2022-10-26T10:44:27+0000

AZT thematisiert nachhaltige Unfallschadenreparatur

Beim 10. Allianz Autotag im Allianz Zentrum für Technik (AZT) in Ismaning standen Strategien im Mittelpunkt, mit denen der Versicherer den Auswirkungen des Klimawandels entgegenwirken will. Neben der aktiven Förderung der Elektromobilität soll die Reduzierung der CO2-Emissionen auch durch umweltfreundlichere Reparaturmethoden erreicht werden. ## Niedrigere Kosten und weniger Emissionen durch Reparatur Mehr und mehr plädieren Versicherer wie die Allianz dafür, Unfallschäden nicht durch den Einbau neuer Teile, sondern durch punktuelle Instandsetzung zu beheben. Das hat zunächst rein wirtschaftliche Hintergründe, steigen die Preise für Ersatzteile doch seit Jahren kontinuierlich. Mittels der deutlich ressourcenschonenderen Reparatur ließen sich allerdings auch erhebliche Mengen des Treibhausgases CO2 einsparen, erläuterte Christoph Lauterwasser, Leiter des Allianz Zentrums für Technik (AZT). Potential biete das Verfahren dem Experten zufolge auch, weil ein Teiletausch immer auch einen Eingriff in die Fahrzeugstruktur darstelle, der nach Möglichkeit vermieden werden sollte. Schon eine Erhöhung der Reparaturquote in Deutschland um zwei Prozentpunkte hätte laut Christoph Lauterwasser beachtliche Konsequenzen, könnten dadurch doch rund 5.000 Tonnen CO2 eingespart werden. Dies entspräche dem kompletten jährlichen Energieverbrauch von 860 Haushalten. ## Außenhautinstandsetzung und Scheibenreparatur bieten viel Potential Die Vorteile der Reparatur veranschaulichte der AZT-Chef anschließend in mehreren Anwendungsfällen mit Rechenbeispielen. So koste etwa die Reparatur einer Windschutzscheibe des VW ID.3 bis zu 1.200 Euro weniger als deren Ersatz und ermögliche zudem durch Wegfall von Produktionsenergie und Transportwegen eine Verringerung der CO2-Emissionen um 99 Prozent. Ähnlich nachhaltig lasse sich bei einer Seitenwandreparatur verfahren, womit der CO2-Verbrauch – etwa beim Ford Fiesta – um 60 Prozent und die Reparaturkosten um 1.700 Euro gesenkt werden könnten. Carbon Vertriebsleiter Siegbert Müller warb im Zusammenhang mit der Methode „Instandsetzen vor Erneuern“ für eine noch stärkere Einbeziehung der Fähigkeiten der Betriebe, da das Handwerk viel mehr könne, als man diesem zutraue. Hier müsse auch der Konsens seitens der Versicherer und OEMs neu definiert werden, mahnte der Spezialist für Außenhaut-Instandsetzung an. ## Allianz fordert Freigabe von Scheinwerferreparaturen Teilweise verhinderten aber auch behördliche Vorgaben die Durchführung von Reparaturen, so Lauterwasser. Wiederum am Beispiel des VW ID.3 zeigte der Experte auf, dass durch eine Reparatur des Scheinwerfers gegenüber dem Einbau eines Neubauteils 98 Prozent der CO2-Emissionen und bis zu 1.000 Euro eingespart werden könnten. Während dies in Deutschland beim Scheinwerfergehäuse erlaubt sei, werde jedoch eine Instandsetzung der Scheinwerferverglasung nicht zugelassen, weil es sich um ein bauartgenehmigtes Teil handele. „Leider werden durch diese Regelung Potenzial für Treibhausgasminderung und die finanzielle Entlastung der Autofahrer verschenkt“, sagte Christoph Lauterwasser, der zudem kritisierte, dass dieses Verfahren in anderen europäischen Ländern zulässig und zudem von einer Reihe von Fahrzeugherstellern freigegeben sei. Andreas Kreißl, Anwendungstechniker der Peter Kwasny GmbH, verwies in diesem Zusammenhang auf eine bereits im AZT geprüfte Reparaturlösung im
