2025-09-10T10:24:01+0000

Früher Routine, heute Drahtseilakt: Betriebsübergaben komplex wie nie

Die Uhr tickt: Viele Inhaberinnen und Inhaber in der Karosserie- und Lackbranche müssen sich in den kommenden Jahren mit der Frage auseinandersetzen, wie es mit ihrem Betrieb weitergeht. Die Zahlen sind alarmierend: Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) und eine KfW-Studie schätzen, dass bis zum Jahr 2030 etwa 125.000 Handwerksbetriebe einen Generationenwechsel durchlaufen werden. Derzeit suchen rund 180.000 Handwerksbetriebe einen Nachfolger. Das bestätigt auch Hendrik Franke, Managing Director Autoreparaturlacke Deutschland bei BASF: „In der K&L-Branche sind etwa 20 Prozent unserer Betriebe auf der Suche nach einer geeigneten Nachfolge. Besonders der Fachkräftemangel stellt eine erhebliche Herausforderung dar, die die Regelung der Nachfolge zusätzlich erschwert.“ Doch während große Investoren und Werkstattgruppen mit Millionenbudgets zunehmend Betriebe übernehmen, schieben viele Inhaberinnen und Inhaber das Thema auf die lange Bank. Doch wer die Nachfolge nicht rechtzeitig regelt, gefährdet sein Lebenswerk – und damit die Zukunft seiner Mitarbeitenden. ## „Die Betriebe müssen wacher sein“ Christian Uth kennt die Realität in den Werkstätten. Seit 20 Jahren berät und begleitet er K&L-Betriebe bei der Betriebsübergabe. Nicht selten wenden sich die Übergabewilligen aber erst an ihn, wenn es bereits zu spät ist. „Die Betriebe müssen wacher sein“, sagt er. „Die Übergabe ist heute viel komplexer als noch vor 20 Jahren. Patchwork-Familien, komplizierte Erbschaftskonstellationen und ungeklärte Strukturen machen eine Nachfolge immer schwieriger.“ Doch nicht nur familiäre Strukturen stellen eine Herausforderung dar. Entscheidend sei die Frage, wie der Nachfolger auch in den kommenden Jahrzehnten profitabel arbeiten kann. „Dafür muss ich tief in die Kennzahlen gehen. Meine wichtigste Kennzahl ist der Rohertrag pro Anwesenheitsstunde – sie zeigt mir sofort, wie es um die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens steht“, so der Betriebsberater. ## Ohne externe Hilfe drohen teure Fehler Die Illusion, eine Übergabe ließe sich „nebenbei“ oder allein mit dem Steuerberater erledigen, kann teuer werden – und im Zweifel sogar das Lebenswerk gefährden. „Ohne externe Beratung kann eine Betriebsübergabe zum Risiko werden. Denn rund um diesen Prozess gibt es unzählige rechtliche und bürokratische Fallstricke“, warnt Christian Uth aus seiner langjährigen Erfahrung. Besonders gravierend sei beispielsweise das Außerachtlassen der sogenannten Betriebsaufspaltung. „Wer die gesetzlichen Regelungen hier nicht im Detail kennt, kann dabei schnell steuerliche Einbußen von mehreren zehntausend Euro riskieren“, warnt der Betriebsberater. Auch das Thema Testament birgt Tücken. „Generell sollten sowohl der oder die Übergebende als auch die Nachfolgegeneration im Testament klar geregelt haben, wer
im Falle eines plötzlichen Ablebens begünstigt wird – und dabei sollten alle Eventualitäten bedacht sein. Der häufigste Fehler, den ich hier sehe, ist das Berliner Testament. Diese Form der Nachlassregelung scheint auf den ersten Blick sinnvoll, kann aber viele Komplikationen mit sich bringen.“ ## Übergabe braucht Zeit – und Investitionen Um Betriebe strukturiert durch diese Stolperfallen zu führen, hat Christian Uth einen 250 Fragen umfassenden Fragebogen entwickelt. Das zeigt einmal mehr: Eine gelungene Übergabe ist kein Schnellschuss. „Der Prozess ist langwierig. Ideal sind fünf Jahre, mindestens aber zwei Jahre, um alle Formalien zu klären und den Nachfolger schrittweise einzuarbeiten.