2022-11-15T14:24:44+0000

Landesverbandstag Bayern: Energiewende und automobile Zukunft im Fokus

Erstmals seit 2019 fand am letzten Oktoberwochenende wieder der Verbandstag des bayerischen Karosserie- und Fahrzeugbauerhandwerks statt. Im Mittelpunkt der Fachmesse in Rotthalmünster stand das Thema Energieversorgung, das aus dem Blickwinkel der Politik sowie durch Branchenexperten und Betriebsinhaber diskutiert wurde. Landesinnungsmeister Thomas Schneider und Geschäftsführer Robert Paintinger schildern im Gespräch mit schaden.news ihre Eindrücke von der zweitägigen Veranstaltung. ## Energiewende mit Augenmaß und Fingerspitzengefühl gefordert Der wirtschaftspolitische Sprecher der Freien Wähler Bayern, Manfred Eibl, informierte in seinem Redebeitrag über die derzeitige Entwicklung im Energiesektor und die damit verbundenen Pläne und Maßnahmen der bayerischen Staatsregierung. Die Einschätzung des Politikers, dass an erneuerbaren Energien und Energiesparen kein Weg vorbeiführe, sei unter den Anwesenden auf breite Zustimmung getroffen, erklärt Robert Paintinger. Konsensfähig sei unter den versammelten Betriebsinhabern aber auch gewesen, dass die Aufrechterhaltung der gegenwärtigen Versorgungssicherheit nur mit ausreichend Augenmaß und Fingerspitzengefühl gelingen könne. Gerade die sich häufenden Probleme in unserem Nachbarland Frankreich, wo rund 69 Prozent des Stroms aus Atomkraft erzeugt werden, verdeutlichten, dass bei längeren Laufzeiten auch diese Technologie an ihre Grenzen stoße. ## Expertenrunde gab Tipps rund um Energieversorgung und -einsparung In der anschließenden Expertenrunde wurden konkrete Handlungsmöglichkeiten diskutiert. Vor allem der Vorteil der Unabhängigkeit gegenüber Märkten und die Möglichkeit der weitgehend kostenfreien Nutzung sprächen klar für die erneuerbaren Energien, von denen die sogenannte Onshore-Windenergie mittels auf dem Festland installierter Anlagen am günstigsten sei. Betrieben, die sich nicht sofort auf eine bestimmte alternative Energieform festlegen wollen, rieten die Experten zum Umrüsten auf ein Warmwasserheizsystem. Egal ob Heizöl, Gas, Geothermie, Hackschnitzel, Pellets oder Photovoltaik: Ein Wasserkreislauf ermögliche die größte Flexibilität bei der Wahl der zugeführten Energie. Einsparungen ließen sich aber auch schon mit einfachen Maßnahmen wie Deckenventilatoren erzielen, die ein Aufsteigen der Warmluft unter das Hallendach verhindern. Anwesende Betriebsinhaber bestätigten das hohe Einsparpotenzial solcher Ventilatoren, sofern der Wirkungsgrad der verbauten E-Motoren einen verbrauchsarmen Dauerbetrieb zulasse. Darüber hinaus böten auch schnell schließende Hallentore oder der Einbau einer Schleusenvorrichtung effektiven Schutz vor Wärmeverlust. Bei allen technischen Veränderungen sei es jedoch unabdingbar, auch die eigenen Mitarbeiter dauerhaft für das Energiesparen zu sensibilisieren: „Energiesparen ist ein Thema, bei dem Betriebsinhaber auch eine nachhaltige Kommunikation gegenüber ihrer Belegschaft einkalkulieren sollten. So etwas läuft nicht von alleine“, betonte der Landesinnungsmeister Thomas Schneider daher. Einen Plan, wie Betriebe den Weg zur Nachhaltigkeit in fünf Stufen beschreiten können, stellte Stefan Höslinger vor. ## Pleitewelle wird wohl an K&L-Branche vorbeiziehen Im September häuften sich Fälle von Betrieben, denen die Gaslieferung einseitig durch
