2023-10-25T10:01:58+0000

10. Automotive Online Forum: „Die Preisautonomie liegt einzig und allein beim Unternehmer“

Bereits zum zehnten Mal veranstalteten die Rechtsexperten der Kanzlei Voigt ihr virtuelles Automotive Forum. Über 400 Teilnehmer – vorrangig K&L-Betriebe und auch einige Sachverständige – nutzten die Gelegenheit, um sich über Neuerungen im Schadenrecht zu informieren. Im Leitvortrag von Rechtsanwalt und Geschäftsführer Henning Hamann ging es dabei um die Frage, wer die Höhe der Reparaturrechnungen bestimmt (Hinweis der Redaktion: Die Zusammenfassung des zweiten Vortrags zur Vorschadenproblematik lesen Sie nächste Woche). ## „Wie lange akzeptieren Kunden die Erhöhung der Stundensätze?“ Denn gerade mit Blick auf den nahenden Winter und die weiterhin hohen Energiepreise müssen K&L-Betriebe jetzt überlegen, wie sie auch in der kalten Jahreszeit kostendeckend arbeiten können. Die Erhöhung des Stundenverrechnungssatzes ist zwar eine Möglichkeit, aus Sicht des Rechtsexperten jedoch nicht unbedingt die Beste. Denn, so Henning Hamann: „Der Stundensatz ist von 2017 bis 2022 um fast 30 Prozent gestiegen und im letzten Jahr erneut um rund sieben Prozent. Wir sehen inzwischen im Raum Baden-Württemberg teilweise Stundenverrechnungssätze von über 400 Euro im Bereich der Elektrofahrzeuge. Und es ist die Frage, wie lange die Kunden diese Erhöhungen noch akzeptieren?“ Der Anwalt rät deshalb: „Denken Sie doch einmal darüber nach, eine Energiekostenpauschale einzuführen, statt den Stundenverrechnungssatz erneut zu erhöhen. Diese ist für die Kunden auch sehr viel plausibler, weil die Kunden anhand ihrer eigenen Stromrechnung sehen, wie sich die Kosten entwickeln.“ Und, so Henning Hamann weiter: „Mit seiner Entscheidung vom 13. Dezember 2022 gibt uns der Bundesgerichtshof den Weg für saisonale Pauschalen und volatile Kosten, die nicht immer gleich sind, vor.“ ## BGH-Urteil zu Desinfektionskosten ebnet den Weg Gemeint ist damit das Revisionsurteil des Bundesgerichtshofes zu den coronabedingten Desinfektionskosten (Urteil vom 13.12.2022, VI ZR 324/21). [Der Fall, der zunächst vor einem Amtsgericht und in zweiter Instanz vor einem Landgericht verhandelt wurde, gelangte im Februar 2022 zum Bundesgerichtshof. Streitgegenstand waren die von einem Sachverständigen berechneten Desinfektionskosten in Höhe von 15 Euro netto.](https://schaden.news/de/article/link/43266/desinfektionskosten-bundesgerichtshof-urteilt) In eben diesem Urteil stellt der BGH fest, dass die Preisautonomie einzig und allein beim Unternehmer liegt, wie Henning Hamann in seinem Vortrag erklärt. Wortwörtlich steht im Urteil, wie der Anwalt zitiert: „Ebenso wie die Wahl seines individuellen Hygienekonzepts selbst steht auch die betriebswirtschaftliche Entscheidung, ob die hierfür anfallenden Kosten gesondert ausgewiesen oder als interne Kosten der Arbeitssicherung in die Kalkulation des Grundhonorars ‚eingepreist‘ werden, grundsätzlich dem Sachverständigen als Unternehmer zu. Angesichts der nur
vorübergehenden Natur jedenfalls der verschiedenen Phasen der Corona-Pandemie mag es sogar ein Ausdruck des Bemühens um Kostentransparenz sein, die Pauschale für die Dauer ihres Anfallens gesondert auszuweisen.“ ## Aktuelle Rechtsprechung folgt BGH-Leitsatz Heißt konkret: „Die Preisautonomie liegt nur und nur allein bei Ihnen als Unternehmer, egal ob Werkstatt oder Sachverständiger. Und der BGH sagt damit auch, dass das Schaffen von Pauschalen generell geeignet ist, auch in dem Bestreben um Kostentransparenz“, verdeutlicht der Kanzlei-Geschäftsführer gegenüber den Webinar-Teilnehmern. Diese Feststellung des BGH sei zudem verallgemeinerungsfähig und somit auch auf andere Kosten umsetzbar – ob nun Reinigungs- und Entsorgungskosten oder eben eine Energiekostenpauschale. Direkt im Anschluss zeigte Henning Hamann anhand aktueller Urteile auf, dass auch Amts- und Landesgerichte der Argumentation des Bundesgerichtshofes folgen. Mit Verweis auf die Entscheidung des BGH haben beispielsweise die Amtsgerichte Dinslaken und Duisburg-Hamborn sowie das Landgericht Duisburg jeweils eine Energiekostenpauschale in Höhe von 15 Euro netto zugesprochen. „Der Leitsatz des BGH findet Einfluss auf die aktuelle Rechtsprechung! Das ist Praxis und hat eine hohe Relevanz“, resümiert Henning Hamann. ## Darauf sollten Sie bei der Einführung einer Energiepreispauschale achten! Dass der Anwalt mit seinem Rat eine gute Alternative für Betriebe aufgezeigt hat, um mit den Energiekosten umzugehen, zeigte sich auch in einer während des Vortrags durchgeführten Kurzumfrage: Fast 60 Prozent der Teilnehmer gaben an, jetzt über die Einführung einer Energiepreispauschale nachdenken zu wollen. Und damit diese auch für alle transparent sind, gab Henning Hamann den Teilnehmenden abschließend noch folgende Tipps mit auf den Weg: „Treffen Sie als Werkstatt mit Ihren Kunden Preisvereinbarungen zu abgrenzbaren und volatilen Positionen im Rahmen von allgemeinen Preisaushängen, z.B. zu Probefahrt, Reinigung, Energiekosten etc. und legen Sie diese auch gegenüber dem Gutachter offen, damit der Sachverständige entsprechend kalkulieren kann.“ Wichtig dabei: Durch Aushänge im Rahmen der der Preisangabenverordnung stellt sich im Zweifel vor Gericht die Frage der Üblichkeit nicht, denn dann sind die Kosten im Rahmen einer Reparatur werkvertraglich vereinbart und daher geschuldet.