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2023-07-19T08:59:20+0000

Classic Cars: Caramulo – Früher Sanatorium, heute Werkstatt für die Königsklasse

In Serpentinen schlängelt sich die Straße durch das Caramulo-Gebirge bis hoch ins kleine portugiesische Dorf Caramulo. Dort steht ein großes, weißes Gebäude. Früher diente es als Sanatorium für Tuberkulose-Kranke. Heute werden in der Halle ganz andere „Patienten“ behandelt. Karosserie- und Lackierprofis reparieren, restaurieren und warten hier wertvolle Klassiker. Seit rund einem Jahr existiert das Caramulo Experience Center (CEC) und knüpft an die mehr als 60-jährige Geschichte an, die dieses Bergdorf mit Oldtimern verbindet. Denn nur einen Steinwurf davon entfernt, die Straße ins Dorf hinunter, steht das Museu do Caramulo, ein Museum für Oldtimer und Kunst. Hier hängen unter anderem Werke von Pablo Picasso und Salvador Dali an den Wänden und blicken auf zahlreiche historische Automobile. ## Erst Kunstsammlung, dann Oldtimer-Museum Den Grundstein für das Caramulo-Museum legten die Geschwister Abel und João de Lacerda. In den 50er-Jahren wollten sie eigentlich eine Kunstsammlung aufbauen, um weiterhin Touristen in das malerisch gelegene Bergdorf zu locken. Zur Leidenschaft für die Malerei gesellte sich jedoch schnell die Liebe zu Oldtimern. Schnell wuchs die Sammlung der Oldtimer und enthält heute rare Stücke vieler Marken, vom Zweirad bis zum Rennwagen. Unter anderem steht im Museum das älteste noch voll funktionstüchtige Automobil Portugals, ein Peugeot von 1899. Zudem gibt es einen Bugatti 35B, mit dem der portugiesische Rennfahrer Henrique Lehrfeld 1931 den Rekord von 205 km/h aufstellte. Außerdem gehören ein Cadillac, der im Dienst des Diktators António de Oliveira Salazar stand, zur Sammlung, sowie ein gepanzerter Mercedes-Benz, den Salazar den Erzählungen nach als Geschenk von Adolf Hitler bekam und verschmähte. Auch ein Rolls-Royce, in dem namhafte ausländische Besucher durch Portugal chauffiert wurden, beispielsweise die spanische Königin Isabell II., US-Präsident Eisenhower oder Papst Johannes Paul II., befindet sich unter den Ausstellungsstücken. ## Caramulo Experience Center: Ausstellung und Werkstatt im ständigen Wandel Wenn man so will, ist das Caramulo Experience Center eine Außenstelle des Museums und somit Ausstellungserweiterung, Werkstatt und Veranstaltungsort in einem. „Kein Besucher erlebt hier zweimal das Gleiche“, erklärt Tiago Patricio Gouveia, der Director
des Museums. Denn die Fahrzeuge, die ins Experience Center kommen – übrigens alle noch fahrtüchtig – warten hier oft auf eine Reparatur, Restauration oder Wartung. Danach gehen sie wieder zu ihren Besitzern zurück, fahren bei Classic Rallyes oder sind im eigentlichen Museum zu bewundern. Die Inhalte sind dadurch ständig im Wandel. ## Partnerschaft mit Indasa beschlossen In der Reparatur und Restauration liegt die Kernkompetenz des CEC. In der Halle sorgen speziell ausgebildete Karosseriebauer und Lackierer dafür, dass die Oldtimer – so alt sie auch sein mögen – weiterhin einsatzfähig bleiben, schleifen, lackieren und polieren sozusagen für die Königsklasse. Erst Ende Mai ist der Schleifmittelhersteller Indasa dafür eine Partnerschaft mit dem Museu do Caramulo und dem Caramulo Experience Center eingegangen. Ab sofort nutzen die Mitarbeiter des CEC also die Schleifmittel, Polituren und Geräte des Herstellers, dessen Zentrale in Aveiro, rund eineinhalb Autostunden von Caramulo entfernt liegt. Indasa-Gründer Benjamin Santos ließ es sich nicht nehmen, zur Vertragsunterzeichnung persönlich ins Caramulo Experience Center zu kommen und sich von Tiago Patricio Gouveia alte und neue Schätze zeigen zu lassen. Lackiert werden die historischen Fahrzeuge übrigens mit den Classic Colors vom Lackhersteller Glasurit. ## „Die Leidenschaft und das Vermächtnis der Gebrüder de Lacerda bewahren“ Tiago Patricio Gouveia ist ein direkter Nachkomme der Gründer – Abel war sein Großvater und João sein Großonkel. Wenn der Direktor über das Experience Center spricht, sprudelt die Leidenschaft für das Projekt nur so aus ihm heraus. Er geht durch die Halle, bleibt vor einem der alten Fotografien an der Wand stehen: „Das ist mein Großvater in einem der Rennwagen. Daneben mein Großonkel. Und das ganz rechts in dem braunen Kleid, das ist meine Mutter. Alles hier ist original“, deutet er auf die Leuchtreklamen an der Decke und die Öldosen in den Vitrinen. Sowohl das Museum als auch das Caramulo Experience Center werden seinen Angaben zufolge privat betrieben und existieren ohne staatliche Förderung. „Wir finanzieren uns zu je einem Drittel aus den Beiträgen unserer Finanziers, aus Ticketverkäufen für das Museum und aus Events“, beschreibt er das Konstrukt, das dem einer Stiftung ähnelt. Um den Gewinn geht es dem Museu do Caramulo und seinem Direktor eh nicht. Sondern darum, die Leidenschaft und das Vermächtnis der Gebrüder de Lacerda zu erhalten und weiterzuführen.
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