2022-06-22T09:15:30+0000

Brandschutz: Darauf sollten Werkstätten bei der Arbeit mit E-Autos achten

Der Fall aus dem Jahr 2011 sorgte für internationale Schlagzeilen. Nachdem die US-Behörde für Straßen- und Fahrzeugsicherheit NHTSA ein Plug-in-Hybrid-Fahrzeug des Autokonzerns General Motors diversen Crashtests unterzogen hatte, brannte dieses volle drei Wochen später aus. Als Ursache wurde die beim Crash beschädigte Batteriekühlung ermittelt. Sind also Elektroautos am Ende doch nicht so sicher, wie es heißt – und worauf sollten vor allem Reparaturbetriebe achten, die immer öfter mit verunfallten E-Fahrzeugen konfrontiert werden? schaden.news hat die beiden DEKRA Brandschutz-Experten Harald Eder und Lars Inderthal sowie DEKRA Unfallforscher Markus Egelhaaf zu ihrer Einschätzung befragt. ## Reine Elektrofahrzeuge geraten am seltensten in Brand „Zusammengenommen haben wir festgestellt, dass E- und Hybridfahrzeuge nicht häufiger brennen als konventionell angetriebene Fahrzeuge“, beantwortet Markus Egelhaaf eine der drängendsten Fragen bei den Themen Sicherheit und Elektromobilität. Im direkten Vergleich, durchgeführt von einer US-amerikanischen Versicherungsgesellschaft, gerieten Plug-in-Hybridfahrzeuge am häufigsten in Brand, gefolgt von Verbrennern. Bei rein elektrischen Fahrzeugen geschehe dies hingegen am seltensten. Nicht die Häufigkeit der Fälle sei somit der Grund, warum man sich trotzdem eingehend mit dem Brandschutz auseinandersetzen sollte: „Ist die Batterie tatsächlich involviert, kann es wesentlich länger dauern, so ein Fahrzeug zu löschen. Auch wenn die Brandlast bei Verbrenner- und E-Fahrzeugen nahezu identisch ist, können dadurch entsprechend schwerwiegendere Auswirkungen auf die Umgebung entstehen“, betont der Experte. Die Gegenüberstellung der Brandlasten und weitere Informationen hat DEKRA in einem eigenen [Faktenblatt zu Elektromobilität und Brandschutz](https://www.dekra.de/media/fakten-zum-thema-e-mobilitaet-und-brandschutz.pdf) zusammengestellt. ## Mit dem Quarantäneplatz die Brandgefahr auf Abstand halten Trotz hoher Sicherheitsstandards, wie etwa der europaweit geltenden Hochvoltvorschrift für Elektrofahrzeuge ECE R 100, könne allerdings aufgrund der in den Akkuzellen verbleibenden Restladung nicht ausgeschlossen werden, dass nach einem Unfall abgestellte E-Fahrzeuge in Brand geraten, erklärt Egelhaafs Kollege Lars Inderthal. „Die wichtigste Vorkehrung, die Betriebe dabei treffen können, ist sicherzustellen, dass dies nicht innerhalb eines Gebäudes geschieht“, stellt der Brandschutzexperte klar. Die Bereitstellung geeigneter Quarantäneplätze sei daher obligatorisch. Ausreichende Mindestabstände zu angrenzenden Grundstücken, Gebäuden, aber auch anderen Fahrzeugen und leicht entzündlichen Brandlasten wie Gastanks sind dabei besonders wichtig. [Die von DEKRA zur Bewertung der Quarantäneplätze für beschädigte Elektrofahrzeuge genutzte Checkliste](https://www.dekra.de/media/dekra-checkliste-quarantaerenplatz.pdf) orientiere sich an den Vorgaben des Baurechts und beinhalte neben den jeweils geforderten Sicherheitsabständen weitere Maßnahmen. Hierzu zählten etwa die Sicherung gegen unbefugten Zutritt und die Schaffung einer ungehinderten Feuerwehrzufahrt. „Das schließt auch die Informierung der Rettungskräfte über das Vorhandensein einer solchen Gefährdung in Form eines Feuerwehrplans ein“, ergänzt Inderthal. Besonderes Augenmerk verdiene zudem der Bodenbelag. Da asphaltierte Flächen eine zu geringe Hitzebeständigkeit besäßen, sollte einem Mineralgemisch oder Betonpflaster der Vorzug gegeben werden. Optional sei hingegen die Installation einer Wärmebildkamera zur permanenten Überwachung der Abstellflächen. Auch die Verbringung auf einen geeigneten Abstellplatz außerhalb des
