2023-04-19T10:29:39+0000

REACH: „Jeder Betrieb und jeder Mitarbeiter ist betroffen“

Aufgrund der aktuellen REACH Verordnung wurde in den letzten Wochen der Umgang mit monomeren Diisocyanaten immer mehr thematisiert. [Die Interessengemeinschaft für Fahrzeugtechnik und Lackierung e.V. nahm in einer ihrer letzten Technischen Mitteilungen Bezug auf das ausgehende Gesundheitsrisiko und verwies auf die bevorstehende Schulungspflicht für alle Anwender.](https://schaden.news/de/article/link/43323/temi_07-2023_diisocyanate_schulungen) Auch der Hersteller von Kleb- und Dichtstoffen SIKA Deutschland hat das Thema aufgegriffen. Jochen Gaukel, Vertriebsleiter SIKA Automotive Repair, erklärt im Exklusiv-Interview mit schaden.news, worum es bei REACH genau geht, wen die Vorschriften betreffen und was ab August Pflicht ist. ___Herr Gaukel, was besagt die REACH Verordnung genau?___ __Jochen Gaukel:__ Eines vorab – es handelt sich nicht um ein generelles Verbot von Produkten. Die Neuregulierung der REACH Verordnung fordert ab 24.8.2023 eine Schulungspflicht für jeden gewerblichen Verarbeiter von Materialien mit einem Gehalt an monomeren Diisocyanaten >0,1 % Gewicht. Das trifft auf viele in der Automobilbranche vorkommenden PU-Schäume, Dichtstoffe, aber auch Scheibenkleber oder Lacksysteme zu, die zur Aushärtung reaktive Isocyanat-Gruppen beinhalten. Da diese im Verdacht stehen, Atemwege reizen und chronische Krankheiten hervorrufen zu können, reguliert die Gesetzgebung nun deren Verarbeitung in entsprechender Form. ___Wen betrifft die REACH Verordnung und was muss konkret getan werden?___ __Jochen Gaukel:__ Jeder Verarbeiter, der Diisocyanate als Stoffe oder als Bestandteil in verschiedenen Stoffen verwendet, muss ab 24.8.2023 ein Training zum richtigen Umgang vorweisen können, sofern der Anteil über dem Schwellenwert von 0,1% Gewicht liegt. Es reicht nicht aus, wenn nur der Betriebsinhaber oder Werkstattmeister geschult wurde. Unabhängig vom Grenzwert halten wir aus Gründen der Arbeitssicherheit eine generelle Schulung zum Umgang mit chemischen Produkten für jeden Verarbeiter für empfehlenswert. Das erlangte Wissen kann nur zum Vorteil für die Teilnehmer sein und das Training kann nebenbei auch als Schulungsnachweis für Zertifizierungen oder Partnerbetriebe genutzt werden. ___Welche Schulungsangebote gibt es und wie hoch sind die Kosten dafür?___ __Jochen Gaukel:__ Angeboten werden die Online-Trainings derzeit durch die Herstellervereinigungen ISOPA und ALIPA. [Über einen entsprechenden Link auf unserer SIKA Homepage](https://deu.sika.com/de/veranstaltungen.list.html/veranstaltungen/pu-training.html) gelangt man auf die Schulungsplattform mit den jeweiligen Themen aus verschiedensten Anwendungsbereichen. Die Kosten für die Teilnahme entfallen an dieser Stelle, denn die SIKA Deutschland GmbH ermöglicht den Teilnehmern mittels eines Gutscheincodes freien Zugang. Wir als Hersteller halten Arbeitssicherheit für richtig und wichtig, deshalb haben wir uns für diese Möglichkeit entschieden. Der Nachweis über die Teilnahme bleibt 5 Jahre gültig und muss vom Betrieb hinterlegt werden. ___Wie geht es mit den PU-Produkten im Reparaturmarkt weiter?___ __Jochen Gaukel:__ Wie eingangs schon erwähnt, handelt es sich nicht um ein generelles Verbot der diisocyanathaltigen Produkte. Auch Materialien, die den Schwellenwert von 0,1% überschreiten, können ab 24.8.2023 durch das Absolvieren der entsprechenden Online-Trainings problemlos weiterverarbeitet werden. Als zweite Lösung kann auf bereits entwickelte SIKA-Produkte gewechselt werden, die unter dem festgelegten Grenzwert liegen oder frei von Diisocyanaten sind, wie beispielsweise die Sikaflex-500 Serie. Einen kleinen Ausblick auf unsere Neuentwicklungen im PU-Bereich möchte ich trotzdem geben. Durch einen hohen Invest in entsprechende Forschung ist es uns gelungen, den Monomeranteil auf ein ultra-niedriges Niveau zu reduzieren, wodurch unsere neue Sikaflex-600 Serie mit ihrer PURFORM Technologie kein zusätzliches REACH-Training erfordern. Trotzdem leisten diese Produkte die hohen mechanischen Festigkeiten der bewährten PU-Technologie. Die Verarbeitungseigenschaften konnten durch die Neuentwicklung sogar noch verbessert werden. Auch im Bereich der Scheibenklebstoffe, Kunststoffreparatur und Vorprodukte werden seitens SIKA im Laufe des Jahres noch weitere REACH-befreite Produktlösungen vorgestellt. ___Vielen Dank für das Interview!___