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2022-10-12T09:45:42+0000

Lackierertag: Netzwerken, Know-how und Rennlegenden

Nach Angaben des Bundesverbandes für Farbe, Gestaltung, Bautenschutz kamen zu der Veranstaltung im thüringischen Petersberg mehr als 400 Teilnehmer. Zudem präsentierten in der Fachausstellung rund 50 Ausrüster und Dienstleister ihre Lösungen für K&L-Betriebe. Torsten Schmidt, Leiter des Geschäftsbereichs Fahrzeuglackierer im Bundesverband Farbe Gestaltung Bautenschutz, zeigte sich im Gespräch mit schaden.news „überwältigt“ vom Zuspruch der Veranstaltung: „Wir sind sehr glücklich, dass es uns wieder möglich ist zu netzwerken. Mehr als 400 Gäste und eine Fachausstellung mit 50 Ausstellern – wir sagen einfach nur Danke für diese enorme Resonanz.“ Zudem galt der Dank des Geschäftsbereichleiters den Gastgebern: Mandy Werner und Volker Gehrt, Inhaber der Gehrt Innovation im thüringischen Petersberg, hatten mit zwei großen Hallen ihrer Sportwagenmanufaktur eine Plattform für die Veranstaltung gegeben. „Eine großartige Kulisse“, wie Torsten Schmidt gegenüber schaden.news betonte. ## Fachvorträge zeigten Vielseitigkeit der Branche Die Themen der Fachvorträge an den beiden Veranstaltungstagen waren sehr vielseitig. Beginnend bei der Bedeutung des Autos für die Gesellschaft über den Einfluss moderner Fahrzeugtechnologie auf das Schadengeschehen und die Unfallreparatur bis hin zu Praxistipps vom Rechtsanwalt; von Besonderheiten bei der Lackierung von Dreischichtern über die Kalibrierung der Heckradar-Sensorik bis zur Lackschichtdickenmessung auf Kunststoff-Bauteilen. Zudem gab es einen Überblick über digitale Lösungen für den handwerklichen Reparaturprozess im Fahrzeuglackierfachbetrieb sowie einen Vortrag über einen Leitfaden Elektromobilität. Roland Gumpert gab einen Ausblick auf eine Zukunft ohne fossile Brennstoffe. „Unser Ziel war es, die Komplexität des Unfallschadenmarktes aufzuzeigen. Ich denke, dies ist uns gelungen“, erklärte Torsten Schmidt. ## DAT: Wie stehen die Menschen in Deutschland zu ihrem Auto? Dr. Martin Endlein von der Deutschen Automobil Treuhand GmbH stellte in seinem Fachvortrag am ersten Veranstaltungstag einige zentrale Umfrage-Ergebnisse des aktuellen DAT-Reports vor. Per live zugeschaltetem Stream führte der Leiter der Unternehmenskommunikation der Organisation aus, wie die Beziehung der deutschen
Autofahrer zum Automobil und zur Werkstatt beschaffen ist und leitete her, warum eine Abschaffung des Autos auch weiterhin nicht zur Diskussion stehe. Umfragen bei Fahrzeughaltern zeigten demnach, dass die Relevanz des eigenen Pkw während der Pandemie sogar noch einmal gestiegen sei. Noch deutlicher zeige sich dieser Trend in ländlichen Gebieten und Städten mit weniger als 20.000 Einwohnern, in denen die Versorgung mit öffentlichen Verkehrsmitteln schwächer ausgeprägt ist. Dabei werde nicht allein der Nutzen des Fahrzeugs als Transportmittel gesehen, sondern auch dessen emotionaler Wert. Entsprechend ausgeprägt sei auch der Anspruch unter den Befragten, dass sich das eigene Auto immer in einem technisch einwandfreien Zustand befinden müsse. Dies treffe auf 92 Prozent der Pkw-Halter zu und zeige sich auch in einer zuletzt gestiegenen Inanspruchnahme von Inspektionen. Die starke Verbundenheit mit dem Auto zeigt sich auch bei der Werkstattwahl. 88 Prozent der Fahrzeughalter gaben an, immer denselben Kfz-Betrieb aufzusuchen. Während zuletzt der Marktanteil der Markenwerkstätten auf 45 Prozent etwas zurückgegangen sei, konnten freie Werkstätten leicht zulegen, und zwar auf 36 Prozent. Potenziale für Betriebe sieht der Experte vor allem im Servicebereich, da immerhin 24 Prozent der Werkstattkunden angegeben hätten, nicht optimal beraten worden zu sein. ## AZT: Das Auto als Software-definiertes Produkt Mit einem kurzen Video-Rückblick auf die 50-jährige Geschichte des Forschungsinstituts der Allianz, hob AZT-Geschäftsführer Dr. Christoph Lauterwasser den elementaren Einfluss hervor, den die Fahrzeugtechnologie seit jeher auf Schadengeschehen und Unfallreparatur nimmt. Drei Faktoren – E-Mobilität, Fahrerassistenzsysteme und -daten – griff der Experte anschließend in seinem Vortrag auf, welche aus Versicherer-Sicht die nähere Zukunft entscheidend prägen werden. Aufgrund der bis 2030 zu erreichenden Klimaziele investierten mittlerweile auch die deutschen Automobilhersteller massiv in die Produktion elektrischer Fahrzeuge und eigener Batteriewerke. Gerade für freie Werkstätten biete diese Entwicklung großes Potenzial. Ob der angestrebte Bau von einer Million öffentlichen Ladepunkten innerhalb der nächsten acht Jahre erreicht werde, sei dagegen fraglich. Mit Blick auf die Verbreitung fortschrittlicher Fahrerassistenzsysteme (ADAS) sei mit einer Abnahme der Schadenhäufigkeit zu rechnen. Bis 2030 werde etwa die Marktdurchdringung mit automatischen Notbremssystemen bei 78 Prozent liegen und daher auch das Thema Kalibrierung weiter an Relevanz zunehmen. Gegen Ende des Jahrzehnts werde insbesondere auch der Grad der datenbasierten Vernetzung von Fahrzeugen ein hohes Niveau erreicht haben. Mit der Möglichkeit, drahtlose Updates des