eigenen Betriebs sei zulässig. Ausdrücklich begrüßt der Experte in diesem Zusammenhang Gemeinschaftsinitiativen: „Wenn sich mehrere Werkstätten zusammentun, um einen solchen Platz zu betreiben, der alle Anforderungen erfüllt, dann ist das unter Umständen besser als viele einzelne Quarantäneplätze, die aber nicht vollumfänglich ausgerüstet sind“, betont Lars Inderthal. ## Trocknungstemperaturen moderner Lacksysteme können Antriebsbatterien wenig anhaben Gute Nachrichten für Werkstätten hat Brandschutzexperte Harald Eder. Denn auch bei der Durchführung von Reparaturarbeiten an E-Fahrzeugen sei – die Einhaltung der allgemeinen Sicherheitsregeln des Handwerks vorausgesetzt – die Brandgefahr grundsätzlich nicht höher einzustufen. Dies gelte auch für die im Lackierprozess erforderlichen Trocknungstemperaturen: „Bei wasserlöslichen Lacken fahren wir in der Lackierkabine bereits heute mit deutlich geringeren um die 40 Grad Celsius. Bei der Hochvoltbatterie kommt es aber erst bei 60 Grad und deutlich längeren Einwirkzeiten zu möglichen Beeinträchtigungen. Erfahrungsgemäß sind die Trocknungszeiten viel zu kurz, um die Batteriezellen entsprechend aufzuheizen“, erklärt der Experte, verweist aber auch auf eventuelle herstellerspezifische Vorgaben. ## Leicht erhöhtes Brandrisiko beim Ladeprozess Besondere Aufmerksamkeit verdiene allerdings der Ladevorgang und die vorhandene Infrastruktur: „Noch längst nicht alle Hersteller haben in den mitgelieferten Notladekabeln auch eine Fehlerstromerkennung integriert, die gegebenenfalls das Starten des Ladevorgangs unterbindet. Dies kann zur thermischen oder elektrischen Überlastung der Batterie und in Folge zur Entstehung eines Brandes führen“, konkretisiert Harald Eder. „Das Risiko einer Brandentstehung beim Ladevorgang ist tatsächlich größer“, bestätigt auch Lars Inderthal. Allerdings liegt das nicht nur an den Fahrzeugen. Vor allem die Leitungsnetze in halböffentlichen Tief- und Parkgaragen stellten ein potentielles Sicherheitsrisiko dar, zumal in einigen Ländern keine Prüfpflicht bestehe und Ladestationen bauordnungsrechtlich in derselben Kategorie wie Warenautomaten aufgeführt würden. Über die Besonderheiten und Risiken der Ladeinfrastruktur in Mittel- und Großgaragen informiert eine von DEKRA entwickelte [Gefahrenmatrix](https://www.dekra.de/media/ladeinfrastruktur-e-mobilitaet-in-mittel-und-grossgaragen.pdf). ## Im Brandfall besser auf Nummer sicher gehen Kommt es tatsächlich zum Brand eines E-Fahrzeugs auf dem Werkstattgelände, sollte der Personenschutz an erster Stelle stehen. Kritisch sei besonders der Einsatz von Löschdecken zu sehen, wie Markus Egelhaaf ausführt: „Einen brennenden Akku löschen Sie nicht mit einer Decke, denn die Batteriezellen enthalten selbst den für den Verbrennungsprozess benötigten Sauerstoff. Allenfalls in der Anfangsphase lässt sich damit die Rauchentwicklung reduzieren.“ Eine sinnvolle Investition für einige Reparaturbetriebe und Abschleppdienste könnten spezielle Deckenfoliensätze sein, mit denen ein beschädigtes Fahrzeug vorsorglich eingepackt werden könne: „Dabei handelt es sich im Prinzip um einen mobilen Container, der dann mit Wasser geflutet werden kann, wenn es zum Brand kommen sollte. Ebenso wird die Wärmestrahlung zur Seite und nach unten hin reduziert“, erklärt der Unfallforscher. Hinweise für die Brandbekämpfung von Lithium-Ionen-Akkus finden sich etwa in der DGUV-Broschüre FBFHB-024, die sich aber an Feuerwehren und Hilfsleistungsorganisationen richtet: „Werkstätten sollten keinesfalls die ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten überschätzen und lieber den Brandschutzprofis der Feuerwehr die Durchführung der Löscharbeiten überlassen“, unterstreicht Harald Eder.
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