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2022-04-13T10:21:10+0000

Energiekosten: „Uns reicht's!": So wollen Betriebe die Preiserhöhungen auffangen

Im Januar 2021 noch 5,9 Cent pro Kilowattstunde, im Dezember 25,62 Cent: Ein Betriebsinhaber aus Norddeutschland, der anonym bleiben möchte, steht den Steigerungen der Strompreise bei gleichem Verbrauch beinahe machtlos gegenüber. Beim Gas kletterte der Wert von 2,04 Cent im Januar auf 11,53 Cent im Dezember. „In solchen Dimensionen habe ich Energiepreiserhöhungen noch nie erlebt. Um sie zu kompensieren, müsste ich meinen jährlichen Ertrag um 260.000 Euro erhöhen. Woher soll ich den nehmen?“ ## Erhöhungen der Auftraggeber decken nicht einmal Inflation Ähnliche Erfahrungen hat Betriebsinhaber Jens Walther im sächsischen Freiberg gesammelt. Auch er verzeichnet eine Erhöhung des monatlichen Abschlags allein für Gas von 870 Euro auf 2.300 Euro. „Ich bin gleich zu Jahresbeginn in die Gespräche gegangen, um zu versuchen, die Preise auf die neuen Kosten anzupassen“, berichtet der Betriebsinhaber, der zugleich im BVdP als Vorstand aktiv ist. Bei vielen sei das Verständnis der Auftraggeber da. Dennoch, eine Deckelung der Kosten könne damit nicht erreicht werden. „Selbst bei einer Erhöhung von 4 Prozent ist noch nicht einmal die derzeitige Inflation abgedeckt“, rechnet er vor. Die beiden Betriebsinhaber sind mit ihren Sorgen nicht allein. Die schaden.news-Redaktion hat seit Jahresbeginn zahlreiche Rückmeldungen von Betriebsinhabern erhalten, die die Kostensteigerungen nur noch verzweifelt zur Kenntnis nehmen können. Und der Krieg in der Ukraine sowie die damit verbundenen Kostensteigerungen verschärfen die Situation für K&L-Betriebsinhaber nun noch einmal. ## Verbände rufen zu Nachverhandlungen bei Auftraggebern auf So wiesen der Bundesverband Farbe Gestaltung Bautenschutz sowie der Zentralverband für Karosserie- und Fahrzeugtechnik kürzlich in Pressemitteilungen darauf hin, dass seit Kriegsbeginn der Strompreis um 262% und der Gaspreis um 189% angestiegen seien. Die Verbände empfehlen daher, die Kostenentwicklung genau zu beobachten und gegebenenfalls nachzuverhandeln. Der Bundesverband Farbe Gestaltung Bautenschutz betont zudem, dass Betriebe „darauf dringen [sollten], dass zukünftig eine dynamische Vereinbarung getroffen wird, die zusätzlich zu dem vereinbarten festen Stundensatz Energie- sowie Lackiermaterialkosten berücksichtigen kann. Alternativ sollte er z. B. die Laufzeiten von Kooperationsvereinbarungen in monatlichen Abständen prüfen und ggf. nicht verlängern – oder auf veränderte Kostenkorrekturen angepasst jeweils neu verhandeln“, heißt es in einer Pressemitteilung des Verbandes vom 23. März 2022. ## ZKF: Stundensatz engmaschig checken Auch der ZKF rät zu Nachverhandlungen mit Auftraggebern. Seinen Mitgliedsbetrieben gibt der Verband nach eigenen Angaben im internen Bereich der Verbandswebsite ein Schema zur Berechnung des eigenen Stundenverrechnungssatzes an die Hand. „Der Betrieb wird in die Lage versetzt seinen eigenen SVS anhand seiner Kostenstruktur zu ermitteln bzw. zu überprüfen“, erläutert der Verband in einer Stellungnahme im März.
Doch was können Betriebe – neben Verhandlungsversuchen mit ihren Auftraggebern – noch unternehmen, um den steigenden Energiekosten etwas entgegen zu setzen? Immerhin, so berichtet Betriebsinhaber Jens Walther, habe er 2014 eine Photovoltaikanlage auf seinem Firmengelände installiert. „So ist es uns möglich, zumindest 50 Prozent der benötigten Energie selbst zu produzieren“, erklärt er. Jedoch müssen aufgrund der Preissteigerungen eigentlich geplante Investitionen derzeit ruhen. ## „I statt E wird zukünftig noch eine größere Rolle spielen“ Natürlich, so betont Jens Walther, werde er weiterhin das Gespräch mit den Auftraggebern suchen. Mit einem Erfolg rechnet er kaum. „Es heißt jetzt an anderen Stellen sparen und vor allem neue Instandsetzungswege zu finden, damit der einzelne Schaden ertragreicher wird und nicht Geld in überteuerte Ersatzteile sinnlos verwendet wird. I vor E das ist, meines Erachtens, der entscheidend Faktor“, erklärt der Unternehmer seine Strategie. ## „Wir senken die Trocknungstemperatur“ Maximilian Mälzer, junger Betriebsinhaber aus Leipzig, prüft ebenfalls die Anschaffung einer Photovoltaikanlage. „Darüber hinaus schauen wir gerade, dass wir die Temperatur im Trockner senken. Hier arbeiten wir aktuell mit 70 Grad Celsius, aber eine Objekttemperatur von rund 45 Grad sei wohl ausreichend. Hier müssen wir aber schauen, dass wir die Taktung mit nun voraussichtlich längeren Trockenzeiten nicht aus dem Gleichgewicht bringen“, gibt er zu bedenken. ## In die Zukunft gebaut Die Überlegungen, wie der Betrieb nachhaltiger und energieeffizienter arbeiten kann, hat Marco Böge, Betriebsinhaber aus Leipzig, bereits vor mehreren Jahren angestellt und 2020 umgebaut. „Bereits damals waren die Preise für Gas und Strom gigantisch. Deshalb haben wir uns dafür entschieden, in ein Blockheizkraftwerk (BHKW) zu investieren. Das sogenannte ELA-Systempaket, bestehend aus BHKW, Spitzenlastkessel, Pufferspeicher für Lackierbetriebe und einer intelligenten Regelungseinheit, versorgt die Böge GmbH mit Wärme für die Gebäudeheizung und für die Lackiertechnik. Der erzeugte Strom wird zum Großteil selbst verbraucht, der Überschuss in das öffentliche Stromnetz eingespeist. Die gleichzeitige Strom- und Wärmeerzeugung aus dem BHKW sparen unserem Betrieb rund 40% Energiekosten ein. Damit bezahlt sich die Anlage in ca. 5 Jahren aus Einsparungen. Gut für den Geldbeutel und für die Umwelt“, erklärt Marco Böge. Für den Betriebsinhaber aus Norddeutschland hingegen stehen bauliche Veränderungen nicht zur Debatte – sein Betriebsgelände ist gemietet. Wie es nun weiter geht, lässt er offen. Was ihm helfen könnte? „Eine schlagartige Erholung des Marktes“. Doch damit ist laut ZKF frühestens in einigen Monaten zu rechnen – wenn überhaupt.
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