Von
 
2022-03-02T10:02:00+0000

Web-TV: Mit welchen Strategien stellen sich K&L-Betriebe jetzt für die Zukunft auf?

„Nach Corona – Welche K&L-Betriebe haben überhaupt noch Zukunft?“, lautete der Titel der Sendung, die am 24. Februar auf [YouTube](https://www.youtube.com/schadentalk) und auf [Facebook ](https://www.facebook.com/schaden.news)ausgestrahlt wurden. Zur Talkrunde online zugeschaltet waren ZKF-Präsident Peter Börner, Unternehmensberater und Brancheninsider Stefan Höslinger (HEPP Unternehmensimpulse) sowie der Geschäftsführer des Lackherstellers PPG, Jochen Kleemann. Im Studio diskutierte schaden.news-Chefredakteur Christian Simmert zudem mit dem jungen Betriebsinhaber Mario Wiesner von der Brechlin GmbH aus der sächsischen Kreisstadt Oschatz. ## Wie stellt sich die Lage in den K&L-Betrieben im ersten Quartal 2022 dar? Die Talkgäste zeichneten in der Aufzeichnung ein durchwachsenes Bild von der aktuellen Marktsituation. So geht ZKF-Präsident Peter Börner auch in 2022 von einem schwierigen Jahr aus: Zwar habe es im Januar und Februar eine deutliche Verbesserung der Auftragslage in den Betrieben gegeben, die aber das Minusgeschäft von 2020 und 2021 nichtaufwiegeln könne. Zudem drücke die Kostenentwicklung auf die Betriebe und fresse die eh schon knappe Marge auf. „Durch den Mangel an Ersatzeilen können Aufträge nicht bearbeitet und abgerechnet werden“, erklärte zudem Unternehmensberater Stefan Höslinger. PPG-Geschäftsführer Jochen Kleemann blickt dennoch zuversichtlich ins Jahr, vor allem angesichts gestiegener Mobilitätszahlen. Für Mario Wiesner, Geschäftsführer eines K&L-Betriebs aus dem sächsischen Oschatz, sei die wirtschaftliche Lage momentan zumindest „besser als erwartet“. Das liege vor allem an der breiten Aufstellung des Betriebs mit sieben Mitarbeitern. Das Unternehmen setzt neben dem K&L-Geschäft mit Schadensteuerern auch auf das Privatkundensegment sowie beispielsweise auf den Verleih von Wohnmobilen. ## Entwicklung der Fahrzeugtechnologie hat Auswirkungen auf Berufsbilder in K&L-Betrieben Doch was kommt auf K&L-Betriebe zukünftig überhaupt zu? Eine große Rolle werde in den kommenden Jahren die Entwicklung der Fahrzeugtechnologie spielen, wurde im Talk deutlich. Laut Stefan Höslinger sind – begründet durch die „Vision Zero“ der EU – in fünf Jahren in rund zwei Dritteln aller Fahrzeuge Fahrerassistenzsysteme verbaut. „Darauf muss sich der Betrieb aber bereits heute einstellen", betonte der Unternehmensberater während der Sendung. Dazu gehört die Investition in Equipment, aber auch in Fachkräfte. „Dieser Schritt muss jetzt passieren, um gut vorbereitet sein und genügend Erfahrungen zu sammeln.“ Zudem rät der Unternehmensberater Betrieben dazu, offener für andere Berufsbilder zu sein. Denn er geht daher davon aus, dass sich der K&L-Betrieb in seiner Struktur grundlegend verändern wird. „Wir glauben, dass es in Zukunft neben den Bereichen Karosserie und Lack einen weiteren Bereich für Schadendiagnose, -kalibrierung und -programmierung geben wird.“ ## Kluft zwischen Anforderungen an Betriebe und Investitionskraft wächst Peter Börner pflichtete dem Unternehmensberater bei. Er sieht Betriebe zukünftig als Kompetenzzentren für die
Fahrzeugreparatur. Dabei seien Abteilungen mit IT-Systemtechnikern durchaus sinnvoll. Entscheidend ist aber auch die Investitionskraft der Betriebe. Darin sieht PPG-Geschäftsführer Jochen Kleemann derzeit noch eine große Hürde: „Es ist hochkomplexes Spezialwissen, das zukünftig von Fachkräften im K&L-Betrieb gefordert wird. Hier besteht eine große Kluft zwischen den Anforderungen an die Betriebe und ihrer Investitionskraft.“ ## „Der Fachkräftemangel wird uns stärker treffen als die fortschreitende Technologie“ Apropos Kompetenz: Der ZKF-Präsident sieht mit dem Know-How und dem Zugang zu Herstellerinformationen wichtige Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, um die Reparaturen zukünftig auch umsetzen zu können. Mit der Reparaturplattform repairpedia habe der Verband Betrieben bereits jetzt den Weg geebnet, um Zugang zum Wissen über einzelne Reparaturwege zu erhalten. Klar sei aber auch: „Der Fachkräftemangel wird uns stärker treffen als die fortschreitende Technologie“, ist sich Peter Börner sicher. Auch Betriebsinhaber Mario Wiesner sieht die große Hürde beim Plan, sich zukunftsfähig aufzustellen, im Fachkräftemangel. Durch flexible Arbeitszeitmodelle versuche der Betrieb, sich an die Bedürfnisse der bestehenden