Sika: „Es kommt jetzt darauf an neu zu denken“

Parallel zur Corona-Krise sorgt der Krieg in der Ukraine für weitere Preissteigerungen und Lieferengpässe – auch bei Werkstattausrüstern. Im Interview mit schaden.news spricht Jochen Gaukel, Sika Bereichsleiter Automotive Repair, über die aktuelle Situation und die größten Herausforderungen. ___Herr Gaukel, wie stellt sich für Sie derzeit die Lage im Markt aus dem Blickwinkel eines Werkstattausrüsters dar?___ __Jochen Gaukel:__ Wenn wir unsere Situation als Sika betrachten, sind wir nach wie vor schwer mit dem Thema Rohstoffkosten und Materialeinkauf beschäftigt. Die Kostensteigerungen sind weiterhin enorm. Wir müssen einen Teil dieser außerordentlichen Preisexplosion leider bereits seit letztem Jahr immer wieder an unsere Kunden weitergeben. Wir wissen aber auch, dass die Belastung für Betriebe an Grenzen stößt. Daher geben wir Preissteigerungen nicht Eins zu Eins an unsere Kunden weiter. Entscheidend ist für uns während dieser schwierigen Zeit, dass wir lieferfähig bleiben. Das ist uns bisher auch ganz gut gelungen. Sika hat eine sehr hohe Verfügbarkeit von 98 Prozent über alle Produkte hinweg. ___Wie schätzen Sie die Lage in der Unfallreparaturbranche generell ein?___ __Jochen Gaukel:__ Das Bild im Markt ist derzeit sehr unterschiedlich. Es gibt keine einheitliche Entwicklung. Wir sehen K&L-Betriebe die gut ausgelastet sind und dann wieder Werkstätten, denen die Aufträge fehlen. Offenbar hängt der Auslastungsgrad immer stärker auch mit dem jeweiligen Kundenportfolio zusammen. Die Pandemie hat hier viel auf den Kopf gestellt. Ein Beispiel: Flottenkunden sind nicht mehr gleich Flottenkunden. Es gibt Fuhrparks, die immer noch fast stillstehen. Ganz anders die Logistikbranche, hier fahren die LKW und Sprinter mehr denn je. Je nach dem mit welcher Art von Flotte die Werkstatt zusammenarbeitet, kann dies dann zu ganz verschiedenen Auslastungen führen. ___Egal ob sich Kundengruppen der K&L-Betriebe aus Flotten, Kfz-Versicherer oder Privatkunden zusammensetzen, der Kostendruck und gerade die Energiepreissteigerung belasten die Betriebe doch gleichermaßen.___ __Jochen Gaukel:__ Das ist richtig. Aber auch hier gibt es kein einheitliches Bild. Natürlich stehen die Werkstätten insgesamt unter einem enormen Kostendruck. Wir haben aber den Eindruck, dass es zurzeit vor allem die Partnerbetriebe in der Schadensteuerung schwerer trifft, da sie ihre Kosten aufgrund der Preisbindung durch Jahresverträge nicht weitergeben können. ___Was können die Betriebe jetzt aus Ihrer Sicht unternehmen?___ __Jochen Gaukel:__ Es ist immer schwer, pauschale Ratschläge zu geben. Jede Situation eines Betriebes ist individuell zu betrachten und zu bewerten. Eins ist aber klar: Jetzt den Kopf in den Sand zu stecken, wäre die völlig falsche Herangehensweise. Aufgrund unserer Erfahrung stellen wir fest, dass es sich für die Werkstätten lohnt nach neuen Geschäftsfelder zu suchen. Alle Betriebe, die ständig an ihrem Kundenportfolio arbeiten und breit aufgestellt sind, kommen offenbar besser durch die Krise. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Von der Caravan-Reparatur über Nutzfahrzeuginstandsetzung bis hin zum

Autoglas – mit dem richtigen Konzept und der Bereitschaft neue Wege zu gehen, lässt sich die Auslastung optimieren und die wirtschaftliche Lage verbessern. ___Wie unterstützen Sie die Betriebe konkret?___ __Jochen Gaukel:__ Weil jeder Betrieb einzeln betrachtet werden muss, bieten wir unseren Kunden einen individuellen VIP-Check an, damit Betriebsabläufe konkret optimiert werden können. Sicher kennen viele Unternehmen ihre Prozesse genau und haben Reparaturschritte schon effizienter organisiert. Allerdings unter anderen Voraussetzungen. Wir haben noch nie so viele Prozessstörungen in den Betrieben erlebt wie in den vergangenen Monaten. Häufiger Personalausfall wegen Quarantäne oder Krankheit, stark schwankende Auslastung, Reparaturstillstand wegen fehlender Ersatzteile – diese Ereignisse bringen den betrieblichen Ablauf aus dem Takt. Mit dem VIP-Check unterstützen wir den Betrieb konkret dabei sich neu zu strukturieren. ___In welchen Bereichen lassen sich die Prozesse denn neu strukturieren?___ __Jochen Gaukel:__ Wir bieten einen konkreten Faktencheck, für eine aktuelle Bestandsaufnahme in den Bereichen Karosserie, Lack und Autoglas. Der VIP-Check ermöglicht auch den Vergleich mit Referenzdaten, damit der Unternehmer weiß, wo er steht. Unsere Experten sehen sich die Gegebenheiten vor Ort genau an und entwickeln Instrumente, um die Situation nachhaltig zu verbessern. Wir meinen: Es kommt jetzt darauf an, neu zu denken. Dafür braucht man eine solide Basis. ___Wie lange wird die Situation der permanenten Kostensteigerung Ihrer Einschätzung nach anhalten?___ __Jochen Gaukel:__ Ich denke das kann derzeit niemand sagen. Wir fahren nahezu jeden Tag auf Sicht. Es ist aber davon auszugehen, dass wir nicht wieder zurück zu einer Situation kommen, wie es sie vor der Pandemie gegeben hat. Die Zeiten haben sich grundlegend geändert und sie werden sich auch weiterhin verändern. Daher kommt es heute und in Zukunft vor allem darauf an flexibel zu reagieren. ___Vielen Dank für unser Gespräch.___

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