2022-04-20T10:01:27+0000

Arbeitssicherheit: „Beim Thema E-Mobilität haben viele Betriebe noch Nachholbedarf“

Heutige Serien-Elektroautos bieten ein hohes Sicherheitsniveau – dies konnte nicht zuletzt durch die im DEKRA Crash Test Center in Neumünster durchgeführten Versuche belegt werden. Eigentlich eine gute Nachricht für Autofahrer und Reparaturbetriebe, die im Zuge der rasanten Verbreitung von Hybrid- und Batteriefahrzeugen immer öfter mit diesen Antriebstechnologien auseinandersetzen müssen. Doch Jörg Lobe, der bei der DEKRA Automobil GmbH das Fachgebiet Arbeitssicherheit verantwortet, sieht gerade bei Autohäusern und K&L-Betrieben immer noch Defizite: „Vielen Arbeitgebern ist beim Thema Elektromobilität nicht bewusst, dass sich aus den geltenden Bestimmungen weitere Maßnahmen zwingend ableiten“, berichtet der Experte. DEKRA biete seinen Kundenbetrieben daher ein umfangreiches Serviceportfolio, das von allgemeiner Beratung über Mitarbeiterqualifizierung bis hin zur Prüfung der Ladeinfrastruktur reicht. ## Maßnahmen müssen von qualifizierten Personen durchgeführt und dokumentiert werden „Die Regularien der Berufsgenossenschaften sehen vor, die Mitarbeitenden zunächst für das Thema zu sensibilisieren“, erklärt Jörg Lobe. Laut der aktuellen DGUV Information 209-093 entspricht eine solche „sensibilisierte Person“ dem Einstiegslevel in die E-Mobilität. Im Rahmen einer Unterweisung werden grundsätzliche Themen wie das Laden, Waschen oder Verhalten nach Unfällen behandelt. Mit einer mündlichen Einweisung zwischen Tür und Angel sei es aber nicht getan, stellt der Fachgebietsverantwortliche klar: „Für jeden Werkstatt-Mitarbeiter oder Autoverkäufer, der ein solches Fahrzeug auf dem Betriebsgelände auch nur umparkt, muss dokumentiert werden, dass eine Gefährdungsbeurteilung und eine Unterweisung stattgefunden haben.“ Dieser Nachweis sei deshalb so wichtig, weil der Arbeitgeber nur so in einem Schadensfall belegen kann, dass er seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen ist: „Der Fokus liegt hier klar auf der Frage ‚Wer trägt die Verantwortung?‘“, unterstreicht der Experte. Der jeweilige Weiterbildungsaufwand sei stark davon abhängig, welche Kenntnisse bereits im Vorfeld erworben worden seien. Inhalte der Stufe 2S, die zum Freischalten des HV-Systems und Arbeiten an dessen Komponenten berechtigt, seien vollständig oder teilweise bereits in den neueren Rahmenplänen verschiedener Kfz-Berufe wie Karosserieinstandhaltungstechnik, Kfz-Mechatronik sowie Karosseriebau- und Fahrzeugbautechnik und Karosserie- und Fahrzeugbaumechanik enthalten. „Liegt eine Qualifikation bereits vor, ist dennoch eine regelmäßige Teilnahme an weiteren Schulungen erforderlich, um die Kenntnisse auf dem aktuellen Stand zu halten“, betont Lobe. ## Beratung im Umgang mit havarierten Fahrzeugen Beim Umgang mit havarierten Fahrzeugen stehen die DEKRA Experten den K&L-Betrieben ebenso zur Seite. „Auch hier muss der Arbeitgeber einschätzen, wie groß die Gefahr für die Mitarbeiter und den Betrieb ist“, erklärt Jörg Lobe. So müsse der Fahrer eines Abschleppers mindestens über die Qualifikationsstufe 1S verfügen. Sollte nach einem Unfall auch die Batterie zugänglich sein, würde hingegen die höchste Stufe 3S benötigt, da nur diese für das Arbeiten unter Spannung berechtigt. Wird der Unfallwagen auf dem Betriebsgelände abgestellt, sind weitere Punkte zu klären: „Auch hier begegnet uns immer wieder eine gewisse Sorglosigkeit, weil die Werkstätten sich auf die abgeschlossene Feuerversicherung verlassen. Diese deckt allerdings nicht das fahrlässige Abstellen eines Fahrzeugs ab, von dem eine mögliche Brandgefahr ausgeht“, stellt Jörg
Lobe fest. Erschwert werde die Einrichtung von Quarantäneplätzen allerdings durch die Tatsache, dass im Gegensatz zu anderen Ländern in Deutschland kaum rechtliche Ausarbeitungen existierten: „Zusammen mit den Kollegen des Fachbereichs Gebäudetechnik und Brandschutz haben wir daher entsprechende Empfehlungen für Werkstätten erarbeitet.“ ## Ladeinfrastruktur – auf diese Punkte kommt es an Möchte der K&L-Betrieb seinen Kunden eine oder mehrere Möglichkeiten zum Aufladen ihrer Fahrzeuge bieten, empfiehlt Jörg Lobe ebenfalls, die Expertise von DEKRA in Anspruch zu nehmen. „Eine Lösung per Steckdose, Verlängerungskabel und Notladekabel ist keine sonderlich gute Idee und entspricht nicht den Anforderungen an ein gezieltes und vor allem sicheres Laden“, stellt er fest. Ein geplantes Vorgehen empfehle sich schon deswegen, um im Vorfeld zu ermitteln, wie viele Ladepunkte das Objekt eigentlich zusätzlich zum Basis-Stromverbrauch anbieten kann. Ein entsprechendes Last- oder Lademanagement helfe dabei, eventuelle Engpässe zu vermeiden. Vor Inbetriebnahme der Ladesäule müsse zudem geklärt werden, ob die Leitungen in den vorgeschriebenen Querschnitten verlegt sind und ob alle Absicherungen gemäß der normativen Vorgaben realisiert wurden. „Von der Erstabnahme bis zu den Wiederholungsprüfungen unterstützt DEKRA Werkstätten in allen Fragen zu Ladesäulen, Wallboxen sowie der Kabellage“, unterstreicht der Experte.