ihre Versorger gekündigt worden waren (schaden.news berichtete). Anbieter wie E-Optimum werben hier mit einer intelligenten Beschaffung auf dem Spotmarkt, die Konditionen wie in der Großindustrie ermöglichen soll, sahen sich jedoch außer Stande, wegen der starken Preissteigerungen, Gasliefer-Verträge für gewerbliche Kunden fortzuführen (schaden.news berichtete). ZKF-Vizepräsident Ulrich Schäfer berichtete in diesem Zusammenhang von seinem Wechsel in den regionalen Grundversorgungstarif und gab an, dass dieser entgegen der landläufigen Annahme deutlich günstiger ausgefallen sei als angenommen. „Diese Schilderung hat mich wirklich überrascht“, räumt Robert Paintinger ein, zumal weitere anwesende Betriebsinhaber diese Erfahrungen bestätigen konnten. Der Redebetrag von Benedikt Müller, Geschäftsführer der Ostermeier GmbH, habe gleichwohl verdeutlicht, dass sich gerade Betriebe mit mittlerer Größe und hohen Durchsätzen aufgrund der Preissteigerungen nun mit teils mehr als doppelt so hohen Vorauszahlungen konfrontiert sähen. „Die Stimmung unter den Betrieben war aber durchwegs optimistisch und von Panik oder der gern heraufbeschworenen Endzeitstimmung war nichts spüren“, stellt Thomas Schneider klar. Dies habe auch damit zu tun, dass die Auftragsbücher weiter gut gefüllt seien und eine Pleitewelle eher unwahrscheinlich sei. Ganz im Gegensatz zu Branchen wie dem Gastgewerbe, die noch wesentlich stärker abhängig vom Energiepreis und dem Konsumverhalten seien. „Insgesamt war der Samstag eine gelungene Veranstaltung, bei der Werkstätten sich Klarheit darüber verschaffen konnten, was auf sie zukommt und mit welchen Investitionen sie sich zukunftssicher aufstellen können“, lautet Robert Paintingers Fazit. ## Mobilitätswende und Fachkräftemangel stellen Kommunen und Werkstätten vor Herausforderungen Das ebenfalls zentrale Thema E-Mobilität kam bereits bei der einen Tag zuvor abgehaltenen Mitgliederversammlung zur Sprache. Über die Folgen der Zulassung ausschließlich klimaneutraler Neuwagen ab dem Jahr 2035 informierte Christian Bernreiter: Bayerischer Staatsminister für Wohnen, Bau und Verkehr. „Verbrennerfahrzeuge werden uns aber noch über diesen Termin hinaus für viele Jahre beschäftigen“, ist sich Thomas Schneider sicher. So liege das Durchschnittsalter der zugelassenen Fahrzeuge bereits heute bei elf Jahren. Auch gibt der Landesinnungsmeister zu bedenken, dass der Wegfall der staatlichen Zuschüsse beim Kauf eines E-Autos möglicherweise auch die Kaufanreize gebremst haben könnten. Neben dem noch nicht ausreichend geklärten Umgang mit den Batterien nach einer bestimmten Menge von Ladezyklen gebe es zudem bei der Ladeinfrastruktur noch Luft nach oben. Die Betriebe sieht er aber gut für die elektrifizierte Zukunft gerüstet, zumal – wie etwa beim Quarantäneplatz – mittlerweile auch klar sei, welche Vorgaben hier zu erfüllen seien. Ganz ähnlich sieht das auch Robert Paintinger, der besonders angesichts der schwachen Anbindung ländlicher Regionen an den öffentlichen Nahverkehr von einer weiterhin guten Auslastung für Werkstätte mit Aufträgen ausgeht. „Der Individualverkehr wird auch weiterhin seinen Platz haben“, bekräftigt der Geschäftsführer des Landesinnungsverbandes daher. Über die umfangreichen Aktivitäten des Zentralverbandes für Karosserie und Fahrzeugtechnik informierten ZKF-Vizepräsident Ulrich Schäfer und ZKF-Hauptgeschäftsführer Thomas Aukamm. „Nach zwei Jahren pandemiebedingter Zwangspause waren dieses Update und die Möglichkeit zum gemeinsamen Austausch über praktische Themen mit den Betrieben besonders wichtig“, resümiert Robert Paintinger.
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