2023-02-22T11:20:36+0000

Felgenaufbereitung: Sind maschinelle Verfahren nach der neuen Richtlinie weiter zulässig?

Die optische Aufbereitung von Felgen steht seit vielen Jahren immer wieder im Mittelpunkt kontroverser Diskussionen. Denn Leichtmetallräder sind sicherheitsrelevante Bauteile, Reparaturen wie beispielsweise schweißen oder Materialrückverformung an diesen sind deshalb seit jeher streng verboten. Erlaubt ist hingegen die Aufbereitung optischer Mängel wie Bordstein- oder Korossionsschäden, die nicht tiefer als ein Millimeter und im Bereich bis maximal fünf Zentimeter von außen nach innen liegen – und zwar sowohl per Hand als auch mittels maschineller Verfahren. Die Berichterstattung rund um die Veröffentlichung der neuen Richtlinie zur Aufbereitung von Leichtmetallrädern für Personenkraftwagen sorgte nun jedoch erneut für Verunsicherung im Markt. Vor allem bei Betrieben, die bisher maschinelle Verfahren zur Aufbereitung von Alufelgen nutzen. Denn unter Punkt 3.2 der neuen Richtlinie steht geschrieben: „Ein maschinelles Bearbeiten (ausgenommen örtliches Anschleifen), zum Beispiel bei glanzgedrehten Rädern, ist auf Grund der Wandstärkenreduzierung nicht zulässig.“ Doch was ist nun erlaubt und was nicht? schaden.news hat diesbezüglich sowohl beim Zentralverband für Karosserie- und Fahrzeugtechnik (ZKF) nachgefragt, als auch bei CARTEC-Geschäftsführer Daniel Fuchs. Der Werkstattausrüster hat mit dem sogenannten WheelDoctor bereits 1998 ein maschinelles Verfahren zur Felgenbearbeitung auf den Markt gebracht, dass seit 2008 als einziges innerhalb der Branche auch vom TÜV Süd geprüft ist (Berichtsnummer 76232807-1). ## Alles wie immer: Es gelten die Herstellervorgaben „Nach dem Bekanntwerden der Richtlinie und der damit verbundenen Berichterstattung über ein Verbot maschineller Verfahren standen unsere Telefone nicht mehr still, da unsere WheelDoctor-Betriebe verständlicherweise verunsichert waren“, bestätigt CARTEC-Geschäftsführer Daniel Fuchs, der in den letzten Wochen viel Aufklärungsarbeit leisten musste. Denn mit Nichten sei das von CARTEC entwickelte Verfahren nun pauschal verboten. „Die Richtlinie schließt zwar maschinelle Verfahren aus, schreibt aber gleichzeitig wortwörtlich es ist „den jeweiligen Fahrzeug- oder Radherstellern überlassen, in Eigenverantwortung über die hier festgelegten Aufbereitungsgrenzen hinaus, für deren Räder Grenzen zu definieren, um die Sicherheit deren Produkte zu gewährleisten“, zitiert Daniel Fuchs. Das bestätigt auch Michael Zierau, Referatsleiter Technik beim ZKF: „An der Gesetzgebung hat sich prinzipiell nichts geändert. Es galt schon immer, dass die Richtlinie – die es seit 2004 gibt – nur dann greift, wenn es keine expliziten Vorgaben von Seiten des Herstellers gibt. Mit der Überarbeitung der Richtlinie im letzten Jahr haben sich allerdings die Vorgaben für die optische Aufbereitung verschärft und eine zwingende
