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2023-12-06T12:02:31+0000

ReStart Bildungsakademie: Mit Quereinsteigern gegen den Fachkräftemangel

Eine rund 800 Quadratmeter große Halle in Tamm bei Ludwigsburg. Dort herrscht werktäglich ab 7 Uhr geschäftiges Treiben. „Wir simulieren hier einen echten Betrieb, mit festen Arbeits-, Urlaubs- und Pausenzeiten“, erklärt Gerhard Veyhle, Prokurist der ReStart Akademie in Baden-Württemberg. Deren Ziel: Fachkräfte für Smart Repair ausbilden. Die Besonderheit: Die Weiterbildung richtet sich in erster Linie an Leute, die keinen regulären Zugang zum Arbeitsmarkt haben, beispielsweise Geflüchtete, ehemalige Häftlinge oder Menschen, deren Bildungsweg nicht geradlinig verlaufen ist. Dementsprechend niedrigschwellig ist die Weiterbildung konzipiert, arbeitet mit Sozialarbeitern, Psychologen und Bewährungshelfern zusammen. „Man bekommt viele Menschen wieder in die richtigen Bahnen, wenn man sich intensiv mit ihnen beschäftigt und sie eng führt“, erklärt Gerhard Veyhle. Eine engmaschige Dokumentation des Verlaufs der Weiterbildung sowie die ständige Möglichkeit, Ansprechpartner für die Teilnehmer zu sein, gehören daher zu den Grundsätzen der ReStart Akademie. Die ReStart Bildungsakademie wurde 2019 gegründet und ging 2020 an den Markt. „Coronabedingt war es ein holpriger Start“, erinnert sich Gerhard Veyhle. Rückblickend habe sich die Akademie mit Sitz in Tamm bei Ludwigsburg in Baden-Württemberg aber gut entwickelt. „Aktuell nehmen 40 Teilnehmer an unserem Weiterbildungprogramm zur Fachkraft für Smart Repair teil“, erklärt Gerhard Veyhle. Die Weiterbildung selbst findet in Tamm statt. Die Teilnehmer kommen aber aus ganz Deutschland, von Flensburg bis München. Möglich ist das durch eine Übernachtungs- und Verpflegungspauschale, die die Arbeitsagentur zahlt. ## Praktische Arbeit steht im Fokus Die zehnmonatige Weiterbildung umfasst die Bereiche Spot-Repair-lackierung, Lackschadenfreie Ausbeultechnik, Fahrzeugfolierung, Fahrzeugaufbereitung sowie Autoglas Reparatur und Montage. Das Programm endet mit einem 14-tägigen Betriebspraktikum. Pro Gruppe erlernen zwölf Teilnehmer die einzelnen Module. Auf 800 Quadratmetern arbeiten die Kursteilnehmer an rund 15 verschiedenen Fahrzeugen. Darunter sind sowohl ältere Modelle vom Schrottplatz zum Üben, aber für die Fortgeschrittenen auch neuwertige Autos. Bei der Weiterbildung legt die ReStart Akademie nach eigenen Angaben Wert auf das Praktische: „Unsere Teilnehmer haben bereits am ersten Tag eine Lackierpistole in der Hand. Wir setzen auf Training, Training, Training. Das ist gut für das Selbstwertgefühl“, betont Gerhard Veyhle. Manchmal haben die Teilnehmer zudem die Möglichkeit, ihr neu erworbenes Können auch an Oldtimern unter Beweis zu stellen. Bei der Weiterbildung arbeitet die ReStart Akademie mit namhaften Werkstattausrüstern zusammen, beispielsweise mit Lackhersteller AkzoNobel, Lackierpistolenhersteller SATA oder dem Ausrüster Carbon. ## „Gute Perspektiven für die Teilnehmenden“ Das Weiterbildungsprogramm sehen der Prokurist und der Geschäftsführer der ReStart GmbH als echte Chance im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Gerhard Veyhle nennt ein Beispiel: „Hier in Ludwigsburg, einer Stadt mit 90.000 Einwohnern, fehlen laut der Agentur für Arbeit allein schon 570 Lackierer.“ Er ist sich sicher: „Durch ihre Vielfältigkeit bietet die Ausbildung gute Perspektiven für die Teilnehmer. Die Vermittlungsquote ist