bordeigenen Betriebssystems aufzuspielen sowie automatisch Unfälle zu erkennen und Schadendiagnosen durchzuführen, entwickle sich das Auto immer mehr zum softwaredefinierten Produkt, das freilich gänzlich neue Herausforderungen mit sich bringe. Hier verwies Dr. Lauterwasser unter anderem auf die steigende Gefahr von Cyber-Angriffen und schnitt die Frage der Datenhoheit an. Hier solle das neue Datengesetz der EU für eine gerechtere Verteilung der Wertschöpfung bei der Verwertung von nicht personenbezogenen Daten sorgen. ## Schadenkalkulation: So läuft es in Theorie und Praxis Für eine Fachdiskussion zur Schadenkalkulation standen im Rahmen des Deutschen Lackierertags Thomas Behl vom Allianz Zentrum für Technik und Axel Krüger von der Deutschen Automobil Treuhand gemeinsam auf der Bühne. So gab Thomas Behl einen Einblick, wo die Daten für die AZT Lackkalkulation überhaupt herstammen und [wie sich sich zusammensetzen](https://schaden.news/de/article/link/42689/azt-lackindex-100-preisanpassungen). Doch wie sieht es mit der Schadenkalkulation in der Praxis aus? Mandy Werner, Betriebsinhaber Steven Didssun – gleichzeitig Fachgruppenleiter der Fahrzeuglackierer in Sachsen – sowie der freie Sachverständige Bernd Böttinger berichteten während der Diskussion über ihre Erfahrungen. Schnell wurde deutlich: Allein durch die Kalkulation mit unterschiedlichen Systemen kann es zu gravierenden Unterschieden beim KV kommen. Zudem warf Steven Didssun ein, dass auch die Ersatzteilpreise derzeit massiv schwankten und die Arbeitszeitwerte sich teilweise immens unterscheiden. „Manchmal kürzen die Versicherer Werte aus der Kalkulation raus, weil sie angeblich nicht ortsüblich sind.“ Torsten Schmidt, der die Diskussionsrunde moderierte, verwies an dieser Stelle auf die IFL-Liste auf frei wählbare Arbeitspositionen sowie auf den Meldebogen zur Schadenkalkulation. „Nutzen Sie diese Tools und rechnen Sie Ihre Arbeit vollständig ab! Sie haben nichts zu verschenken!“, appellierte er an die anwesenden Betriebe. Mandy Werner zog als Fazit, dass Betriebe ihre eigenen Zahlen immer im Blick behalten und gegebenenfalls Gespräche führen sollten. Bernd Böttinger gab den Tipp, jeden Schadenfall immer individuell zu kalkulieren, sich dafür auf alle gängigen Systeme schulen zu lassen und wirklich auch immer alle Positionen für eine sach- und fachgerechte Reparatur zu berücksichtigen. Steven Didssun fügte hinzu, dass eine saubere und lückenlose Dokumentaion des Reparaturprozesses ausschlaggebend sei und letztendlich vor Streichungen bewahre. ## Rennsportlegenden gratulieren Bundesleistungssiegern Ebenfalls im Rahmen des Deutschen Lackierertags ehrte der Bundesverband Farbe Gestaltung Bautenschutz die besten Absolventen der Bundesleistungswettbewerbe 2021 und 2020. [Der Ausscheid für beide Jahrgänge hatte im vergangenen November in Wuppertal stattgefunden.](https://schaden.news/de/article/link/42585/bundesleistungswettbewerb-fahrzeuglackierer-1) Es gratulierten auf der Bühne auch die Rennlegenden Walther Röhrl und Christian Geistdörfer. Die beiden ehemaligen Rallye-Weltmeister, die seit Jahren eng mit Sportwagenmanufaktur-Inhaber Volker Gehrt verbunden sind, waren an beiden Veranstaltungstagen in Petersberg zu Gast, nahmen die Veranstaltungsteilnehmer mit auf ein Stück Rennsportgeschichte und standen auch für gemeinsame Fotos und Autogramme zur Verfügung. Auch Gastgeberin Mandy Werner blickt auf eine erfolgreiche Veranstaltung zurück und lobte insbesondere die konstruktive Zusammenarbeit mit dem Verband und dem Lackpartner Axalta: „Ich denke, diese Kooperation hat sich in der Veranstaltung widergespiegelt“, erklärte Mandy Werner gegenüber schaden.news. Die Unternehmerin ist sich sicher: „Der Deutsche Lackierertag hat für viel Gesprächsstoff gesorgt, der über die zwei Veranstaltungstage hinaus im Gedächtnis bleiben wird.“
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