Typische Abmahnfallen für K&L-Betriebe

Die aktuell verschickten Abmahnungen der „Interessengemeinschaft Datenschutz“ wegen angeblicher Verstöße gegen die DS-GVO rücken das Thema Abmahnungen wieder auf den Plan. Inhaltlich geht es in den Abmahnungen um Verstöße gegen den Datenschutz durch Technikgestaltung (gemäß Artikel 25 DS-GVO) wegen einer fehlenden SSL-Verschlüsselung der Webseite des abgemahnten Unternehmens. Bis auf den Hinweis, dass eine SSL-Verschlüsselung aus Gründen der Sicherheit der Verarbeitung, wie sie auch Art. 32 Abs. 1 DS-DGVO fordert, zu empfehlen ist, soll das Thema hier nicht weiter vertieft werden. Allerdings sollte, wer seine Webseite immer noch ohne SSL-Verschlüsselung betreibt, dies möglichst unmittelbar ändern. Ob eine Webseite verschlüsselt betrieben wird, lässt sich – je nach Browser – daran erkennen, dass das Schlosssymbol in der Adresszeile verschlossen ist oder die Adresse mit „https“ statt mit „http“ beginnt. ## Datenschutz ist nicht das einzige Thema Die Abmahnungen wegen fehlender Angaben nach § 5 PKW-EnVKV, die z.B. die „Umwelthilfe“ als lukrative Einnahmequelle für sich entdeckt hatte, sind zwar – ebenso wie die Einnahmen des genannten Vereins – zurückgegangen. Vom Tisch ist das Thema aber nicht. Hinzu kommt, dass das LG Arnsberg (15.12.2016, Az.: 8 O 36/16) das Fehlen dieser Angaben selbst bei einer nicht vollständig bearbeiteten und nicht veröffentlichten Anzeige als abmahnfähig einstufte und insoweit auch hier ein datenschutzrechtlicher Bezug besteht, weil der Abmahnverein nur deshalb Kenntnis von der Anzeige erhielt, weil er auf das verborgene Verzeichnis zugreifen konnte. Bei einer ausreichenden Absicherung der IT wäre dies nicht möglich gewesen. Dass sich die Informationspflichten in der Werbung – nicht nur die PKW-EnVKV betreffend – sich auf reale und „virtuelle“ Verkaufsräume beziehen (OLG Koblenz v. 21.03.2013 - 9 U 1156/12; OLG Düsseldorf v. 18.09.2012, Az.: I-20 U 58/12) sowie auch
Print- elektronische Medien und statische Darstellungen sowie Filme (LG Wuppertal v. 31.10.2014 – 12 O 25/14) oder RSS-Feeds (LG Ellwangen v. 08.07.2016, Az.: 10 O 8/16) erfasst werden, sei der Vollständigkeit halber erwähnt. ## Soziale Netzwerke: Gut gemeint bedeutet nicht immer gut gemacht Aufmerksamkeit kann auch dann angebracht sein, wenn Mitarbeiter ihrem Unternehmen etwas Gutes tun wollen und von sich aus, z.B. auf ihren Seiten in sozialen Netzwerken aktiv werden. Wenn hier zwingend erforderliche Angaben fehlen, wird dies gemäß § 8 Abs. 2 UWG nicht dem Mitarbeiter, sondern dem Inhaber des Unternehmens zugerechnet. Dies gilt selbst dann, wenn er nichts von den Aktivitäten seines Mitarbeiters wusste (vgl. LG Freiburg v. 04.11.2013, Az.: 12 O 83/13). ## In der Werbung ist (eben nicht) alles erlaubt Aber auch sonst ist in der Werbung nicht alles erlaubt, wie der Inhaber einer „Lack- und Dellenklinik“ erfahren musste, als er Gebäude und Firmenfahrzeuge mit Aufklebern versah, auf denen ein gleichschenkliges rotes Kreuz abgebildet war (LG Hamburg, Az. 315 O 570/14 v. 10.07.2015). Da die Verwendung dieses Zeichens gemäß Art. 38, 44, 3 des I. Genfer Abkommens ausschließlich der nationalen Rotkreuz-Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland gestattet ist, war die Abmahnung nur eine Frage der Zeit. Nach zwei Abmahnungen (14. Juni 2011; 17. Juli 2012) kam es schließlich zum Gerichtstermin. Der Klage wurde in vollem Umfang stattgegeben und dem Roten Kreuz wurde nicht nur ein Anspruch auf Schadensersatz wegen entgangener Lizenzgebühren zugesprochen, sondern – um diese berechnen zu können – auch ein Auskunftsanspruch gegenüber dem Betrieb über Umsatz und Gewinn seit der Verwendung des Zeichens. ## Bewertungen müssen echt sein Aufmerksamkeit ist auch beim Einsatz von Bewertungen geboten. Wer seine Waren
