2017-02-22T14:56:08+0000
# Betriebe klagen gegen Rechnungskürzungen Schon im vergangenen Jahr war der Unmut deutlich zu spüren. Beim Schadentalk während der Automechanika gab es lautstarken Protest von Betriebsinhabern beim Auftritt von ControlExpert. Der Ärger über die Kürzung von Werkstattrechnungen bei Haftpflichtschäden verschafft sich nun auch vor Gericht Luft: Einige Betriebe klagen bereits gegen Versicherer. ## „Die meisten Versicherer zahlen nach dem ersten Schreiben des Anwalts“ Der Zentralverband Karosserie- und Fahrzeugtechnik (ZKF) unterstützt seine Mitgliedsbetriebe in solchen Fällen bei der Durchsetzung der Ansprüche gegen die Versicherer. „Wir haben zahlreiche Fälle technisch und rechtlich geprüft“, erklärt ZKF-Hauptgeschäftsführer Thomas Aukamm. „Über unseren Anwalt Matthias Nickel wurden Versicherer angeschrieben. Rund zwei Drittel der unberechtigten Rechnungskürzungen waren damit bereits geklärt.“ Denn die Versicherer zahlten in diesen Fällen den streitigen Differenzbetrag ohne weitere Beanstandungen. „In nur ein Drittel der Fälle gelang die außergerichtliche Durchsetzung der Ansprüche nicht“, heißt es in Friedberg. Hier gehen die Betriebe nun gerichtlich gegen die Versicherer vor. ## „Die Rechtslage wird durch die Kürzungen auf den Kopf gestellt“ Rechtsanwalt Matthias Nickel beurteilt die aktuelle Situation sehr kritisch. „Über Jahrzehnte haben die Versicherer einwandfreie Werkstattrechnungen anstandslos gezahlt, jetzt wird die Rechtslage durch willkürliche Kürzungen auf den Kopf gestellt.“
Der Rechtsanwalt vertritt alle klagenden Betriebe und schätzt die Chancen für einen Erfolg vor Gericht als sehr gut ein. „Wir stützen uns auf bereits getroffene Gerichtsentscheidungen, die unsere Rechtsauffassung teilen. Es ist an der Zeit möglichst viele Grundsatzentscheidungen zu erstreiten.“ ## ADAC führt Musterprozess Bereits im November kündigte auch der Automobilclub ADAC einen Musterprozess gegen eine Kfz-Versicherung an. „Nach einem Parkrempler ließ ein Clubmitglied das Auto so reparieren, wie es ein Gutachter ermittelt hatte. Trotzdem kürzte die gegnerische Versicherung die Rechnung“, hieß es in dem Magazin Motorwelt Ende letzten Jahres. ## Bei Haftpflichtfällen immer einen Rechtsanwalt einschalten? „Die Regulierungspraxis zeigt, dass es zu Rechnungskürzungen vor allem dann kommt, wenn nicht der Geschädigte die Reparaturrechnung bei dem Versicherer vorlegt, sondern der Reparaturbetrieb aus abgetretenem Recht die Bezahlung seiner Rechnung von dem Versicherer fordert“, erklärt Rechtsanwalt Matthias Nickel. Für diese Vorgehensweise gibt es seiner Ansicht nach einen Grund. „Der Geschädigte wird durch die Rechtsprechung zum so genannten Werkstattrisiko besonders geschützt. Die Versicherer meinen, dass diese Grundsätze dann nicht gelten, wenn nicht der Kunde die Ansprüche selbst einfordert, sondern der Betrieb aus abgetretenem Recht vorgeht.“ Dem hält Rechtsanwalt Matthias Nickel entgegen, dass sich der Anspruch selbst nicht verändert, wenn er abgetreten wird. Hierzu heißt es: „Die Betriebe können sich daher weiterhin die Ansprüche von dem Geschädigten in einem Haftpflichtfall abtreten lassen und diese bei der eintrittspflichtigen Versicherung zur Begleichung vorlegen.“
Der Rechtsanwalt empfiehlt, dass jeder Betrieb für sich selbst entscheiden sollte, ob er dem Geschädigten direkt empfiehlt einen Anwalt einzuschalten – zumindest bei problematischen Versicherern. ## Anwaltskosten sind Teil des Schadenersatzanspruchs In einem eindeutigen Haftpflichtfall zahlt die Anwaltskosten übrigens die eintrittspflichtige Versicherung, weil die Kosten der Rechtsverfolgung (Awaltskosten) zum Schadenersatzanspruch des Kunden gehören. Die Empfehlung von Mattias Nickel lautet: „Wenn ein Reparaturbetrieb mit dem einen oder anderen Versicherer schlechte Erfahrungen gemacht hat, sollte er durchaus dies seinem Kunden offenbaren und diesem raten, von Beginn an einen Anwalt einzuschalten, der sich dann um die vollständige Begleichung der Ansprüche kümmert.“ Kosten entstehen dem Kunden nach Angaben des Rechtsanwaltes dabei nicht, solange die Haftung dem Grunde nach unstreitig ist. „Es gibt also gute Gründe, dass die Mitgliedsbetriebe dem Geschädigten in eindeutigen Haftpflichtfällen einen Anwalt empfehlen, der die Ansprüche von Anfang an nachhaltig gegen den Versicherer durchsetzt.“ ## Rechnungskürzungen nicht hinnehmen! „In jedem Fall sollten Rechnungskürzungen von den Betrieben nicht einfach hingenommen werden“ erklärt Thomas Aukamm. In denen vom Zentralverband Karosserie- und Fahrzeugtechnik (ZKF) betreuten Fällen waren die erstellten Reparaturrechnungen der Mitgliedsbetriebe stets korrekt, betont der ZKF. „Die Rechnungskürzungen waren willkürlich. Bucht ein Reparaturbetrieb einen geringfügigen Restbetrag aus, um sich mit der Sache nicht näher befassen zu müssen, wird der jeweilige Versicherer ermutigt, es zukünftig noch mehr mit Rechnungskürzungen zu versuchen.“ Um der Strategie der Versicherungswirtschaft entgegenzuwirken, ist es nach Ansicht des Zentralverbandes erforderlich, in jedem einzelnen Fall die berechtigten Ansprüche beharrlich – notfalls auch vor Gericht – weiterzuverfolgen. Thomas Aukamm: „Die Erfolge, die der ZKF hier bereits erzielt hat, sprechen eine eindeutige Sprache.“
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