2023-03-08T12:58:37+0000

Digitale Farbtonfindung: Haben Farbpaspeln bald ausgedient?

Werkstätten kennen es: Die Farbtonfindung kann mitunter recht zeitaufwendig sein. Zwar unterstützen Spektrometer vielerorts schon bei der Farbtonauslese, die finale Ermittlung über Paspeln bleibt aber in der Regel bestehen. Wenn dann noch Musterbleche gespritzt werden müssen, sind schnell mal zwei Stunden vergangen. Der Lackhersteller PPG will diesen Prozess nun vereinfachen. Und zwar mit einer digitalen Farbtonfindung. Parallel zur europaweiten Markteinführung hatten Pressevertreter letzte Woche (02.03.) in Hilden die Gelegenheit, die digitale Farbtonfindung – genannt LINQ Pro-Systems – in der Praxis zu erleben. Dirk Dey, Color IT Experte, erklärt im exklusiven Videointerview mit schaden.news, wie die neue Technik funktioniert. ## Direkter Vergleich vom gemessenen Farbton mit digitalen Musterkarten Hierfür hat der Lackhersteller in Kooperation mit X-Rite ein neues Farbtonmessgerät entwickelt. „Das ist ein Sechs-Winkel-Messgerät, mit der Besonderheit, dass hier auch eine Kamera verbaut ist, die Realbilder von der zu messenden Fläche aufnimmt“, erklärt Dirk Dey im Video. Diese Fotos werden über die zweite Innovation, die sogenannte Software VisualizID und eine spezielle 3D-Rendertechnologie, realistisch an einem hochauflösenden Bildschirm dargestellt und dort mit digitalen Musterkarten verglichen. „Auf der linken Seite wird das Bild vom Fahrzeug abgebildet und rechts der visualisierte Treffer aus unserer Datenbank“, erklärt der Farbton-Experte. Die im System hinterlegte Datenbank umfasst aktuell rund 70.000 Farbtöne – darunter auch Farbtonvarianten oder individuelle Serviceformeln aus den Farbtonlaboren von PPG. Die Datenbank wird zudem kontinuierlich erweitert und täglich aktualisiert, betonte das Team in Hilden. ## Begutachtung unter unterschiedlichen Bedingungen Wie auch in der Praxis kann der Anwender die digitale Farbmusterkarte drehen und aus verschiedenen Perspektiven betrachten. Auch eine Tageslichtsimulation mit Klarlack oder mit simuliertem Sonnenlicht ist möglich, wie Dirk Dey zeigt. Über eine Zoom-Funktion kann zudem auch die Grobheit der Pigmente verglichen werden. Und auch Rundungen oder Sicken können über die Software simuliert werden. ## Verändert die digitale Farbtonfindung die Praxis? Der Nutzen für die Lackierbetriebe liegt aus Sicht des Experten darin, dass der Farbtonfindungsprozess vereinfacht wird und dadurch gegebenenfalls auch von anderen trainierten Mitarbeitern durchgeführt werden könnte. Denn über die Software werde sehr schnell – sogar für Laien – ersichtlich, ob ein Farbton passt oder nicht. „Das menschliche Auge ist ein Präzisionsinstrument und kann auch allerkleinste Farbnuancen unterscheiden. Mittels VisualizID kann der Anwender jetzt sehr schnell optisch entscheiden, welcher der vorgeschlagenen Farbtöne der optimale für den aktuellen Auftrag ist, noch bevor er appliziert wurde. Dabei erhalten Sie exakt den Farbton, den Sie am Bildschirm sehen – das ist absolut neu und sorgt für ein echtes Mehr an Prozesssicherheit beim Farbtonmanagement.“ Zudem sei es durch den virtuellen Findungsprozess möglich, die Farbtonfindung bereits während der Fahrzeugannahme durchzuführen. Dadurch könnten die Abläufe im Werkstattalltag noch effizienter gestaltet werden, ist sich der Lackhersteller sicher. ## Spritzmuster entfallen nicht Einigkeit herrschte in Hilden aber auch darin, dass die persönliche Handschrift des Fahrzeuglackierers auch künftig eine wichtige Rolle spiele. Das Anfertigen von Spritzmusterblechen bei schwierigen Farbtönen entfalle also durch die neue Technologie nicht.