oder Dienstleistungen mit Kundenrezensionen bewerben möchte, sollte darauf achten, dass diese auch echt und authentisch sind. Dabei ist insbesondere darauf zu achten, dass ein durchschnittlicher Verbraucher auf Anhieb erkennen können muss, ob es sich bei dieser Bewertung um eine „echte“ oder eine „gekaufte“ handelt. Letzteres ist dann der Fall, wenn sie einen kommerziellen Zweck im Sinne von § 5a VI UWG verfolgt, das heißt der Verfasser der Kundenrezension hierfür einen vermögenswerten Vorteil erhält. Wer dies nicht tut und nicht darauf hinweist, dass es sich dabei um bezahlte Rezensionen handelt, setzt sich dem Vorwurf der Irreführung durch Unterlassen gemäß § 5a UWG aus. Ausnahme: Der kommerzielle Zweck ist aus dem Kontext klar und ohne Zweifel ersichtlich (OLG Frankfurt v. 22.02.2019, Az. 6 W 9/19). Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung zu den sogenannten „Influencern“, die den kommerziellen Zweck in ihren Auftritten ausreichend kenntlich machen müssen (z.B. KG Berlin v. 08.01.2019, Az. 5 U 83/18). ## Werkstattersatzwagen sind Selbstfahrervermietfahrzeuge Eine weitere Haftungsfalle ist mit der Zurverfügungstellung sogenannter Werkstattersatzwagen als Mitfahrzeug verbunden, wenn diese ohne entsprechende Zulassung und Versicherung dem Kunden überlassen werden. Abgesehen davon, dass die §§ 6 Abs. 4 Nr. 1, 13 Abs. 2 Satz 2 der Fahrzeugzulassungsverordnung (FZV) für die Zulassung derartiger Fahrzeuge spezielle Regelungen bereithalten, gelten sie zugleich auch als auch Marktverhaltensregeln. Als solche dienen sie dem Schutz der Verbraucher, z.B. was die Beeinflussung der Wertbildung aufgrund der Nutzung eines Fahrzeugs durch ständig wechselnde Fahrer betrifft. Hinzu kommt, dass die Hauptuntersuchung für derartige Fahrzeuge aus Gründen der Gewährleistung der Fahrzeugsicherheit nicht alle 24 Monate fällig ist, sondern gemäß Nr. 2.2. Anl. VIII zu § 29 StVZO in einem verkürzten Zyklus alle zwölf Monate. Hinzu kommt, dass beispielsweise auch die Versicherungsprämie anders kalkuliert ist, als etwa bei Vorführwagen. Wer hier meint „es werde schon gut gehen“, sei darauf hingewiesen, dass Wettbewerber, wenn sie dahinter
kommen, nicht nur die Ansprüche auf Ersatz der Rechtsverfolgungs- und Abmahnkosten nach §§ 9, 12 Abs. 1 Satz 2 UWG erstattet verlangen können, sondern auch die Kosten der Testanmietung (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht v. 28.11.2017, Az. 6 U 23/16). ## Das oberste Gebot heißt „Ruhe bewahren“ Wer eine Abmahnung mit einer strafbewährten Unterlassungserklärung erhalten hat, sollte keinesfalls in Panik verfallen und – nur um die Sache schnell vom Tisch zu bekommen – klein beigeben und die Erklärung unterschreiben. Denn abgesehen davon, dass zunächst zu prüfen ist, ob der behauptete Grund für die Abmahnung überhaupt besteht, sind die in der strafbewährten Unterlassungserklärung aufgerufenen Beträge oftmals nicht nur überhöht, sondern können auch für jeden einzelnen zukünftigen gleichgelagerten Verstoß geltend gemacht werden. Aus wenigen hundert Euro, wie in der Abmahnung gefordert, können im Laufe der Zeit daher schnell mehrere 10.000 werden. Schon aus diesem Grund sollte unbedingt ein mit der Materie vertrauter Anwalt eingeschaltet werden. Denn selbst wenn sich die Abmahnung als solche nicht entkräften lassen sollte, kann der Anwalt nicht nur eine modifizierte Unterlassungserklärung erreichen, sondern diese mitunter ganz abwehren. Hinzu kommt, dass eine unberechtigte Abmahnung unter bestimmten Voraussetzungen (vgl. BGH v. 15.07.2005, Az. GSZ 1/04; OLG Frankfurt v. 26.5.2015, Az. 11 U 18/14) als Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb –gewertet werden und ihrerseits Schadensersatzansprüche gegenüber dem Abmahnenden auslösen kann.