2020-04-29T13:52:18+0000

Steiler Absturz, schwerer Aufstieg

Die Lockerungen nach dem Shutdown in Deutschland wirken sich auf die Reparaturbranche wohl nur langsam aus. Spricht man in diesen Tagen mit Werkstattausrüstern und Zulieferern von K&L-Betrieben, dann scheint die Corona-Krise dort nun voll auf den Umsatz durchzuschlagen. Die aktuelle Auftragslage ist nach wie vor sehr unterschiedlich. In einigen Partnerwerkstätten kann sie allerdings schon wieder etwas besser sein. Zumindest lassen das aktuelle Zahlen von Innovation Group vermuten. ## Innovation Group: Rückgang gelenktes Reparaturvolumen jetzt bei minus 26 Prozent Die Redaktion sprach auch in dieser Woche (28.04.) mit dem Vorstandsvorsitzenden Matthew Whittall über die Entwicklung des gesteuerten Schadengeschäftes. „Wir sind vorsichtig optimistisch“, hieß es aus Stuttgart. „Die Steuerung läuft jetzt ein wenig besser als in der Vorwoche.“ Anfang April war das Reparaturvolumen im Vergleich zum Stichtag am 9. März bei Innovation Group noch um 44 Prozent abgestützt. „In dieser Woche liegen wir bei einem Rückgang von 26 Prozent. Es kommt jetzt darauf an wie sich die nächsten Tage entwickeln und ob die Lockerungen des Shutdown einen positiven Effekt auf das Reparaturvolumen haben.“ ## DAT: Bis zu 30 Prozent weniger Reparaturkostenkalkulationen Immer mehr K&L-Betriebe nutzen [SilverDAT 3](https://www.dat.de/reparaturkostenkalkulation/), um Reparaturkostenkalkulationen durchzuführen. schaden.news hat bei DAT nachgefragt, wie sich die Kostenvoranschläge während der Krise entwickelt haben. „Was wir sehen, ist, dass im Bereich der Reparaturkostenkalkulationen zu Beginn des Lockdowns Rückgänge zwischen 20 und 30 Prozent registriert werden konnten. Diese erholen sich aber inzwischen wieder“, erklärte der Unternehmenssprecher Dr. Martin Endlein in seiner Stellungnahme. Ein ähnliches Bild ergäbe sich auch bei der Endverbraucher-Nachfrage beim Werkstattportal [FairGarage](https://www.fairgarage.de/index.html). „Hier verzeichneten wir im Februar ein Besucherminus in der Größenordnung von mehr als zehn Prozent und im März von 30 Prozent. Wir gehen davon aus, dass Werkstattbesuche derzeit auch aufgeschoben werden.“ ## HUK-Coburg verlängert Corona-Maßnahmen Nach wie vor kann der größte deutsche Kfz-Versicherer den genauen Rückgang der Unfallschäden und des gesteuerten Reparaturvolumens nicht konkret nennen. Auf erneute Anfrage von schaden.news teilte die HUK-Coburg mit: „Sehr positiv stimmen uns zunächst einmal unsere von Woche zu Woche wieder steigenden Steuerungszahlen. Unsere Steuerungsquoten liegen sogar über dem Vorjahr – allerdings bei einem verminderten Schadenspotential.“ Corona-Maßnahmen wie Reparaturkostenvorschuss, Übernahme von zusätzlichen Lieferkosten von Ersatzteilen oder Bereitstellung des Ersatzwagens, aber auch die verstärkte Reparatur von Grenzfällen bei wirtschaftlichen Totalschäden, werden nach Angaben des Kfz-Versicherers bis Ende Mai verlängert.
