2019-11-06T14:22:18+0000

Vermehrt Kürzungen der Kleinteilepauschale

Im Frühjahr dieses Jahres hatte Betriebsinhaber Andreas Lau aus Schönberg in einem offenen Brief das [Verhalten von Prüfdienstleistern und Kfz-Versicherern kritisiert.](https://schaden.news/de/article/link/41111/rechnungskuerzung-leserzuschriften-schoenberg-2019) Seitdem senden Leser der Redaktion von schaden.news immer wieder Beispiele von Kürzungen der Werkstattrechnung. Dabei fällt auf, dass vor allem die Kleinteilepauschale in den Prüfberichten gekürzt wird. ## Kleinteilepauschale um mehr als die Hälfte gekürzt Einen konkreten Prüfbericht des Prüfdienstleisters carexpert hat die Redaktion der Rechtsanwaltskanzlei Voigt und Experten des Dienstleistungsservice für Betriebe (DfB) der EUROGARANT AutoService AG vorgelegt. Der konkrete Fall: In der technischen Prüfung wurde die Kleinteilepauschale in Höhe von zwei Prozent um über die Hälfte gekürzt – und dies schon im Kostenvoranschlag. Im Prüfbericht heißt es zur Begründung: „Bei Reparaturen mit hohen Ersatzteilkosten ist die Prognose (der Kleinteilepauschale) nicht mehr passend. Zudem lässt sich der tatsächliche Bedarf im Vorfeld nicht genau bestimmen. (…) Aus diesem Grund halten wir einen zusätzlichen Bedarf in Höhe von 20,00 € (netto) für völlig ausreichend.“ ## „Die Kürzung der Kleinteilepauschale halten wir für rechtswidrig“ „Der Prüfdienstleister carexpert will uns offenbar schon durch die Kürzung in der Kalkulation dazu bringen, später nur diesen geringeren Betrag in Rechnung zu stellen “, vermutet der Betriebsinhaber, der von der Kürzung betroffen ist. Denn die rechtliche Bewertung der Kanzlei Voigt kommt zu dem Schluss, dass eine Kürzung in der Rechnung gegen geltendes Recht verstößt. Rechtsanwalt Wolf-Henning Hammer erklärt dazu: „Wir halten die Kürzung der Kleinteilepauschale grundsätzlich für rechtswidrig.“ Als wichtiges
Beispiel nennt er unter anderem ein Urteil des Amtsgerichts Suhl in dem es heißt: „Nicht maßgeblich für die Bestimmung der Erforderlichkeit der Kosten ist die nachträgliche Überprüfung der jeweiligen Reparatur- oder sonstigen Rechnungen durch den Schädiger und/oder seine Haftpflichtversicherung bezüglich der einzelnen Reparaturschritte und der Höhe der jeweiligen Rechnungsposition, solange diese Arbeit nur im grundsätzlichen Zusammenhang mit dem, durch den Unfall verursachten Schaden, stehen.“ (AG Suhl, Urteil vom 21.09.2016 - 1 C 544/15). Demzufolge scheint die Strategie des Prüfdienstleisters zu sein, Positionen bereits schon im Kostenvoranschlag zu ändern, um es später gar nicht erst zum Streitfall kommen zu lassen. In der Hoffnung, dass der Reparaturfachbetrieb die Kürzung aus dem Prüfbericht zum Kostenvoranschlag später in der Rechnung kritiklos übernimmt. ## 10 Prozent der Rechnungskürzungen betreffen die Kleinteilepauschale Bei Andreas Apel, Abteilungsleiter Schadenmanagement der EUROGARANT AutoService AG, ist das Problem bekannt. Im Rahmen des Dienstleistungsservice für Betriebe (DfB) checken die Experten in Friedberg hunderte von Kostenvoranschlägen und Rechnungen im Auftrag der Betriebe. „In etwa zehn Prozent der Fälle erfolgt eine Kürzung der Kleinteilepauschale“, erklärt Andreas Apel auf Nachfrage von schaden.news. „Aktuell haben wir wegen eines solchen Falls Klage eingereicht.“ Die Friedberger halten die Kleinteilepauschale für „zwingend notwendig, da sie Materialien abdeckt, welche aufgrund der fehlenden Ersatzteilnummern nicht erfassbar sind.“ Zum Hintergrund: Als Kleinteile werden nach Angaben von EUROGARANT Materialien und Flüssigkeiten angesehen, bei denen für eine sach- und fachgerechte Reparatur Teilmengen aus Gebinden oder Stücke aus Packungen entnommen werden - beispielsweise: Lappen, Reinigungsmittel, Rostlöser, Schmiermittel, Silikonspray, Fette, flüssige Schraubensicherungsmittel oder auch einzelne Unterlegscheiben, Muttern und Befestigungsschellen oder Abdeckpapier. In Friedberg heißt es: „Bei diesen Kleinteilen
steht eine exakte Verbrauchserfassung in keinem Verhältnis zum Wert!“ In Bezug auf den vorgelegten Prüfbericht von carexpert stellt Andreas Apel die Frage: „In welcher AKB steht, dass die Kleinteilepauschale auf 20 Euro gedeckelt ist? Eine solche AKB lag uns bisher noch nicht vor. Von daher würden wir den Restbetrag komplett nachfordern.“ ## Stellungnahme von carexpert schaden.news hat auch carexpert um eine Stellungnahme gebeten. Der Prüfdienstleister zeigte sich offen für Kritik und will auf die Betriebe zugehen. „Wir bei carexpert bemühen uns, jeden Fall mit größtmöglicher Sorgfalt und tiefgreifendem Sachverstand zu bearbeiten. Natürlich hat jede Werkstatt die Möglichkeit, mit uns bezüglich einer Rechnung in den Austausch zu gehen. Wir prüfen dann den entsprechenden Einzelfall.“ Zum konkreten Fall konnte carexpert keine Stellung nehmen: „Eine detaillierte Antwort auf Ihre Frage, auf Basis der vorliegenden Informationen, würde unserem Selbstverständnis nicht gerecht werden.“ Auf die Frage wie häufig die Kleinteilepauschale bei carexpert in diesem Jahr bereits gekürzt wurde wollte der Prüfdienstleister keine Antwort geben. Zur rechtlichen Einschätzung der Kanzlei Voigt meint carexpert: „Die vom Anwalt angeführten Urteile sind keine Grundsatzurteile, sondern Einzelfallentscheidungen örtlicher Gerichtsbarkeiten. Grundsätzlich gilt, wenn alle Kleinteile explizit in einem Kostenvoranschlag oder in einer Rechnung aufgeführt sind, ist die Korrektur einer zusätzlich aufgeführten Pauschale gerechtfertigt.“
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