Dokumentationspflicht inklusive Kennzeichnung der Felgen wurde eingeführt.“ [Zum Umgang mit beschädigten Leichtmetallfelgen hat die Interessengemeinschaft für Fahrzeugtechnik und Lackierung (IFL) kürzlich auch eine technische Mitteilung veröffentlicht.](https://schaden.news/de/article/link/43286/ifl-temi-4-2023-felgenreparatur-bei-leasingfahrzeugen) ## Was sagen die Hersteller? Tatsächlich ist es in der Praxis so, dass die Serviceleitfäden der meisten Hersteller – in jedem Fall aber die der deutschen Premiumhersteller – die Felgenaufbereitung innerhalb der eingangs genannten Grenzwerte zulassen. Das weiß auch Daniel Fuchs: „Nach uns vorliegenden Informationen verbietet keiner der Premiumhersteller die maschinelle Bearbeitung von Felgen in deren Serviceanweisungen, solange die zulässige Bearbeitungstiefe nicht überschritten und die Speichenschutzzone eingehalten wird.“ [So wirbt Mercedes unter anderem selbst mit einem Video für die CNC-Drehbearbeitung.](https://remanparts.mercedes-benz.com/de/pkw/felgen) ZKF-Hauptgeschäftsführer Thomas Aukamm betont in diesem Zusammenhang jedoch noch einmal die hohe Verantwortung der Betriebe in Bezug auf die Recherche der tagesaktuellen und felgenspezifischen Herstellervorgaben: „Hierzu eignet sich insbesondere auch die Plattform repair-pedia um weitere Informationen zu recherchieren. Besondere Sorgfalt und Dokumentation der Leistung wird damit zur Pflicht für die durchführenden Betriebe, genauso wie die Kenntlichmachung einer fachlich korrekt stattgefundenen Aufbereitung an der Felge.“ ## Bearbeitungstiefe ist entscheidend Aus Sicht von Daniel Fuchs verweist die Richtlinie zurecht auf die von den Herstellern selbst eingesetzten Verfahren. „Es wäre sonst ja auch nicht nachvollziehbar, denn andernfalls würden die Fachwerkstätten bei den Reparaturvorgaben gegenüber dem OEM benachteiligt werden“, so der CARTEC-Geschäftsführer. Ausschlaggebend für eventuelle Festigkeitsunterschiede sei einzig die Bearbeitungstiefe, nicht die Art der Bearbeitung. Die maschinelle Bearbeitung birgt gegenüber der von Hand – die von der Richtlinie ausdrücklich freigegeben ist – kein höheres Risiko. Vorausgesetzt natürlich, dass die eingesetzten Maschinen in der Lage sind, auf den Speichen nur den Klarlack abzutragen und nicht tiefer zu gehen. Auch Daniel Fuchs weiß: „Manuell zu programmierende Bearbeitungsmaschinen bergen hier ein Risiko, weil die individuelle Konturfestlegung zeitintensiv ist und hohes fachliches Know-How erfordert.“ ## Manipulationssichere Einhaltung der Grenzwerte Auch deshalb sei die neueste Entwicklung des Plüderhäusener Familienunternehmens ein Meilenstein in der Felgenbearbeitung. Denn der [auf der Automechanika vorgestellte WheelDoctor DDC](https://schaden.news/de/article/link/43062/cartec-interview-automatisierte-felgenreparatur) (kurz für Digital Diamond Copy) arbeitet auf Basis des bekannten Grenzwertkataloges. „Die vorgegebenen Grenzwerte sind in der Software des WheelDoctor DDC manipulationssicher fest verankert. Das heißt, Schäden von einem Millimeter Schadenstiefe im Bereich von 50 Millimeter von außen nach innen können und werden mit dem DDC aufbereitet, auf den Speichen wird nur der Klarlack abgetragen. Sind der Schaden oder die Unwucht zu tief, lässt die Maschine den Anwender im Prozess gar nicht weiter“, erklärt Daniel Fuchs das Verfahren. Die Konturberechnung und Bearbeitung selbst erfolgt automatisiert, lediglich zum Einspannen und Laserkonturerfassung der Felge wird ein Mitarbeiter benötigt. Für die Dokumentation gegenüber Kunden oder Auftraggebern wird nach jedem Vorgang automatisch ein Werkstattprotokoll erstellt. Jede aufbereitete Felge wird zudem mit einem QR-Code zur Nachverfolgbarkeit gekennzeichnet.