den Betrieben dabei stark von ihrer Auftragsstruktur abhängig. Gerade bei Werkstätten mit viel Flottengeschäft dürfte ein deutlicherer Auftragsrückgang, in Abhängigkeit der jeweiligen Flotte, zu spüren gewesen sein. Das Bild bestätigt sich also, aber man muss sich die Lage einzelner Betriebe genau ansehen. Was die Steuerung von Reparaturvolumen angeht, haben wir in weit mehr als der Hälfte der Betriebe unser Umsatzziel erreichen können. ___Das liegt aber sicher auch an der verstärkten Lenkung von Unfallschäden in der zweiten Jahreshälfte 2020, vor allem in Betriebe, die ihre Umsatzziele drohten zu verfehlen.___ __Thomas Geck:__ Zunächst möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass wir sehr früh begonnen haben, die Betriebe mit mehreren Maßnahmenpaketen zu unterstützen, z.B. mit den Pauschalen, den Vorschusszahlungen und der vorgezogenen Stundenverrechnungssatzerhöhung. Konsequent war es dann natürlich auch umzusteuern, um Umsatzversprechen zu erfüllen. ___Nun stehen die Jahresgespräche an. Was sagen sie den Partnerwerkstätten, bei denen das Umsatzziel nicht erreicht wurde? ___ __Thomas Geck: __ Im Jahresgespräch reden wir mit diesen Partnern und vereinbaren ein neues Umsatzziel. Zudem erhalten Betriebe zusätzlich zu dem, was für dieses Jahr vereinbart wurde gemäß unserer Vereinbarung, noch einen Zuschlag, wenn das Umsatzziel verfehlt wurde. ___Wie groß wird dieser Zuschlag sein?___ __Thomas Geck:__ Das sehen wir uns im Detail an, denn da spielen mehrere Komponenten eine
Rolle. Unter anderem, wie hoch der Umsatz und die Umsatzverfehlungen im Detail sind. ___Das heißt, Sie schauen individuell, wie hoch die Differenz ist zwischen dem, was vereinbart war und dem, was erreicht wurde. Es werden aber sicher auch neue Umsatzziele für 2021 vereinbart. Diese dürften doch deutlich geringer ausfallen, oder?___ __Thomas Geck: __Natürlich wird es neue Umsatzziele für dieses Jahr geben. Und natürlich wird die Pandemie und ihre Folgen unsere Entscheidungen beeinflussen. Vor diesem Hintergrund werden wir jetzt vorsichtiger vorgehen. Dadurch erhält die Werkstatt aber auch mehr Planungssicherheit. Wir wissen, wie unterschiedlich die Partnerwerkstätten aufgestellt sind. Miteinander reden heißt für uns auch immer, zuzuhören. Gemeinsam suchen wir dann nach passenden Lösungen. Einen Betrieb, der gerade erst eröffnet oder im vergangenen Jahr Investitionen gestemmt hat, trifft die Krise ungleich härter als etablierte Betriebe ohne Investitionsbedarf. Die Umsatzziele entstehen also nicht im luftleeren Raum. Ihre Festsetzung orientiert sich an den individuellen und regionalen Voraussetzungen. Und genau das unterscheidet uns von zahlreichen anderen Steuerern. ___Wenn also das Umsatzziel in einem Betrieb nicht erreicht wurde, wird der Stundenverrechnungssatz für das kommende Jahr angehoben, aber mit einem geringeren Umsatzziel?___ __Thomas Geck:__ Ja, so stellt sich das dar. ___Wenn wir uns eine wesentliche Auswirkung der Corona-Krise ansehen, dann ist es ja erklärtes Ziel des Lockdown, die Mobilität zu reduzieren. Wie wird sich Ihrer Einschätzung nach das Fahrverhalten weiter verändern? ___ __Thomas Geck: __Wir haben im Jahr 2020 deutlich weniger gefahrene Kilometer gesehen als 2019. Die Frage ist jetzt natürlich, wie lange der zweite Lockdown noch dauern wird. Hinzu kommen zahlreiche andere Faktoren: Homeoffice wird vielerorts bleiben, zahlreiche Arbeitnehmer und Arbeitgeber denken inzwischen über Hybridlösungen nach. Die Stärke der Rushhour wird dadurch weiter zurückgehen, ebenso die ÖPNV-Nutzung. Es wird nach dem Lockdown aber auch einen extremen Nachholbedarf geben, weil die Menschen wieder vermehrt unterwegs sind. Zudem wird der Urlaub häufiger in Deutschland stattfinden. Doch selbst wenn in Summe weniger gefahren wird, werden Kleinschäden vermutlich zunehmen. Denn Fakt ist, die meisten Unfälle passieren auf Kurzstrecken und auf Parkplätzen vor Bau- und Supermärkten. ___Ein weiterer spannender Punkt aus unserer Sicht: Die Schaden-Kosten-Quote der Kfz-Versicherungswirtschaft. Bei der HUK-Coburg sind die Schadenzahlungen nach eigenen Angaben um 10 bis 15 Prozent zurückgegangen. Die HUK-Coburg müsste für das Jahr 2020 somit einen historisch guten Combined Ratio schreiben können… ___ __Thomas Geck: __Zu einer guten Combined Ratio gehören aber auch die Kunden, die die Beiträge bezahlen. Darum ganz klar, das ist das Geld unserer Versicherungsnehmer. Ich denke, wir haben einen guten Weg gefunden, die Situation auszutarieren: Im Jahr 2020 haben wir den Partnerwerkstätten wirklich sehr schnell und effektiv direkt im ersten Lockdown geholfen. Das hatte wohl kaum jemand von uns so schnell erwartet. Im August