## Aus Coburg weiterhin keine Erstattung von Aufwand für Desinfektion von Fahrzeugen [Die aktuellen Umfrageergebnisse von schaden.news zur Bewertung von Maßnahmen der Kfz-Versicherer in der Corona-Krise zeigt, dass vor allem der Zusatzaufwand zur Desinfektion und Reinigung von Fahrzeugen im Fokus der Betriebe steht.](https://schaden.news/de/article/link/41651/umfrage-sofortmassnahmen-partnerwerkstaetten-fordern-mehr-unterstuetzung) Aber gerade hier sperrt sich die HUK-Coburg, die diese Tätigkeiten aus den Rechnungen streicht. Viele Leser kritisieren in zahlreichen Zuschriften an die Redaktion das Vorgehen des Kfz-Versicherers. Dort heißt es: Würden die Betriebe nach dem Streichen der Rechnungsposition direkt auf ihre Kunden zugehen, um den Aufwand erstatten zu bekommen, würden sie zurückgepfiffen. Ein Leser schreibt dazu: „Jetzt habe ich 15 Kunden angeschrieben und sie gebeten, die Kürzungen zu bezahlen. Mir liegt in der Zwischenzeit ein Fax der HUK-Coburg vor, dass man mich dazu auffordert, es zu unterlassen die Corona-Kosten vom Kunden einzufordern.“ Die Coburger halten wohl auch künftig an ihrem Vorgehen fest. In der Stellungnahme gegenüber schaden.news heißt es: „Wir sprechen auch zu diesem Thema immer wieder mit unseren Partnerbetrieben, die uns zurückspiegeln, dass wir mit unseren aktuellen Maßnahmen richtig unterwegs sind und vor allem das Gesamtpaket zu bewerten ist. Allerdings beobachten wir auch hierzu den Markt und die Gesamtsituation, um im Bedarfsfall reagieren zu können.“ ## Fix Auto sieht Konsolidierung nach der Krise Spricht man mit Werksattketten wie Fix Auto oder der IRS Group, dann gibt man sich dort betont gelassen. „Der Umsatzrückgang beträgt bei unseren Partnern bisher zwar 14 Prozent, wir liegen aber insgesamt noch deutlich über Vorjahresniveau“, stellt Roy de Lange, Geschäftsführer von Fix Auto Deutschland, fest. Dem Franchisesystem gehören zurzeit jedoch nur fünf Betriebe an, ein sechster Partner kommt nach Angaben von Fix Auto in Kürze hinzu. Roy de Lange schätzt, dass professionell geführte K&L-Werkstätten auch die Corona-Krise überleben – er sieht das kanadische Franchisesystem hier gut aufgestellt: „Unsere Partnerbetriebe haben ihre Liquidität, die tagesaktuelle Rechnungstellung und ihre Werkstattprozesse genau im Blick und nutzen unsere Unterstützung.“ Der Deutschland-Chef rechnet nach der Krise mit einer „Beschleunigung der Konsolidierung“ im deutschen Schadenmarkt. Zudem würden Kfz-Versicherer künftig genau darauf achten, welche Partnerwerkstätten krisensicher seien. „Wir stellen derzeit auch ein wachsendes Interesse von Betrieben an Fix Auto fest“, erklärt Roy de Lange gegenüber schaden.news. „Offenbar denken viele Unternehmer angesichts der Corona-Krise darüber nach, sich einem System anzuschließen.“ Fix Auto unterstützt seine Partner derzeit auch in finanzieller Hinsicht und hat die Franchisegebühren für die Monate März und April deutlich reduziert. ## IRS Group: Normalisierung der Marktentwicklung frühestens im Herbst Die Werkstattkette Intelligent Repair Solution (IRS) sieht sich in der Corona-Krise sehr gut
aufgestellt. „Aufgrund der Stärke unserer Gruppe und der Kapitalausstattung haben wir keine Liquiditätsprobleme und einen langen finanziellen Atem“, erklärt Geschäftsführer Norbert Dohmen im Gespräch mit schaden.news. Insgesamt ist die Pandemie in den vergangenen Wochen allerdings auch an den 27 Standorten der Werkstattkette nicht spurlos vorübergezogen. „Die Auslastung in unseren Betrieben ist sehr unterschiedlich.“ Norbert Dohmen schätzt den Rückgang des Reparaturvolumens bei IRS auf bis zu 30 Prozent. Rund ein Drittel der Standorte haben bisher Kurzarbeit angemeldet. „Die Lage ändert sich wöchentlich, wir fahren auf Sicht“, heißt es in der Zentrale. Einen besonders starken Rückgang stellt der Geschäftsführer im Flottengeschäft fest, hier sei der Rückgang des Reparaturvolumens abrupt gewesen und besonders hoch. Chancen hingegen sieht Norbert Dohmen bei Leasingrückläufern in der Kleinschadeninstandsetzung. „Hier verzeichnen wir einen Auftragsstau, durch die bisher geschlossenen Autohäuser, den wir jetzt abarbeiten.