exzellent. Unsere Leute haben nach der Weiterbildung erfahrungsgemäß gute Jobs.“ Das komme natürlich auch den K&L-Betrieben sowie Autohäusern bei ihrer Suche nach geeigneten Fachkräften zugute. Die Teilnehmer der Weiterbildung sind im Schnitt zwischen 22 und 40 Jahren alt. Der jüngste war 18, der älteste Mitte 50, erklärt der Prokurist, der täglich intensiv den persönlichen Kontakt zu ihnen pflegt. Die Mehrzahl der Teilnehmer seien Männer. Dabei ist die Weiterbildung laut Gerhard Veyhle auch für Frauen geeignet. „Frauen sind unsere stille Reserve auf dem Arbeitsmarkt. Sie gehen oft mit noch mehr Feingefühl und Geduld an die Arbeit“, meint er. ## „Die Weiterbildung war für mich der richtige Schritt in den Markt“ Eine Teilnehmerin ist die 24-jährige Lisa Nalmpantis. Sie hat zu Beginn dieses Jahres von der Arbeitsagentur die Möglichkeit bekommen, an der Weiterbildung teilzunehmen und befindet sich gerade in ihren letzten Zügen des Programms. Eigentlich hat sie eine Ausbildung zur Malerin und Lackiererin absolviert. Doch so richtig konnte sie für diesen Beruf keine Leidenschaft entwickeln. Dass bei der neuen Weiterbildung Autos eine wichtige Rolle spielen, war für sie das entscheidende Argument: „Ich hab immer schon gern an meinem eigenen Auto gearbeitet und es foliert“, berichtet die Mutter einer dreijährigen Tochter. Von der Weiterbildung in der ReStart Akademie spricht sie voller Lob: „Ich bin hier in Tamm super aufgenommen worden. Zwar ist die Spot Repair Fachkraft momentan noch eine stark männerdominierte Nische, aber ich hoffe, dass sich das ändert. Denn die Arbeit ist körperlich echt nicht schwer und macht Spaß. Oft ist viel Fingerspitzengefühl erforderlich. Die Weiterbildung war für mich definitiv der richtige Schritt in den Markt.“ ## Teilqualifizierung zum Fahrzeuglackierer kommt ab Mitte 2024 Neben der Weiterbildung zur Smart Repair Fachkraft geht die ReStart Akademie aber nun noch einen Schritt weiter. „Wir sind gerade dabei, ein neues Projekt zu verwirklichen. Dabei handelt es sich um die berufsanschlussfähige Teilqualifizierung zum Beruf des Fahrzeuglackierers“, erklärt Gerhard Veyhle. Dabei handele es sich um eine niederschwellige Weiterbildung, die in zwei statt drei Jahren in Teilmodulen durchgeführt wird. Die Berufsschule entfällt. Bei dieser berufsanschlussfähigen Weiterbildung werden ebenfalls keine klassischen Schulabgänger angesprochen. „Wir bringen dadurch Leute in das Handwerk, die sonst keine Chance hätten“, erklärt Gerhard Veyhle, betont aber: „Wir wollen die Innungen nicht ersetzen, auch die reguläre dreijährige Ausbildung zum Fahrzeuglackierer hat ihre Berechtigung. Aber bei diesem eklatanten Fachkräftemangel müssen wir doch jede Möglichkeit nutzen, um Leute in den Beruf zu bekommen. Dafür braucht es auch einen niedrigschwelligen Ansatz.“ Derzeit ist die ReStart Akademie auf der Suche nach Räumlichkeiten für eine Lehrwerkstatt, die nach neuesten Standards eingerichtet werden soll. Demnächst steht zudem die Zertifizierung des Qualifizierungsprogramms an. Als Partner hat die ReStart Akademie nach eigenen Angaben Lackhersteller AkzoNobel im Boot. Das Projekt soll laut Gerhard Veyhle und Bülent Düzgün in der ersten Jahreshälfte 2024 anlaufen.
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