“ Wer seinen Betrieb abgeben will, sollte außerdem rechtzeitig investieren. „Fünf Jahre vor der Übergabe nochmal Geld ins Unternehmen zu stecken, steigert den Wert erheblich.“ Wichtig sei zudem, die Familie einzubinden – egal ob die Nachfolge innerhalb oder außerhalb der Familie geregelt wird. „Ehefrauen, erwachsene Kinder – sie alle sollten mit ins Boot geholt werden, um Streitigkeiten im Nachgang zu vermeiden.“ ## „Je früher, desto besser“ Die Realität zeigt: Viele Unternehmer schieben das Thema aus Angst, Bequemlichkeit oder falscher Hoffnung auf die lange Bank. Glasurit-Deutschlandchef Hendrik Franke mahnt daher: „Je früher man sich mit dem Thema auseinandersetzt, desto größer sind die Chancen, eine geeignete Nachfolge im Sinne der Unternehmensführung zu finden.“ Die Lackmarke will ihre Betriebe dabei unterstützen und bietet im Rahmen ihres Partnernetzwerkes ColorMotion deshalb auch gezielt Workshops sowie individuelle Beratung und Coaching zum Thema an – gemeinsam u.a. mit Christian Uth (siehe dazu Infobox). ## Weitere Option: Anschluss an Werkstattgruppe Parallel zur innerfamiliären oder innerbetrieblichen Übergabe ist der Verkauf an große Investoren, Werkstattgruppen oder Franchise-Systeme eine mögliche Alternative – [das zeigte sich auch beim jüngsten Anschluss des Familienbetriebes Böge an die Werkstattkette Fix Auto.](https://schaden.news/de/article/link/44556/boege-gmbh-beitritt-fix-auto) Die großen Player stehen bereit, um die Lücke der fehlenden Nachfolger zu schließen. Aus Sicht von Betriebsberater Christian Uth sollte der Verkauf des eigenen Unternehmens nicht von vornherein verneint werden. Im Gespräch mit schaden.news betont er: „Für übergabewillige Betriebe ist der Verkauf nur eine weitere mögliche Option, die in die Überlegungen mit einbezogen werden sollte – gerade wenn keine Nachfolger in Sicht ist. Aber auch hier gilt: Lassen Sie sich auch in diesem Fall unbedingt beraten und prüfen Sie die Verträge und Vereinbarungen genau.“ ## Beratungsumfang variiert individuell nach Betrieb Mit seiner Expertise ist der Betriebsberater im gesamten deutschsprachigen Raum aktiv, berät auch Werkstätten in der Schweiz und Österreich. Allein in den vergangenen drei Jahren hat er 25 Betriebe erfolgreich durch die Übergabe begleitet. Wie lange und intensiv die Betreuung erfolgt, ist dabei abhängig von dem jeweiligen Unternehmen. „Es gibt Betriebe, denen reicht eine umfangreiche ein- bis zweitägige Beratung, andere begleite ich über Jahre. Das kann letztlich jeder individuell für sich entscheiden.“ Christian Uth geht es vor allem darum, die Inhaberinnen und Inhabern für die vielfältigen Probleme zu sensibilisieren. Über die größten Fehler klärt er deswegen auch auf seinen Social-Media-Kanälen auf LinkedIn, Instagram, Facebook und TikTok auf. Um Betriebe künftig noch umfassender zu unterstützen, plant er zudem eine Kooperation mit dem betriebswirtschaftlichen Berater Martin von Poschinger und dem Digitalisierungsexperten Ralf Schütte. „Wir wollen die Unternehmen vollumfänglich begleiten. Martin kümmert sich um die Ermittlung des Unternehmenswerts, Ralf um eine zukunftsfähige Digitalstrategie.“ Damit macht er einmal mehr deutlich: Eine Betriebsübergabe ist heute nicht mehr allein eine Frage von Verträgen und Steuerrecht, sondern ein Prozess, der die Zukunftsfähigkeit des gesamten Unternehmens bestimmt.