“ Mit einer Normalisierung der Marktentwicklung rechnet IRS nicht vor Herbst dieses Jahres, wenn es nicht zu einer weiteren Infektionswelle durch das Coronavirus kommt. Auch darauf bereitet sich die Gruppe vor. Norbert Dohmen schätzt die Wahrscheinlichkeit jedoch als gering ein. „Wir schätzen, dass der Individualverkehr kurzfristig aus Sorge vor einer Infektion eher zunehmen wird und sich dann aber mittelfristig wieder einpendelt“, lautet seine Prognose. Ähnlich wie auch bei Fix Auto geht man in Rellingen davon aus, dass das Interesse der Betriebe an der IRS Gruppe nach der Krise wachsen wird. „Wir haben jedoch schon vor der Corona-Pandemie betont, dass wir keine Unternehmen sanieren, sondern selbst an gut aufgestellten Betrieben interessiert sind.“ Auch auf Kundenseite, also vor allem bei Kfz-Versicherern, würde die Akzeptanz einer Werkstattkette wie Intelligent Repair Solution steigen. ## EUROGARANT: „Der Einbruch ist nicht so stark wie anfangs befürchtet“ Auch die EUROGARANT AutoService AG rechnet erst in der zweiten Jahreshälfte mit einer Beruhigung der Lage. „Natürlich hat es auch bei uns vor allem in der ersten Woche Einbrüche bei den Reparaturaufträgen gegeben“, erklärt der Vorstandsvorsitzende Thorsten Fiedler. „Doch die Rückgänge sind weniger stark als am Anfang der Corona-Krise befürchtet.“ Dies liegt laut EUROGARANT auch daran, dass in den Partnerbetrieben Fahrzeuge von systemrelevanten Flotten wie aus der Lebensmittelbranche, sozialen Dienstleistern und Lieferservice instandgesetzt werden. Auch die Ersatzteilbestellungen sind rückläufig und das Seminarprogramm wurde eingestellt. „Wir arbeiten derzeit an der Umsetzung von Webinaren, die aber nicht für jeden Bereich realisierbar sind.“ Jede Lockerung beim Shutdown spürt man in der Friedberger Zentrale mit einiger Verzögerung auch im gesteuerten Reparaturgeschäft. Das Reparaturvolumen wächst auch hier wieder leicht. „Die Betriebe suchen dennoch derzeit natürlich auch nach Alternativen, um die Auslastung zu halten“, weiß Thorsten Fiedler. Die Lage in den EUROGARANT Betrieben sei jedoch sehr unterschiedlich. Allerdings habe sich der Aufwand für das verbleibende laufende Reparaturgeschäft durch die Corona-
Schutzmaßnahmen erhöht. „Bei Kurzarbeit sind weniger Mitarbeiter im Betrieb, die sich derzeit mit mehr Aufwand um weniger Aufträge kümmern.“ Auch die Friedberger unterstützen ihre Werkstätten in der Krise mit konkreten Maßnahmen. Thorsten Fiedler: „Wir haben bei den Leasingfahrzeugen die Zahlungsfrist von null auf 60 Tage erhöht. Darüber hinaus bieten wir eine flexible Lösung für die Rückerstattung von Kfz-Versicherungskosten der Unfallersatzfahrzeugen die vorübergehend nicht genutzt werden, wenn diese über uns versichert sind.“ ## Beratungsbedarf von K&L-Betrieben steigt [In einer aktuellen Umfrage von schaden.news geht die Mehrheit der befragten K&L-Betriebe davon aus, dass sich ihre Lage angesichts der Corona-Krise in der nächsten Zeit weiter verschlechtert.](https://schaden.news/de/article/link/41651/umfrage-sofortmassnahmen-partnerwerkstaetten-fordern-mehr-unterstuetzung) Dass die Verunsicherung der Unternehmen vielerorts groß ist, beobachtet auch Marina Markanian von der bpr Mittelstandsberatung in Dortmund. „Der Beratungsbedarf von K&L-Betrieben ist im Vergleich zu Vor-Krisenzeiten deutlich gestiegen“, berichtet die Unternehmensberaterin. Jedoch, fügt sie hinzu, seien zahlreiche Betriebe noch ausgelastet und hätten in den vergangenen Wochen noch stehende Aufträge abgearbeitet. „Der Rückgang im Straßenverkehr wird auch weniger Blechschäden verursacht haben. Die Folgen dafür werden für viele Betriebe aber erst in den kommenden Wochen spürbar sein“, gibt die Unternehmensberaterin eine Prognose ab. Schwierig werde es dann vor allem für Betriebe, die sich vor der Krise schon in einer Schieflage befunden haben, schätzt Marina Markanian die Lage ein. Um die Möglichkeiten der Sofortmaßnahmen zu beantragen, müsse das Team der Unternehmensberatung jede Anfrage individuell betrachten. „Gerade die Schnellkredite oder Corona-Kredite sind nicht für jeden Betrieb gleichermaßen geeignet und auch die Bedingungen für die Kreditberechtigung von verschiedenen Faktoren abhängig“, erklärt die Expertin. Für fast alle Betriebe gleichermaßen positiv wirke sich hingegen die Steuerstundung aus. „Und auch die Bitten um Tilgungsaussetzungen wurde von allen angesprochenen Banken und Leasinggesellschaften bisher problemlos durchgewunken“, berichtet die Unternehmensberaterin von den Erfahrungen der vergangenen Wochen.
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