2024-11-27T10:29:05+0000

Wie schützen sich Sachverständige wirksam vor Regressforderungen?

Spätestens seit dem BGH-Urteil vom 12.03.2024 (Az. VI ZR 280/22) steht fest, dass die Grundsätze zum Werkstattrisiko auch für überhöhte Kostenansätze eines Kfz-Sachverständigen gelten, den der Geschädigte mit der Begutachtung seines Fahrzeugs zur Ermittlung des unfallbedingten Schadens beauftragt hat. Schon in Hinblick darauf sei es laut Rechtsanwalt Dr. Wolf-Henning Hammer nicht verwunderlich, dass Kfz-Versicherer sich die Schadenersatzansprüche Geschädigter gegen Sachverständige vermehrt abtreten lassen, um diesen anschließend in Regress zu gehen. Bereits im Mai wies die Kanzlei Voigt daraufhin, dass Assekuranzen den Regressanspruch künftig verstärkt stellen könnten. Doch wie können sich Sachverständige wirksam davor schützen? Rechtsanwalt Dr. Wolf-Henning Hammer von der Kanzlei Voigt weiß: „Der BGH hat auch hier einen gangbaren Weg aufgezeigt: die angemessene und detaillierte Honorarvereinbarung, die sich nicht aufgrund der Schadenhöhe, sondern nach Stundensätzen berechnet wird. Dass Versicherer deren Angemessenheit bestreiten, lässt sich damit zwar nicht ausräumen. Aber wenn sich die Sätze innerhalb des üblichen Rahmens halten, dürften die Versicherer eher schlechte Karten haben.“ ## Warum sind Honorarvereinbarungen empfehlenswert? Die zeitbezogene Honorarvereinbarung ist die Grundlage der für Erstellung des Gutachtens geschuldeten Vergütung. „Diese ist dann – auf werkvertraglicher Grundlage – zu zahlen und kann nur dann zurückgefordert werden, wenn sie erkennbar überhöht ist“, so Wolf-Henning Hammer. Das bestätigte auch das Amtsgericht Mainz in einem Urteil vom 8. Oktober (AZ: 83 C 315/24). „In dem zugrundeliegenden Sachverhalt hatte der Versicherer das Sachverständigenhonorar zunächst in voller Höhe bezahlt. Etwaige Rückforderungsansprüche werden Überzahlung hatte er sich vom Geschädigten abtreten lassen und anschließend geltend gemacht. Da der Sachverständige die abgerechneten Positionen jedoch konkret mit dem Geschädigten vereinbart und vertraglich festgehalten hatte, musste der Regressanspruch scheitern“, erklärt der Rechtsanwalt die Hintergründe. ## Was ist bei Honorarvereinbarungen konkret zu beachten? Das Urteil bestätige klar die Vorteile einer Honorarvereinbarung. Doch worauf sollten Sachverständige achten, damit die Vereinbarung auch vor Gericht Bestand hat? Dr. Wolf-Henning Hammer rät: „Sachverständige können zunächst ein Grundhonorar für ihre Tätigkeit vereinbaren.Welche Tätigkeiten im Grundhonorar enthalten sind und welche nicht, entscheidet übrigens der Sachverständige und nicht der Versicherer. Dass Tätigkeiten nicht doppelt abgerechnet werden, ist ebenso klar wie die fehlende Übertragbarkeit der Grundsätze des JVEG auf die Tätigkeit von Privatgutachtern. Hier hat der BGH für Klarheit gesorgt, auch wenn das JVEG durchaus als Orientierungshilfe herangezogen werden kann. Viel wichtiger ist aber, dass nach Auffassung des BGH auch
solche Positionen abgerechnet werden dürfen, die weder im JVEG noch in der Honorarbefragung des BVSK enthalten sind. Frei nach dem Motto ‚Wer schreibt bleibt‘, sollten daher die durchgeführten Arbeitsschritte schon aus Beweisgründen detailliert dokumentiert werden.“ Selbstverständlich sollten die in Rechnung gestellten Sätze für den Laien nicht erkennbar überhöht sein, so der Anwalt. Dies kommt nach Auffassung des BGH z.B. bei einer Abweichung von der konkreten Preisvereinbarung oder den in der BVSK-Erhebung enthaltenen Beträgen in Betracht. Gleiches gilt, wenn ein Sachverständiger Fahrtkosten abrechnet, obwohl er ohnehin schon in der Werkstatt ist. „Wer mehrere Fahrzeuge besichtigt und die Fahrtkosten ungekürzt für jedes Fahrzeug in Rechnung stellt, sollte nicht nur vertrags- oder schadensrechtliche, sondern auch strafrechtliche Aspekte bedenken. Im Hinblick auf die Beanstandung von Prüfdienstleistern sollte jedoch immer bedacht werden, dass diese nicht neutral, sondern jeweils nach den unternehmensspezifischen Vorgaben des beauftragenden Versicherers arbeiten“, betont Dr. Wolf-Henning Hammer. ## BVSK-Honorarkorridor: Es gilt die gesamte Bandbreite Wird keine Honorarvereinbarung getroffen und enthalten die AKB des Versicherers keine konkrete Regelung zu den Sachverständigenkosten, dann gilt im Zweifel, was üblich ist. Konkret bedeutet dies, dass das Haftpflichtschadenrecht als Auslegungshilfe herangezogen wird. „Nach dem in diesem Jahr vom Bundesgerichtshof bestätigten Sachverständigenrisiko liegt die Preisautonomie allein bei den Sachverständigen. Soweit sie für einen Laien nicht erkennbar überhöht sind, gelten Sachverständigenhonorare als üblich“, erklärt Dr. Wolf-Henning Hammer. Aus seiner Sicht sind Sachverständige daher gut beraten, sich bei der Preisgestaltung an der BVSK-Honorarbefragung 2022 zu orientieren. „Die BVSK-Tabelle ist eine Schätzgrundlage, an der sich alle Sachverständigen orientieren können - auch ohne Mitglied im BVSK zu sein. Dabei gilt: Es muss keineswegs immer nach dem Mittelwert des Honorarkorridors abgerechnet werden, die gesamte Bandbreite zählt“, so der Rechtsanwalt. Dass die BVSK-Honorarbefragung 2022 sich als Grundlage für die Honorarermittlung eignet, hat z.B. das Amtsgericht Passau erst kürzlich in einem Urteil bestätigt (Az. 18 C 706/24 v.).
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