Mitarbeiter anzupassen. Fachkräfte aus der Fahrzeugindustrie in der Region abzuwerben, sei aus finanzieller Sicht nahezu unmöglich – ebenso wie IT-Experten zu den ortsüblichen Lohngefüge zu akquirieren. Dass neben den Fachkräften aber auch Investitionen in seinem Betrieb aber absolut notwendig sind, um zukünftig überhaupt noch reparieren zu können, ist für den Betriebsinhaber unumstößlich. So plant er derzeit gemeinsam mit seinem Team, rund 50.000 Euro für einen Scheinwerfereinstellplatz und Radarkalibriersysteme in die Hand zu nehmen. Dass sich das Lohngefüge für Mitarbeiter in K&L-Betrieben zukünftig jedoch ändern wird, davon gehen zumindest Stefan Höslinger und Jochen Kleemann aus. „Neue E-Mobilhersteller werden auf den Markt kommen. Die freien K&L-Betriebe werden dann eine wichtige Rolle spielen, weil sie nicht nur K&L-Arbeiten, sondern auch Service, Auslieferung, Rücknahme etc. durchführen. Das wird dazu führen, dass sich der große Abstand zwischen den unterschiedlichen Stundenverrechnungssätzen nivellieren wird“, ist sich der PPG-Geschäftsführer sicher. ## „1,20 Euro mehr für Elektronikkompetenz sind ein Schlag ins Gesicht für jeden Handwerker!“ Dafür müsse aber ein Umdenken in der Branche stattfinden, findet auch Peter Börner: „Andernfalls haben auch die Schadensteuerer zukünftig ein Problem, überhaupt noch Fachbetriebe zu finden, die ihre Schäden bearbeiten.“ Allein schon die explodierenden Kosten könnten lediglich durch höhere Stundensätze aufgefangen werden. Und mit 1,20 Euro mehr pro Stunde bei der Erfüllung des Leistungsbausteins „Elektronikkompetenz und Elektromobilität“ beim Schadensteuerer Innovation Group sei beispielsweise kaum etwas zu erreichen, meint ZKF-Präsident Peter Börner: „Das ist ein Schlag ins Gesicht für jeden Handwerker.“ Er appellierte während des Talks an die Betriebe: „Die Werkstätten müssen sich freischwimmen von Bindungen und alten Verträgen, die nicht mehr in die Zeit passen.“ Hierbei sei allerdings Mut gefragt, um den Stundensatz selbstbewusst
zu verhandeln. Ob dabei das gewünschte Ergebnis dabei herauskommt, steht jedoch auf einem anderen Blatt. Beispiel Mario Wiesner: Der Betriebsinhaber beantwortete die Frage in der Talkrunde, ob die Verhandlungen mit den Schadensteuerern Anfang des Jahres zufriedenstellend gewesen seien, nur mit einem müden Lächeln. ## Was raten die Experten den Betrieben? „Der Markt wird sich schneller verändern, als sich so mancher Betrieb verändern kann“, schaut Peter Börner in die Zukunft. Bei der Entwicklung müsse der Betrieb täglich dranbleiben und sich über aktuelle Entwicklungen in der Branche informieren. Zudem warnte der ZKF-Präsident die Werkstätten: „Lasst Euch nicht von Dritten digitalisieren! Der Betrieb muss selbst entscheiden, welcher Terminkalender, welche Software sinnvoll ist.“ Drittens rät der ZKF-Präsident den Betrieben, sich bei der Kundenstruktur und vom Leistungsportfolio her möglichst breit aufzustellen. Gerade deshalb sei es in diesem Jahr ein großes Ziel des Verbandes, den Betrieben aufzuzeigen, wie sie sich unabhängiger von der Schadenlenkung aufstellen können. Auf die Rentabilität im eigenen Betrieb zu achten und mit Auftraggebern hart zu verhandeln, sieht Jochen Kleemann als wichtigste To-Dos für die Werkstätten. Dabei sei es ratsam, Prozesse im Betrieb auf Effizienz zu überprüfen und gegebenenfalls zu optimieren. Zudem sollten Betriebe in die Zukunft investieren, Mitarbeiter schulen, Know-how aufbauen und auch: an Nachhaltigkeitsstrategien arbeiten. Unternehmensberater Stefan Höslinger rät Betrieben zudem, ihre Investitionsfähigkeit zu erhalten und weiterzuentwickeln. Er betont: „Ohne einen konkreten Strategieplan sind die Herausforderungen für die Betriebe nicht zu bewältigen.“ Seiner Erfahrung nach ist es ratsam für Betriebe, ihre Strategie in kleine Zielsetzungen zu zerlegen und diese Tag für Tag umzusetzen. ## „Wir sind auf dem richtigen Weg“ Für Betriebsinhaber Mario Wiesner zeigten die angesprochenen Punkte: „Wir sind mit unserem Unternehmen schon auf dem richtigen Weg. Nun müssen wir sehen, das wir unsere geplanten Investitionen in die Tat umsetzen und schauen, dass wir Fachkräfte gewinnen.“ Zudem plant er einen Umbau den Betriebs, um die neue Technik überhaupt stellen zu können. „Hier fehlt es uns noch an geeigneten Dienstleistern“, verdeutlichte er abschließend, dass der Fachkräftemangel nicht nur eine Herausforderung für unsere Branche darstellt.
Lesens Wert

Mehr zum Thema