Programm der Kleinschadenexperten und bemängelte, dass demgegenüber der Verkauf ungeprüfter Scheinwerfer-Reparatur-Kits bei Discountern ohne Probleme möglich sei. Christoph Lauterwasser adressierte daher seine klare Aufforderung an das Bundesministerium für Digitales und Verkehr, die aktuelle Regelung zu prüfen und den Weg für eine fachgerechte Instandsetzung durch die Werkstätten freizumachen. ## Verwendung gebrauchter und zertifizierter Teile brächte Vorteile Als weiteren ressourcenschonenden Hebel zur Reduktion der CO2-Emissionen führte der AZT-Leiter die Reparatur mit gebrauchten Ersatzteilen ins Feld. Während die Verwendung von Gebrauchtteilen in Ländern wie Frankreich und Großbritannien bereits etabliert sei, gäbe es in Deutschland noch Nachholbedarf. Zumindest die Akzeptanz der Verbraucherinnen und Verbraucher sei dafür vorhanden. Einer Umfrage der Allianz zufolge würden 89 Prozent eine Reparatur ihres Fahrzeugs mit gebrauchten, aber vollständig intakten und zertifizierten Ersatz- anstelle von Neuteilen akzeptieren. Gerade vor dem Hintergrund aktueller Lieferschwierigkeiten sieht dies der Experte als wichtiges Signal an den Markt. ## Nachhaltigkeitsstandards für Kfz-Werkstätten vorgesehen Welche Potentiale für ein nachhaltigeres Schadenmanagement die Allianz Versicherungs-AG aufseiten der Werkstätten sieht, erläuterte Schadenvorständin Lucie Bakker und formulierte entsprechende Standards, die künftig bei der Werkstattwahl eine Rolle spielen sollen. Als langfristiges Ziel solle erreicht werden, dass K&L-Betriebe mit hoher Energieeffizienz unabhängiger von fossilen Brennstoffen werden. Hierzu zählten etwa effiziente Lackmaterialien und Trocknungsverfahren sowie die Nutzung von regenerativen Energiequellen. „Darüber hinaus erwarten wir eine verstärkte Nachfrage unserer Kundinnen und Kunden, dass im Versicherungsfall nachhaltige Ersatzmobilität, von Elektroautos über Elektrofahrräder bis zu ÖPNV-Tickets, von den Werkstätten zur Verfügung gestellt wird“, sagte Bakker. ## Digitale Plattform rund um Elektromobilität angekündigt Die Vorgaben sind steil: Bis 2050 soll laut EU-Klimagesetz bekanntlich die Klimaneutralität in Europa erreicht sein. Bereits 2030 ist zudem eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 um mindestens 55 Prozent vorgesehen. Für die Allianz kommt E-Fahrzeugen innerhalb dieses Transformationsprozesses eine Schlüsselrolle zu: „Ohne nachhaltige Mobilität und den konsequenten Ausbau der Elektromobilität sind die ehrgeizigen Ziele der EU nicht zu erreichen", betonte Klaus-Peter Röhler, Mitglied des Vorstands der Allianz SE. Es gelte daher, die Massentauglichkeit der Elektromobilität weiter voranzutreiben. Neben einem schnelleren Ausbau der Ladeinfrastruktur müsse dies vor allem über kundenfreundliche Lösungen erreicht werden. Hierzu zählten etwa wettbewerbsfähige Preise und nützliche Dienstleistungen rund um das E-Fahrzeug. Der zugleich für das Versicherungsgeschäft in Deutschland, der Schweiz, Zentral- und Osteuropa sowie Global P&C Retail und SMC und Global Claims Verantwortliche stellte in diesem Zusammenhang eine spezielle digitale Plattform vor, die in Deutschland Anfang 2023 an den Start gehen werde. Das Angebot reicht von Informationen zu Themen wie Reichweite oder Ladestationen bis hin zu Dienstleistungen wie einem Batteriecheck vor dem Kauf/Verkauf eines gebrauchten Elektrofahrzeugs, Wallbox-Installation mit Vor-Ort-Check sowie einer Ladekarte zu günstigen Konditionen. Dazu gehören auch passende Versicherungsprodukte für Elektrofahrzeuge.
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