haben wir noch einmal nachgezogen und den Stundensatz erhöht. ___Klaus-Jürgen Heitmann hat ja bereits angekündigt, dass die Versicherungsnehmer für das Jahr 2020 eine Prämien-Rückzahlung bekommen. Wäre es nicht möglich den Investitionskostenzuschuss für die Partnerwerkstätten zu erhöhen? Schließlich stehen die Betriebe ja ohnehin vor starken Herausforderungen, die nun durch die Pandemie noch größer werden.___ __Thomas Geck: __Wie schon gesagt, das Geld gehört denen, die die Prämien bezahlen, unseren Kunden. Gleichzeitig berücksichtigen wir aber auch die Herausforderungen der Partnerwerkstätten wie kaum ein anderer Kfz-Versicherer. Schon seit Jahren zahlen wir den Investitionskostenzuschuss ebenso wie einen Zuschuss für Auszubildende. Oder denken wir beispielsweise an das Thema Mehrmarkendiagnosegeräte: Wir haben unseren Partnern hier zu sehr guten Konditionen eine Lösung bereitgestellt. Künftig wird es vor allem um den Ausbau der digitalen Infrastruktur in den Betrieben gehen. Auch hier stehen wir den Partnerwerkstätten mit unserem Angebot Digitales Autohaus zur Seite. Wir sind an dieser Stelle in Vorleistung gegangen, um den Betrieben ein sehr attraktives Gesamtpaket an die Hand zu geben, bei dem wir investieren und ins Risiko gehen. ___Wie ist denn der Stand bei der Umsetzung des Digitalen Autohauses? ___ __Thomas Geck: __Die Verträge mit Gudat Solutions sind unterschrieben. Wir werden das digitale Autohaus und die digitale Anbindung im Rahmen der Jahresgespräche mit den Betrieben in den kommenden Monaten ausrollen. ___Das heißt, die Online-Terminvereinbarung wird starten?___ __Thomas Geck: __Zunächst geht es darum, dass die Technik dafür grundsätzlich verfügbar ist, beispielsweise für die Statusverfolgung des Auftrages. Wenn die Software installiert ist, können die Infos für freie Auftragstermine zwischen uns und den Partnerwerkstätten kommuniziert werden. Aber die Freigabe der Termine, das ist mir wichtig, liegt ausschließlich in der Hand des Betriebs. Er kann uns als Auftraggeber in einem bestimmten Zeitrahmen Termine einräumen. Dafür müssen die technischen Voraussetzungen geschaffen werden. Das Digitale Autohaus ist ein Werkzeug, um einen Betrieb effektiver zu gestalten. ___EUROGARANT und ZKF haben im Dezember „Numinos“ vorgestellt. Die Software soll ein Betriebssystem für die Werkstatt sein und Terminfreigaben für alle ermöglichen und offen für die ganze Branche sein. Konkurriert das nicht mit Ihrem Weg? ___ __Thomas Geck: __Numinos ermöglicht als eine Art Betriebssystem den Zugang und die Bündelung verschiedener Werkstattsoftware, so haben wir den ZKF-Präsidenten Peter Börner verstanden. Wir stellen den Kalender und das Terminverwaltungswerkzeug von Gudat Solutions, die der Betrieb für alle seine Auftraggeber verwenden kann. Somit handelt es sich um zwei verschiedene technische Lösungen, die sich ergänzen und von den Betrieben keine Doppeleingaben erfordern . Die Gemeinsamkeit: Beides muss erst einmal in allen Betrieben implementiert werden. ___Was ist Ihr Ziel für das digitale Autohaus im Jahr 2021?___ __Thomas Geck: __Unser Ziel muss perspektivisch sein, dass wir alle Betriebe – auch herstellergebundene – über diese Plattform technisch ansprechen können. Nur das ist sinnvoll. Das wird nicht innerhalb eines Jahres leistbar sein. Unser Ziel ist jedoch, dass wir bis Jahresende eine deutlich dreistellige Anzahl an Betrieben an das digitale Autohaus angebunden haben. ___Vielen Dank für unser Gespräch!___
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