2015-09-09T08:48:22+0000
# Versicherer kürzen Werkstattrechnungen Viele Betriebsinhaber dürften sich in den vergangenen Wochen immer wieder verwundert die Augen gerieben haben: Bei Rechnungen an die VHV Versicherung oder die Sparkassen-Versicherung wurde die Position AZT-Lackindex durch den Prüfdienstleister ControlExpert sowohl in Haftpflicht- als auch Kaskoschadenfällen gekürzt. „Immer öfter erhalten wir von unseren Mitgliedsbetrieben Informationen über willkürliche Rechnungskürzungen durch Versicherer, wenn in der Kostenkalkulation ein Material-Index von mehr als 100 Prozent eingesetzt wird“, erklärt ZKF-Hauptgeschäftsführer Dr. Klaus Weichtmann. ## „ControlExpert argumentiert falsch“ Als Begründung wird von den Versicherern auf eine Stellungnahme von ControlExpert hingewiesen. In einer internen Bewertung des Zentralverbandes heißt es: „ControlExpert bezieht sich auf eine alte Nachricht aus dem Jahre 2006 über die „Novellierung der Lackmaterialberechnung nach AZT/Schwacke“, aus der falsch zitiert wird. Nicht erwähnt wird in der Stellungnahme von ControlExpert die [Technische Mitteilung Nr. 11/2015 AZT Lackkalkulationssysteme](http://colornews.de/wp-content/uploads/2015/06/11-2015.pdf), in der eindeutig darauf hingewiesen wird, dass alle Arbeitszeiten, Materialmengen und Materialkosten auf Durchschnittswerten basieren und folgerichtig diese indizierten Werte durch den Anwender spezifisch angepasst werden können.“ [Erst im Mai hatte Norbert Hermann (Referat Reparaturforschung Allianz Zentrum für Technik) beim Deutschen Lackierertag darauf hingewiesen den „AZT Index auf individuelle Gegebenheiten anzupassen.“](http://colornews.de/markt/veranstaltungen/lackierertag-diskutiert-ueber-lack-index-stundensaetze-und-beilackierung/2/)
Tatsächlich heißt es in einer technischen Prüfung von ControlExpert für die VHV Versicherung, die colornews.de vorliegt: „Bei der Festlegung des im Markt akzeptierten Lackindizes AZT 100% werden bereits großzügige Parameter berücksichtigt.“ Auch diese Aussage kann nach Meinung des ZKF so nicht stehen bleiben: „Der AZT-Index 100 legt die Einkaufs-Listenpreise des Lackmaterials zugrunde. Aber zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis muss für die Werkstatt eine Handelsspanne liegen, die betriebswirtschaftlich notwendig ist“, erklärt der Hauptgeschäftsführer. „Also muss der Index im Regelfall höher als 100 Prozent ausfallen, da kein Unternehmer ohne Gewinnaufschlag Teile und Material verkaufen muss.“ ## Rechnungskürzungen stoppen Im Zentralverband herrscht großes Unverständnis darüber, dass ControlExpert aus einem fast zehn Jahre alten Papier falsch zitiert, obwohl es eine neue Technische Mitteilung vom AZT aus diesem Jahr gibt. „Die willkürlichen Kürzungen entbehren jeder Rechtsgrundlage“, erklärt Dr. Klaus Weichtmann. „Hier wird auf Kosten der Werkstätten ein Geschäftsmodell von Prüfdienstleistern entwickelt, damit Versicherer ihre Schadenkosten drücken.“ Auch andere Prüfdienstleister haben diese Praktiken scheinbar übernommen, darauf weist der ZKF im Gespräch mit colornews.de hin. Kürzungen bei Achsvermessungen, von Arbeitszeitwerten für Probefahrten oder für die Anfertigung von Musterblechen – immer häufiger werden auch diese Positionen gestrichen. ## ZKF unterstützt Klagen der Betriebe Der Zentralverband geht nun in die Offensive und unterstützt seine Mitgliedsbetriebe beim Einlegen von Rechtsmitteln.
„Wir müssen uns gemeinsam gegen die Rechnungskürzungen wehren. Dies ist im Bereich der Haftpflichtversicherungsfälle stets Erfolg versprechend, so dass wir allen davon betroffenen Betrieben empfehlen, gekürzte Rechnungen von Versicherungen an einen Fachanwalt weiter zu geben.“ Anders sieht es bei Kürzungen von Rechnungen in Kasko-Fällen aus. Dr. Klaus Weitmann erklärt dazu: „Hier ist die Rechtslage erheblich anders, da der Geschädigte nicht ohne weiteres auf einen Anwalt zurückgreifen kann. Er muss sich erst dem so genannten Sachverständigenverfahren unterwerfen. Dies ist kompliziert und ist mit ungewissem rechtlichen Ausgang verbunden.“ Der Zentralverband hat den Branchen-Fachanwalt Matthias Nickel aus Mayen beauftragt, Ansprüche von Werkstätten gegen Versicherungen geltend zu machen.
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